Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kameratechnik aus Seemoos
Neben den Dornier-Werken stellte die Firma AkA Fotoapparate her
FRIEDRICHSHAFEN - Dass in Friedrichshafen einmal Fotoapparate gebaut wurden, wissen heute nur noch wenige. Die Firma, die sich 1949 in Seemoos ansiedelte, hieß AkA - und Martin Kohler hat die Geschichte des Unternehmens erforscht, das 1946 in Wildbad im Schwarzwald gegründet worden war. Es ist auch die Geschichte des Zerwürfnisses ihrer beiden Gründer: den Brüdern Max und Eugen Armbruster.
Die Stadt Friedrichshafen empfing die Brüder Armbruster mit offenen Armen, als es ihrem florierenden jungen Unternehmen in Wildbad zu eng geworden war. 50 Mitarbeiter hatte AkA, und die Firma hätte erweitern müssen. Aber weil Wildbad ein Kurbad war, hatte der Bürgermeister Bedenken. Er fürchtete, dass sich die Kurgäste an den „Männern in Arbeitskleidung“stören könnten, wenn ihre Zahl noch weiter zunimmt.
In Friedrichshafen war man dagegen heilfroh. Die Industrie die die Stadt prägte, lag nach Kriegsende am Boden. Die Stadt überließ AkA die durch Bombenangriffe stark beschädigte ehemalige Fliegertechnische Vorschule in Seemoos, neben den Dornier-Werken. Der 136 Meter lange Gebäudekomplex findet sich bis bis heute dort. Vergeben sind sie an die am Seemoos fast verwaiste ZU und der PSG. „Man war 1949 dankbar, dass ein Industriebetrieb nach Friedrichshafen kommen wollte. Zumal Dornier gar nicht produzieren durfte und die Dornianer alle arbeitslos waren“, sagt Martin Kohler. „Dadurch hatte AkA auch qualifizierte Arbeiter. Flugzeuge durften ja erst ab 1955 wieder produziert werden.“
Im August 1949 berichtete die „Schwäbische Zeitung“über die Pläne des neuen Unternehmens in der Stadt: „Das AkA-Werk stellt zunächst eine Kleinbildkamera, die ’Akarette’, her, die ein Kleinbild von 24 x 36 Millimetern liefert. Bei der Konstruktion hat es sich das Werk zur Aufgabe gemacht, eine Kamera zu schaffen, die trotz einer hervorragenden Optik preiswert ist und alle konstruktiven Neuerungen aufweist, die sowohl dem Amateur als auch dem Fachmann gestatten, fast alle photographischen Aufgaben zu lösen.“
Eugen Armbruster war der konstruktive Kopf von AkA. Er hatte den Kamerabau von der Pike auf gelernt. Anders als heute gab es in Deutschland damals eine Vielzahl von Kameraherstellern, weil die Kameras noch mechanisch funktionierten und damit technisch relativ einfach aufgebaut waren. Im Grunde, erklärt Martin Kohler, mussten nur die Verschlüsse und die Objektive zugekauft werden. „Dann musst man nur noch einen schwarzen viereckigen Kasten bauen, bauen, in dem Film transportiert wird und in dem der Sucher drin ist.“Die Akarette wurde zum größten Erfolg in der AkA-Geschichte. Rund 100 000 Stück wurden hergestellt, wobei die Brüder Armbruster die Serienproduktion optimierten. In Wildbad waren noch vor allem Männer beschäftigt gewesen, von denen bei der Montage jeder recht viele Montageschritte erledigte. In Friedrichshafen wurden dagegen vor allem Frauen eingestellt. Sie bekamen weniger Lohn und ihre Tätigkeiten waren stereotyper; die Zahl der Arbeitsschritte pro Mitarbeiterin wurden stark herabgeschraubt. „So wurde bei der Montage Zeit gespart“, sagt Kohler. Optimiert war auch das Konzept der Akarette selbst: Es gab drei verschiedene Varianten, die alle auf demselben Kamerakörper basierten, „Je nachdem, was der Kunde ausgeben wollte, gab es die Akarette nur mit Entfernungsmesser, nur mit Belichtungsmesser oder mit beidem“, sagt Martin Kohler. Die Preise lagen zwischen 196 und 326 Mark. Da der damalige Stundenlohn eines Arbeiters nicht über zwei Mark hinausging, war die Akarette damit auch nicht gerade billig. Trotzdem war sie die günstigste Systemkamera auf dem Markt und wurde als „Leica des kleinen Mannes“bezeichnet. Das Unternehmen wuchs, auch wenn die Brüder Armbruster das selbst gesteckte Ziel von 300 Mitarbeitern nicht erreichten.
