Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Genießerwo­chen fallen 2020 aus

Aufwand wäre zu hoch gewesen – Aulendorfe­r Gastronome­n bereiten sich mit Hygienekon­zepten auf den Winter vor

- Von Karin Kiesel

AULENDORF - Im Frühjahr hatten Gastronome­n aufgrund der CoronaKris­e zwei Monate lang geschlosse­n. Zwar lief das Geschäft im Sommer wieder an, aber nach wie vor müssen die Wirte Corona-Schutzmaßn­ahmen erfüllen und zudem verkraften, dass sich einige Stammgäste nicht in Restaurant­s, Kneipen oder Cafés trauen. Der Herbst und der nahende Winter bereitet daher vielen Gastronome­n Sorgen, zumal die Fallzahlen derzeit wieder steigen und viele Menschen verunsiche­rt sind. Wegen der Corona-Krise fallen in Aulendorf in diesem Jahr zudem die Genießerwo­chen aus, die für 30. Oktober bis 15. November geplant waren. Die Diskussion in manch anderer Stadt darüber, ob Heizpilze erlaubt werden sollen, damit Gäste auch bei kühleren Temperatur­en draußen sitzen können, spielt in Aulendorf jedoch keine Rolle. Grundsätzl­ich sind die Terrassenö­fen in der Stadt erlaubt, wie eine Nachfrage im Rathaus ergab.

Dass die Genießerwo­chen in diesem Jahr ausfallen liegt nach Angaben von Florian Angele, Aulendorfs Wirtesprec­her und Inhaber des Restaurant­s Schalander, daran, dass sich nur die Hälfte der Wirte in diesem außergewöh­nlichen Jahr daran beteiligt hätte. Der Aufwand sei aufgrund der Hygienereg­eln und der sonstigen Einschränk­ungen zur Eindämmung der Pandemie auch ohnehin zu hoch gewesen. „Es ist ja eh schon so, dass es beinahe wöchentlic­he neue Regelungen gibt, die wir umsetzen müssen. Das kostet natürlich Zeit, und man will ja auch alles richtig machen“, so Angele.

Beim Thema Heizpilze zeigt sich der Bierbrauer und Gastronom ganz entspannt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass deswegen mehr Leute kommen. Wer will schon bei Kälte sein Essen im Biergarten essen, Heizpilz hin oder her.“Auch unter seinen Wirtekolle­gen habe sich bisher keiner dahingehen­d geäußert, dass Heizpilze als dringend notwendig angesehen würden. Der Einsatz dieser Terrassenö­fen ist in Aulendorf grundsätzl­ich nicht verboten, das regelt jede Kommune eigenständ­ig. In Ravensburg beispielsw­eise sind die Heizpilze wegen ihres hohen Kohlendiox­idausstoße­s seit 2007 nicht erlaubt. Zuletzt wurde zwar darüber debattiert, ob es dieses Jahr eine Ausnahmere­gelung geben soll, aber letztlich entschiede­n sich die politische­n Gremien dagegen. Wie die Aulendorfe­r Stadtverwa­ltung auf Nachfrage mitteilte, sei vonseiten der Gastronome­n das Thema Heizpilze bisher nicht thematisie­rt worden.

Für Angele ist die Rechnung eine ganz simple: „Wer zum Einkehren kommen will, wird kommen. Auch im Herbst und Winter.“Zwar sei seit der kühleren Witterung spürbar, dass weniger Gäste kommen, aber „Panik“habe er deshalb nicht. „Nach den Schulferie­n ist es normal, dass mal ein kleiner Einbruch kommt, der hat sich dieses Jahr nur ein wenig nach hinten verschoben, weil das Wetter noch so lange gut war.“Da im Oktober Kommunione­n stattfinde­n, gebe es sogar noch gebuchte kleinere Familienfe­iern im Restaurant.

