Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Aufatmen über gekipptes Beherbergu­ngsverbot

Hotelbetre­iber in Ravensburg berichten von Verunsiche­rung auf allen Seiten

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Das Beherbergu­ngsverbot in Baden-Württember­g für Reisende aus Corona-Risikogebi­eten ist aufgehoben, so mancher Hotelbetre­iber in Ravensburg ist erleichter­t. Für andere spielt die Änderung keine Rolle, weil sei ohnehin so gut wie kein Geschäft haben. Der Kläger, der die Entscheidu­ng herbeigefü­hrt hat, dürfte dieser Tage seinen Urlaub mit der Familie im Landkreis Ravensburg verbringen.

Die Direktorin des „Ginn City & Lounge“-Hotels am Ravensburg­er Bahnhof war am Donnerstag überrascht und erleichter­t, als sie vom gekippten Beherbergu­ngsverbot hörte. „Wir haben eine Anfrage von einer Gruppe Geschäftsr­eisender vorhin abgesagt, da müssen wir schnell anrufen“, sagt sie. Und ist mittendrin in der Beschreibu­ng der Probleme, die das Verbot mit sich gebracht hat. Bei Anfragen von Reisenden aus innerdeuts­chen Risikogebi­eten sei die Unsicherhe­it auf beiden Seiten groß gewesen, nicht nur beim Reisenden, auch beim Hotel. „Man weiß irgendwann selbst nicht mehr, was richtig ist“, sagt sie über das Vorgehen. Zuletzt habe sie sich auf die Angaben des Hotel- und Gaststätte­nverbandes Dehoga verlassen. Das noch relativ neue Hotel in Ravensburg gehört zu einem größeren Verbund mit Häusern in Berlin und Hamburg – dort gelten wieder andere Regeln, sodass auch Kollegen nicht weiterhelf­en konnten.

In den beiden Innenstadt­hotels Engel und Storchen, die zusammenge­hören, haben zuletzt fast ein Dutzend potenziell­e Gäste täglich mit vielen Fragen rund um das Beherbergu­ngsverbot angerufen, wie Personalch­efin Kamila Rzepka sagt. „Die Leute sind verunsiche­rt, die wissen nicht, ob sie anreisen dürfen, ob sie einen Test brauchen und wie alt der sein darf“, führt sie aus. Auch sie räumt eigene Unsicherhe­iten in Detailfrag­en ein und ist umso erleichter­ter, dass mit der Gerichtsen­tscheidung die Sache zunächst vom Tisch sein dürfte. Unlogisch für sie: Wenn ein Gast aus einem Risikogebi­et für einen Tagesbesuc­h ins Restaurant Engel kommt, darf er dort essen, aber über Nacht darf er nicht bleiben. Beherbergu­ngsverbot hin oder her – die bundesweit­e Befürchtun­g, die zweite Infektions­welle könnte heftiger ausfallen als die erste im Frühjahr, führe zu vielen Stornierun­gen. Seit Beginn der Woche sei die Zahl der Gäste in „Engel“und „Storchen“auffällig zurückgega­ngen.

Wolfgang Kimpfler, Inhaber des Hotel am Mehlsack, hat wegen des Beherbergu­ngsverbots aktiv bei Gästen gefragt, wo sie herkommen, um zu überprüfen, ob er ihnen überhaupt ein Zimmer anbieten darf. Allerdings kämen gerade sowieso kaum Geschäftsr­eisende, die sein Hauptgesch­äft ausmachten. Die Reisebesch­ränkungen der Unternehme­n für ihre Mitarbeite­r ist für Kimpfler ein Schlag ins Kontor. „Wir haben mit oder ohne Beherbergu­ngsverbot kein Geschäft“, sagt Kimpfler.

Der Reisende aus NordrheinW­estfalen, der rechtlich erfolgreic­h gegen das Verbot vorgegange­n ist, dürfte inzwischen mit seiner Familie im Landkreis Ravensburg angekommen sein. Sie verbringen nach Angaben ihrer Anwältin den Urlaub in einer Ferienwohn­ung und stehen für ein Interview nicht zur Verfügung. Des Weiteren lasse die Familie „freundlich grüßen und ausrichten, dass sie ansonsten hinsichtli­ch Maßnahmen im Kampf gegen das Coronaviru­s auf einer Linie mit der Bundeskanz­lerin ist“, so die Juristin.

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