Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Polizeirevier: Schlimmste Missstände sind behoben
Die Kosten für die Rundumsanierung in der Seestraße haben sich fast verdoppelt
RAVENSBURG - Eine lädierte Treppe, ein enger, dunkler Eingangsbereich, undichte Dächer: Aus gutem Grund trägt das Ravensburger Polizeirevier in der Seestraße den unrühmlichen Titel, das „marodeste Dienstgebäude“in ganz Baden-Württemberg zu sein. Aber nicht mehr lange: Denn in den vergangenen eineinhalb Jahren wurden die schlimmsten Missstände beseitigt. Was jetzt besser ist, und warum das Ganze teurer wurde als ursprünglich gedacht.
Weil die 120 Beamten frühestens 2029 in den geplanten Neubau in der Gartenstraße 97 umziehen können, musste etwas passieren: „Es war klar, dass es für die Bediensteten unzumutbar wäre, noch so lange in einem Gebäude in einem solch schlechten Zustand zu arbeiten“, führt Hermann Zettler, Leiter des Amtes für Vermögen und Bau Baden-Württemberg, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“aus. So hat er sich in Stuttgart für bessere Arbeitsbedingungen der Polizisten starkgemacht – und stieß dort auf offene Ohren. Denn seine
Forderung lautete: „Wir wollten mit Augenmaß das angehen, was sinnvoll ist und hilft.“Heißt im Klartext: Weil klar war, dass die Mindestsanierung nur eine Zwischenlösung ist, wollte man nicht 20 bis 30 Millionen Euro reinstecken, sondern mit 1,2 Millionen Euro hinkommen.
Das Land nickte das Projekt ab, und im Frühjahr 2019 ging es mit der Instandsetzung der vier Gebäude Seestraße 11 und 13 sowie Rudolfstraße 3 und 5 los. Schwachstellen in Dächern und Fassaden wurden geflickt, Fenster wurden ersetzt und mit Sonnenschutz versehen, Decken und Wände wurden gestrichen, neue Böden verlegt, Umkleiden, Duschen und Toiletten modernisiert. „Wir wollten eine adäquate Atmosphäre schaffen“, erläutert Zettler. Dazu gehört auch, den Eingangsbereich mitsamt der unsicheren Treppe außen und dem engen, dunklen Flur innen in Angriff zu nehmen. In letzterem „mussten sich die Besucher oft an die Wand drängen, weil er viel zu klein war“, erinnert sich Zettler. Und ist froh, dass der gesamte Eingangsbereich nun viel großzügiger gestaltet ist und einen repräsentativen Charakter bekam: Die Tür wurde versetzt, die alte Treppe abgerissen und dafür eine neue samt barrierefreier Rampe gebaut.
Auch sicherheitstechnische Dinge standen an: Abgesehen davon, dass der Brandschutz und Verteilerkästen auf den neuesten Stand gebracht wurden, war auch ein Problem, dass die Gewahrsamszellen im Keller lagen. Offenbar kommt es laut Zettler häufig vor, dass Betroffene sich dagegen sträuben, in eine Zelle gebracht zu werden. Für die Beamten sei es daher bisweilen eine Herausforderung
gewesen, jemanden in den Keller hinabzubugsieren. Die Lösung: Die ebenerdig neben dem Eingang liegenden Garagen wurden zu modernen Zellen inklusive WCs und Überwachungskameras umgebaut. Nun können „die Leute auf dem kürzesten Weg“dort hingebracht werden, so Zettler. Daneben entsteht gerade noch ein Erkennungsdienstraum.
Weil im Lauf der Sanierungsarbeiten insbesondere im Bereich Elektrik Unvorhergesehenes dazukam, haben sich die Kosten fast verdoppelt und liegen inzwischen bei 2 Millionen Euro. Dennoch ist Zettler überzeugt: „Was wir hier investiert haben, war dringend notwendig – und jetzt haben wir gute, zumindest erträgliche Bedingungen geschaffen.“Und so hofft er, dass bei der offiziellen Einweihung des runderneuerten Reviers, die für November geplant ist, die peinliche Tafel abgenommen werden kann und der Standort die längste Zeit das marodeste Dienstgebäude im Land war.
Was das künftige Domizil der Ravensburger Polizeibeamten angeht, bereitet Zettlers Amt momentan einen Architektenwettbewerb für die beiden Bauabschnitte in der Gartenstraße 97 vor. Dort sollen sowohl für das Polizeipräsidium als auch das Polizeirevier neue Gebäude entstehen. Von 2023 bis 2026 ist der Neubau für das Polizeipräsidium dran. Danach wird das jetzige Gebäude abgerissen und an dieser Stelle dann von 2026 bis 2029 derjenige für das Polizeirevier hingestellt.
Auch was mit dem zentrumsnahen Areal an der Ecke Rudolf-/Seestraße passiert, wenn die Polizei dort auszieht, steht noch in den Sternen. Sofern es wirtschaftlich ist, wäre es laut Zettler eine Möglichkeit, die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg dort zentral unterzubringen – momentan ist die DHBW auf rund zehn Gebäude verteilt. Vielleicht kauft auch die Stadt Ravensburg das Gelände – zumindest hat sie schon Interesse daran bekundet.