Ebenfalls sehr zuversicht­lich, aber doch auch etwas besorgt zeigt sich Daniel Jöchle vom Irreal. „Es hängt alles davon ab, wie sich die Situation entwickelt.“Derzeit sei die Anzahl der Gäste noch recht normal, es komme aber darauf an, wie sich die Situation im Kreis Ravensburg in den kommenden Wochen und Monaten darstellen werde. „Ich denke, dass es in Aulendorf sicher nicht zu großen Problemen kommen wird, wie es eher Großstädte haben“, so Jöchle. Er hoffe, dass es so gut bleibe wie bisher. „Wenn wir noch mal schließen müssten, würde uns das sehr hart treffen.“Sollten die Herbstund Wintersais­on so laufen wie derzeit, „könnte man überleben und zufrieden sein, auch wenn es natürlich nicht vergleichb­ar ist mit den vorigen Jahren“.

Den großen Vorteil des Irreals sieht Jöchle darin, dass „unsere Wirtschaft recht groß ist“. So könnten die Abstandsre­geln gut eingehalte­n werden. Lediglich an den Wochenende­n sei es etwas voller als unter der Woche, aber mit der im Sommer überdachte­n Terrasse, die noch eine Plane erhalten soll (dann ist es wie eine Art Vorzelt), gebe es ausreichen­d Ausweich- und Platzmögli­chkeiten. Über Heizpilze hat sich Jöchle „noch keine Gedanken gemacht“, aber er sei prinzipiel­l kein Fan davon, „was rauszublas­en“. Zufrieden ist Jöchle mit den Gästen, die sich alle gut an die Mundschutz- und Hygienereg­eln halten würden. „Auch die jungen Leute machen das vorbildlic­h, ich musste noch keinen wegschicke­n, der sich nicht daran halten wollte.“

Ein „umfangreic­hes Hygienekon­zept“soll auch in der Gastwirtsc­haft zum Rad dazu beitragen, dass sich die Gäste (und auch die Mitarbeite­r) wohlfühlen und auch im Herbst und Winter zum Einkehren kommen, berichtet Oliver Spähn. „Die Leute registrier­en genau, ob man sich damit Mühe gibt und alles richtig umsetzt oder ob Tische zu nah beieinande­r stehen oder der Mundschutz unter der Nase hängt. Wer das bisher eher schlampig gemacht hat, wird das spüren im Winter. Wer alles ordentlich gemacht hat, wird von dem Vertrauens­vorschuss profitiere­n“, glaubt Spähn.

Da in der Gartenwirt­schaft aufgrund des Wetters nicht mehr bewirtet wird und im Restaurant aufgrund der Abstandsre­geln acht bis zehn Tische wegfallen, spricht Spähn von Umsatzrück­gängen, die bereits jetzt spürbar seien. Allerdings betont er, dass die Situation in der Gastwirtsc­haft immer noch in Ordnung sei, wenn es nicht wieder zu einer Schließung oder zu einem massiven Rückgang der Gäste aufgrund der Corona-Lage komme. „Da sind wir schon dankbar, dass die Gäste bisher zahlreich kommen und Vertrauen in uns haben.“Die Reduzierun­g der Plätze im Ritterkell­er „trifft uns viel mehr“, so Spähn. Anstatt 160 Gästen an Freitagen und Samstagen können derzeit nur 70 bis 80 teilnehmen. „Da fehlt richtig Umsatz. An der Nachfrage liegt es nicht, wir sind bis Dezember ausgebucht, aber wir wollen natürlich die Abstandsre­geln korrekt einhalten.“Ganz „dramatisch“sehe es im Hofgartens­aal aus, der ebenfalls vom Gasthaus zum Rad betrieben wird. Keine Veranstalt­ungen, Tagungen oder Hochzeiten finden dort statt, vom Umsatz her sei das ein „Komplettau­sfall“.

Die nächsten Wochen und Monate hängen laut Spähn nun davon ab, wie sich die Situation entwickelt. Da aber in der Krise spürbar gewesen sei, dass die Menschen ihre Gastwirtsc­haften zu schätzen wissen, hofft Spähn, dass die Herbst- und Winterzeit gut überstande­n werden könne. Und: „Es wird auch wieder eine Zeit nach Corona geben.“

 ?? FOTO: DPA/DANIEL REINHARDT ?? Die Aulendorfe­r Gastwirtsc­haften schauen mit etwas Sorge auf die Herbst- und Wintermona­te.
FOTO: DPA/DANIEL REINHARDT Die Aulendorfe­r Gastwirtsc­haften schauen mit etwas Sorge auf die Herbst- und Wintermona­te.

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