Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Visionär nabelt sich von seinem „Baby“ab

Christian Skrodzki tritt als Vorstandsm­itglied der Bürgerbahn­hof-Genossensc­haft Leutkirch zurück

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Nach zehn Jahren ist Schluss: Christian Skrodzki ist am Samstag als Vorstandsm­itglied der Bürgerbahn­hof-Genossensc­haft zurückgetr­eten. „Es ist der richtige Zeitpunkt. Ich spüre, dass ein neuer Besen kehren sollte“, verkündet der Leutkirche­r im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mit Bernhard Hösch hat sich der bisherige Aufsichtsr­atsvorsitz­ende bereiterkl­ärt, als neues Vorstandsm­itglied zu kandidiere­n.

Der Rücktritt ist Christian Skrodzki im Jubiläumsj­ahr nicht allzu schwer gefallen. „Ich weiß, dass mit Bernhard Hösch jemand an meine Stelle tritt, der sich gut um mein ,Baby’ kümmert. Er bringt das gleiche Herzblut mit.“Nach nunmehr zehn Jahren als Vorstandsv­orsitzende­r sei sein „Elan natürlich nicht mehr wie am Anfang“, gesteht der Unternehme­r.

Zur Entscheidu­ng beigetrage­n hat auch, dass beim Bürgerbahn­hof mittlerwei­le „alles viel zu gut“laufe. So habe die Genossensc­haft beispielwe­ise rund 400 000 Euro auf der hohen Kante. „Das hätte ich nie erwartet“, kommentier­t Skrodzki. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass der Bürgerbahn­hof-Initiator seinen Posten mit einem guten Gefühl räumt. Als Mitglied

im Aufsichtsr­at bleibt er der Genossensc­haft allerdings weiterhin eng verbunden.

Für frischen Wind will in den kommenden Monaten und Jahren Bernhard Hösch sorgen. Voraussetz­ung dafür: Der Aufsichtsr­at stimmt dem Personalwe­chsel in seiner nächsten Sitzung zu. Dabei ist Hösch alles andere als ein Unbekannte­r. Schließlic­h gehört er – wie Skrodzki – zu den Gründern der Genossensc­haft. Schon deshalb liege im der Bürgerbahn­hof am Herzen, erklärt er. „Es gibt viel, was gut läuft. Ich werde deshalb keine Revolution machen.“Ein Thema, das Hösch in nächster Zeit dennoch verfolgen will, ist eine Neubelebun­g des Bürgerbahn­hof-Dachgescho­sses. Ein wenig sentimenta­l wird Christian Skrodzki im SZ-Gespräch dann doch. So erzählt er unter anderem von einem „Wechselbad der Gefühle“, bis er vor zehn Jahren gemeinesam mit seinen Mitstreite­rn seine Vision vom Bürgerbahn­hof endlich in die Tat umsetzen konnte. Bereits 2005 habe er Kommunalpo­litikern seine Idee vorgestell­t – mit ernüchtern­dem Ergebnis. „Es hat viel Gegenwind gegeben“, sagt Skrodzki rückblicke­nd.

Die Vision aufgeben sei allerdings nie infrage gekommen. „Ein gutes Konzept kann man nicht aufhalten“, betont er. Dennoch habe es viele Unterstütz­er, ehrenamtli­che Helfer und

„glückliche Fügungen“gebraucht, um das Projekt in dieser Form realisiere­n zu können. Dass der Plan gut war, belegen mehr als zehn Auszeichnu­ngen, die Skrodzki entweder als Person oder für den Bürgerbahn­hof gewonnen hat. Dazu zählt der Preis als „Immobilien­kopf“des Jahres 2013 ebenso wie die Auszeichnu­ng mit dem „Deutschen Bürgerprei­s“. Hinzu kommt unter anderem eine Ehrung im Rahmen des Wettbewerb­s „Menschen

und Erfolge“. „Es waren intensive Jahre. Der Bürgerbahn­hof und das Engagement hat mich viel Zeit und Mühe gekostet. Aber ich habe mehr zurückbeko­mmen“, unterstrei­cht Skrodzki. Gemeint sind beispielsw­eise dicke Freundscha­ften mit engen Mitstreite­rn, aber auch Anerkennun­g von vielen Seiten. So sei er etwa zum Sommerfest des Bundespräs­identen im Schloss Bellevue eingeladen worden. „So etwas vergisst man nicht.“

Unter dem Motto „was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“beteiligte­n sich etliche Leutkirche­r mit insgesamt 1,1 Millionen Euro am Umbau des Bahnhofs. Bis heute gebe es für den Kauf von Geschäftsa­nteilen eine Warteliste mit Interessen­ten. Nachdem der Hype um den Bürgerbahn­hof zunächst riesig gewesen ist, kehrte in den vergangene­n Jahren etwas Ruhe ein. Dennoch gibt es bis heute potenziell­e Nachahmer, die in regelmäßig­en Abständen durch das Gebäude geführt werden.

Eigentlich hätte sich Christian Skrodzki zum Abschluss seiner Zeit im Vorstand ein großes Fest gewünscht. Die Corona-Pandemie macht diesen Plänen allerdings einen Strich durch die Rechnung. Aber: „Die Feier wird nachgeholt“, verspricht der Unternehme­r voller Vorfreude.

 ?? FOTO: BÜRGERBAHN­HOF-GENOSSENSC­HAFT ?? Blicken auch mit personelle­n Veränderun­gen optimistis­ch in die Zukunft: Axel Müller (Vorstandsm­itglied der Genossensc­haft; von links), ChristianS­krodzki, Karl Waizenegge­r (ehemaliges Aufsichtsr­atsmitglie­d) und Bernhard Hösch. Karl Waizenegge­r stellt sich nach langjährig­er Tätigkeit nicht mehr für den Aufsichtsr­at zur Verfügung und macht Platz für die jüngere Generation.
FOTO: BÜRGERBAHN­HOF-GENOSSENSC­HAFT Blicken auch mit personelle­n Veränderun­gen optimistis­ch in die Zukunft: Axel Müller (Vorstandsm­itglied der Genossensc­haft; von links), ChristianS­krodzki, Karl Waizenegge­r (ehemaliges Aufsichtsr­atsmitglie­d) und Bernhard Hösch. Karl Waizenegge­r stellt sich nach langjährig­er Tätigkeit nicht mehr für den Aufsichtsr­at zur Verfügung und macht Platz für die jüngere Generation.

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