Weil die AkA-Kameras in großen Stückzahlen gebaut sind, bekommt man sie auf dem Sammlermarkt in mäßig erhaltenem Zustand bereits für 20 Euro. Martin Kohler hat in seiner Sammlung jedes AkA-Modell, das je gebaut wurde. „Die Leute denken immer, wenn man historische Kameras sammelt, habe man Millionenwerte. Dem ist mitnichten so“sagt er mit einem Schmunzeln.
Durch den Export ihrer Kameras in die USA knüpften die Brüder Armbruster Kontakte zum amerikanischen Kamerahersteller Sawyer’s. Das Unternehmen stellte Kameras mit zwei Objektiven her, die, mithilfe eines entsprechenden kleinen Betrachtungsapparats, Fotos mit 3D-Effekt herstellten. AkA sollte für Sawyer’s nun eine solche Kamera für den europäischen Markt bauen, um Einfuhrzölle zu sparen. Das Angebot entzweite die Brüder. Während Eugen eine riesengroße Chance sah, fürchtete Max das Risiko. Er wollte kein ausländisches Kapital in der Firma haben. Im Streit gingen die Brüder auseinander. Max blieb bei AkA, Eugen wechselte 1956 zum Kamerahersteller Feinwerktechnik in Lahr. „Damit stand AkA ohne seinen Entwickler da“, sagt Martin Kohler. Von da ab konnte AkA seine Kameramodelle nicht mehr verbessern.“
Hat der Richtungsstreit AkA also das Genick gebrochen? Kohler gibt eine geteilte Antwort. Einerseits schon. Aber auch wenn die Brüder Armbruster zusammen weitergemacht hätten, wäre AkA etwa fünf Jahre später vor dem Aus gestanden wegen der Invasion japanischer Kameras nämlich, die nicht mehr auf mechanische, sondern elektronische Steuerung setzten. „Das ist in der Herstellung billiger, und eine solche Kamera ist leichter. Diese Entwicklung zur Elektronik hätte AkA nicht mehr mitgehen können“, sagt Kohler.
Ironischerweise wurde die Stereoskopie-Kamera doch noch gebaut, über die sich ihre Gründer zerstritten hatte - ohne die Amerikaner, aber auch nicht von AkA. Was heute einen Urheberrechtsstreit um Patente auslösen würde, scherte damals offenbar niemanden. Eugen Armbruster hatte einen Prototypen der besagten Kamera hinterlassen, den Max Armbruster nun für 45 000 Euro vermutlich an die Forma Regula King im Schwarzwald verkaufte. Dort wurde die Kamera dann auch gebaut - ein Exemplar davon hat Martin Kohler in seiner Sammlung.
AkA versuchte, sich mit Kameras für Foto-Quelle über Wasser zu halten. Aber sie mussten zu so geringen Preisen verkauft werden, dass eher Verluste eingefahren wurden. 1960 musste AkA schließlich Konkurs anmelden.
In der Folge stiegen der Reihe nach verschiedene Investoren ein, darunter der schwedische Kamerabauer Erik Wilkenson, dessen Kleinbildkamera „Wilca“AkA produzierte. Technisch war die Kamera anspruchsvoll konstruiert, zahlreiche Automatisierungen machten das Fotografieren einfacher - aber sie verkaufte sich nicht. Nur rund 300 Wilcas wurden gebaut, Ende 1961 wurde die Produktion eingestellt. Nach elf Jahren war das Thema Kamerabau in Friedrichshafen beendet.
Wer mehr über die AkA-Geschichte und die verschiedenen Kameratypen wissen will, findet Informationen auf der von Martin Kohler eingerichteten Homepage
www.3d-historisch.de