Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Mobilitätsband kommt bei Zielgruppe gut an
Rollstuhlfahrerin und Sehbehinderter loben Projekt „Altstadt für Alle“– Stadt will Bänke ohne Rückenlehne aufstellen
BAD WALDSEE - Das Mobilitätsband an der Kirchenmauer ist fertiggestellt und auch die Originalfarbe ist eingebaut. Daher hat die Stadt Bad Waldsee am Montag zu einem Vor-Ort-Termin eingeladen und dabei noch einmal die Bedeutung des Projekts „Altstadt für Alle“hervorgehoben.
Als „Nationales Projekt des Städtebaus“erhält Bad Waldsee für die Umsetzung bekanntlich eine Förderung des Bundes von zwei Dritteln der Kosten, was einer Fördersumme von rund 4,46 Millionen Euro entspricht (die Gesamtkosten liegen bei rund 6,7 Millionen Euro). Voraussetzung dafür ist, dass das Projekt bis im Jahr 2023 abgeschlossen wird. Rollstuhlfahrerin Margret Brehm und der sehbehinderte Marcel Hedrich lobten die Umsetzung, auch wenn die helle Farbe des Bandes für Menschen mit eingeschränkter visueller Wahrnehmungsfähigkeit nicht ganz optimal sei.
„Es ist ein besonderes Projekt für Bad Waldsee mit überregionaler Strahlkraft, für das uns andere Städte und Regionen beneiden“, betonte Bürgermeister Matthias Henne erneut. Und in der Tat wären viele andere Kommunen in Oberschwaben froh darüber, wenn sie eine so beachtliche Fördersumme vom Bund für ihre städtebaulichen Projekte bekommen würden. Barrierefreiheit, so Henne, sei ein wichtiges Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinne. Zwar gebe es im Rahmen des Projekts auch immer wieder mal „Widrigkeiten“, aber das sei normal und gehöre dazu.
Stadtbaumeisterin Andrea Denzel bedankte sich bei Margret Brehm und Marcel Hedrich, die das Projekt und den gesamten Prozess von Anfang an begleitet und zu den einzelnen Schritten jeweils ihr Feedback gegeben hätten. „Ohne Sie wären wir nicht so weit, wie wir heute sind“, so Denzel. Wie sie erläuterte, sei der Originalbelag seit einigen Tagen fertiggestellt, lediglich die Kanten müssten an der ein oder anderen Stelle nachgearbeitet werden. Dass diese höher sind, sei durchaus so gewollt, da dies wichtig sei für das taktile Wahrnehmen des Mobilitätsstreifens, was auch der sehbehinderte Marcel Hedrich als „sehr nützlich“bestätigte. Allerdings sind die Kanten an manchen Stellen noch etwas zu hoch, so Denzel. Die Erste Beigeordnete Monika Ludy erkundigte sich, ob der Belag bei Regen rutschig sei, was Stadtbaumeisterin Denzel verneinte, das sei im Vorfeld geprüft worden und der Belag sei für Regen „sehr gut“geeignet.
Für Rollstuhlfahrerin Margret Brehm geht mit dem Mobilitätsband ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Sie habe schon immer gesagt, dass flache Beläge besser seien. „Das ist viel besser als Pflaster.“Auch Hedrich ist von dem Mobilitätsband und dem gesamten Projekt angetan. Allerdings sei eine dunklere Farbe des Belags für mehr Kontrast besser gewesen für Menschen mit einer Sehbehinderung. Auch seien manche zu krasse kleinere Kurven, wie an einer Stelle bei der Kirchenmauer, nicht so optimal, da es dadurch schwierig sei, den Weg auf dem Mobilitätsband zu gehen ohne davon abzukommen.
Noch am Entstehen ist das „Kirchmauer-Plätzle“entlang der Mauer. Dort sollen im Frühjahr drei Laubbäume gepflanzt und Bänke aufgestellt werden (die dunklen Flächen auf dem Mobilitätsstreifen sind Platzhalter für die Bänke). Bisher stand im Raum, welche Art von Bänken – also Bänke mit und oder ohne Arm- oder Rückenlehnen. Wie Denzel nun auf Nachfrage erklärte, sind Hockerbänke ohne Rückenlehne geplant, damit Interessierte von beiden Seiten darauf sitzen können. Um die verschiedenen Bänke zu testen werden probeweise drei Varianten am Ravensburger Tor aufgebaut. Sobald die 52 Zentimeter hohen Bänke (seniorengerecht) entlang der Mauer aufgestellt und die Bäume gepflanzt wurden, werden die Blumen entlang der Mauer künftig nach innen gepflanzt, berichtete Denzel.
Im Rahmen des Bundesförderprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“hatten 105 Städte und Gemeinden insgesamt 118 Projektskizzen eingereicht. Bad Waldsee war unter den 35 ausgewählten Projekten. Insgesamt flossen 140 Millionen Euro vom Bund in die Projekte, die als zukunftsweisende Vorhaben im Bereich der Stadtentwicklung beschrieben werden.