Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Biberachs spannendstes Baugebiet
So geht es mit dem alten Krankenhausareal, das jetzt „Hirschberg“heißt, weiter
BIBERACH - Ab 2024/25 sollen auf dem Areal des alten Krankenhauses Wohnhäuser gebaut werden. Wie die weiteren Verfahrensschritte für das rund zehn Hektar große Gelände aussehen sollen, darauf hat sich der Bauausschuss des Biberacher Gemeinderats einstimmig geeinigt – ebenso auf einen Namen für Biberachs wohl spannendstes Baugebiet in den nächsten Jahren.
Denn „Altes Krankenhaus“wird das Baugebiet aus vermarktungstechnischen Gründen nicht heißen. Die Stadtverwaltung schlug stattdessen „Hirschberg“, den alten Gewannnamen dieses Geländes vor, dem der Ausschuss nach kurzer Debatte folgte.
Neben der angestrebten Erweiterung des Wohngebiets Talfeld werde das Gebiet Hirschberg in den nächsten Jahren das größte städtische Baugebiet sein, so Baubürgermeister Christian Kuhlmann. Und aufgrund seiner Topografie mit einem zur Riedlinger Straße hin bis zu 40 Metern abfallenden, Hang, seiner Vegetation und der verschiedenen Erwartungen, die von unterschiedlicher Seite daran geknüpft werden, auch eines der am schwierigsten zu planenden, soviel lässt sich heute schon sagen.
Derzeit läuft in Zusammenarbeit mit dem Landkreis, der das Gelände nach Abriss des Krankenhauses an die Stadt übergibt, eine Bestandsaufnahme von Biotopstrukturen und gefährdeter Arten. Geprüft werden soll weiterhin, ob einzelne Gebäude möglicherweise erhalten, saniert und in das Wohngebiet integriert werden können. So soll ein Apartmenthaus (Riedlinger Straße 74) bestehen bleiben. Ein Erhalt des Schwesternwohnheims aus den 1960er-Jahren soll ebenfalls geprüft werden. Erhaltenswert ist aus Sicht der Stadtverwaltung auch die Ziegelhausstraße als Zufahrt zum Gebiet, allein schon weil sie die Strahlentherapiepraxis erschließt, die an diesem Standort bleiben wird. Eine weitere Zufahrt zum künftigen Wohngebiet von der Riedlinger Straße her, soll untersucht werden.
Im Februar 2021 soll der Gemeinderat die konkreten Planungsziele für das Gebiet festlegen. Dabei geht es darum, welche Haus- und Wohnformen dort möglich sind, wie dicht das Gelände bebaut wird, welchen Anteil von Sozialwohnungen man realisieren will, wie das Gebiet verkehrlich erschlossen werden soll oder wie das Gebiet begrünt sein wird.
Wenn das feststeht erarbeiten vier Planungsbüros in einer öffentlichen Workshopphase ihre Entwürfe, wie das Gelände städtebaulich aussehen kann. Ein Expertengremium, das unter anderem aus Vertretern des Gestaltungsbeirats, der Verwaltung, der Wohnungswirtschaft aber auch des Gemeinderats bestehen soll, filtert davon zwei Entwürfe heraus, die dann im Gemeinderat diskutiert und öffentlich vorgestellt werden. In einer zweiten Bearbeitungsphase entwickeln die verbliebenen Planungsbüros ihre Konzepte entsprechend der Anregungen aus Expertengremium, Gemeinderat und Öffentlichkeit weiter. Am Ende fällt der Gemeinderat die Entscheidung über die Planung. Erst dann beginnt das eigentliche Bebauungsplanverfahrens. 2022 soll es soweit sein. Detailfragen aus den Ratsfraktionen konnten Baubürgermeister Kuhlmann und Stadtplanungsamtsleiter Roman Adler
deshalb noch nicht beantworten, unter anderem wie viel Wohneinheiten am Hirschberg entstehen.
Bei den Stadträten stieß das Verfahren weitestgehend auf Zustimmung, „auch, dass die Öffentlichkeit mitgenommen wird“, so Alfred Braig (FDP). Hubert Hagel (CDU) sprach von einem der „interessantesten Baugebieten der Stadt“. Seine Fraktion würde den Baubeginn gerne 2024 sehen. Außerdem brauche es definitiv eine zweite Zufahrt von der Riedlinger Straße. Einen Erhalt des Schwesternwohnheims lehnt die CDU ab. Dieses sei zu marode. Außerdem solle man schwerpunktmäßig den Eigenheimbau für junge Familien verfolgen. Geschosswohnungsbau gebe es im Gebiet Hauderboschen genug.
Im neuen Baugebiet müsse es zeitgemäße Wohnformen geben, so Josef Weber (Grüne). Das Gelände selbst sei ein wertvoller Naturpark. „Wir müssen versuchen, die Bäume zu erhalten und trotzdem verdichtetes Bauen zu ermöglichen.“Deshalb dürfe man ruhig in die Höhe bauen. Außerdem brauche es ein zentrales Parkkonzept. „Normalerweise haben Autos in einem solchen Gebiet nichts zu suchen“, so Weber.
Flavia Gutermann (Freie Wähler) regte an, dass es zwei weitere Zufahrten zum Gebiet geben müsse. Auch sie sprach sich gegen den Erhalt des Schwesternwohnheims aus. Die besondere Beteiligung der Öffentlichkeit sei gut, weil es sich um ein „einschneidendes Ereignis“handle.
Lutz Keil (SPD) äußerte die Bitte bei der Auswahl der Planungsbüros auch solche zu berücksichtigen, „die für gewagte Entwürfe bekannt sind“. Er sah weitere Zufahrten zum Gelände kritisch, weil diese mögliches Bauland verbrauchten. Der Erhalt des bisherigen Klinik-Parkdecks könnte eine Chance sein, den Bau von zusätzlichen Stellplätzen im Wohngebiet zu reduzieren, so Keil.
ISNY
„Normalerweise haben Autos in einem solchen Gebiet nichts zu suchen“
Josef Weber (Grüne)