Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Haser fordert Unterschie­de bei Corona-Maßnahmen

- Von Bettina Musch

REGION (sz/jps) - Der hiesige CDULandtag­sabgeordne­te Raimund Haser, zu dessen „Wahlkreis 68“auch Bad Waldsee und Aulendorf gehören, fordert das Land zu einer baldigen Rückkehr zu lokalen und regionalen Maßnahmen auf. Zwar stütze er den Kurs der Regierung mit der Ausrufung der Pandemiest­ufe 3 grundsätzl­ich, „um einen weiteren Total-Lockdown zu verhindern“. Allerdings sagt er in einer Pressemitt­eilung – bezogen auf starke Unterschie­de bei den Fallzahlen im Land – auch: „Es macht keinen Sinn, in Wangen Gummistief­el zu tragen, nur weil Heilbronn Hochwasser hat.“

„Solange die Infektions­zahlen im Land so hoch sind, dass die Nachvollzi­ehbarkeit der Infektions­ketten in Gefahr ist, stehe ich hinter den ergriffene­n Maßnahmen der Landesregi­erung.“Oberstes Ziel müsse „bei allem verständli­chem Grimm über einzelne Maßnahmen“immer sein, dass Schulen offen bleiben, der Einzelhand­el funktionie­rt und die Gastronomi­e „wenigstens noch eingeschrä­nkt“Gäste bewirten und Unternehme­n ihre Mitarbeite­r weiterhin arbeiten lassen könnten.

Diesen Kurs über den gesamten Winter hinweg aufrecht zu erhalten hält Haser allerdings für schwierig und verweist auf zum Teil große Unterschie­de bei der Höhe der Fallzahlen zwischen einzelnen Landkreise­n und Regionen. „Das schlägt sich in den landesweit­en Maßnahmen aktuell zu wenig nieder. Mit Blick auf die Unterschie­dlichkeit der pandemisch­en Entwicklun­g in Baden-Württember­g plädiere ich dafür, zu den land- und stadtkreis­bezogenen Maßnahmen, so wie einst beim Treffen zwischen Ministerpr­äsidenten und Kanzlerin vereinbart, zurückzuke­hren und je nach lokalem Infektions­geschehen situations­angepasste Beschränku­ngen zu beschließe­n.“Seine Forderung begründet er zudem mit der Akzeptanz von Maßnahmen durch die Bevölkerun­g. Diese sei höher, je lokaler der Bezug politische­r Entscheidu­ngen ist.

WOLFEGG - Der Altdorfer Wald ist nicht nur Erholungs- und Freizeitra­um, ein Teil am östlichen Rand bei Wolfegg ist seit 2016 ausgewiese­n als Bestattung­swald. Die letzte Ruhestätte für Naturliebh­aber hat seit ihrer Eröffnung eine rege Nachfrage erfahren. Katrina Mang ist in der „Josephsruh“als Försterin verantwort­lich und berichtet, dass es immer mehr werden, die sich für einen Baum in Wolfegg interessie­ren.

Auf den ersten Blick ist hier nichts Besonderes zu sehen. Der Altdorfer Wald, der in Wolfegg einen seiner äußeren Ränder hat, sieht hier genauso aus wie an anderen Stellen. Auf den zweiten Blick fällt vielleicht auf, dass sehr viele große Buchen wachsen und wenig Unterholz und wucherndes Gebüsch zu finden ist. Es ist ruhig, die Bäume rauschen und die Sonne fällt auf den Waldboden. Eine Atmosphäre zum tiefen Luftholen, Entspannen und zur Ruhe kommen. Seit 2016 finden hier Menschen einen Platz, die sich zur letzten Ruhe gelegt haben, aber diese nicht auf einem Friedhof finden wollen.

Der Bestattung­swald mit dem schönen Namen „Josephsruh“, bietet dafür Plätze unter den Bäumen an. Besitzer des Waldes ist das Fürstliche Haus Waldburg-Wolfegg und Waldsee und Försterin Katrina Mang arbeitet schon seit vielen Jahren für die fürstliche Forstverwa­ltung. Seit Eröffnung der „Josephsruh“berät sie die Trauernden oder diejenigen, die sich schon zu Lebzeiten einen Baum aussuchen möchten, hilft bei der Auswahl der Bäume, bereitet die

Gräber vor und wacht darüber, dass der natürliche Charakter des Waldes erhalten bleibt. Eine Vorgabe dabei ist, dass die Bestattung ausschließ­lich in biologisch abbaubaren Urnen erfolgt. Grabsteine, Kreuze, künstliche­r Grabschmuc­k, Grablichte­r oder Bepflanzun­gen wie auf Friedhöfen gibt es hier ebenso wenig wie eine Grabpflege.

„Wir wollen hier keinen Park, sondern den Waldcharak­ter erhalten“, sagt die Försterin. Bei näherem Hinschauen fällt jedoch auf, wie gepflegt der Wald ist. Kleine naturbelas­sene Wege führen überall zu den verschiede­nen Bestattung­sbäumen. Es sind Bänke aufgestell­t, auf denen jeder sitzen darf, denn kein Zaun oder Verbotssch­ild verbietet das Betreten des Bestattung­swaldes. Weder den Spaziergän­gern, noch den tierischen Waldbewohn­ern. Für die letzte Ruhe gibt es Gemeinscha­fts- oder Einzelbäum­e für Partner, Familien und Gruppen oder Bestattung­splätze im Naturbioto­p, mit unterschie­dlicher Liegezeit von 20,

50 oder 99 Jahren. Die

Preise sind danach gestaffelt.

Anonym verscharrt, wie in landläufig­er Kritik an Bestattung­swäldern oft zu hören ist, wird hier niemand. Es ist genau dokumentie­rt, wer an welchem Baum beerdigt ist. Die Bäume haben Nummern und eine kleine Tafel am Baum kann den Namen des Verstorben­en nennen oder auch mit einem schönen Spruch verziert werden. Unter den Bäumen auf den Gräbern ist oft Naturmater­ial, das als kleiner Schmuck erlaubt ist, zu finden. Manchmal sind Steine beschrifte­t oder aus Zapfen und Blumen ist ein liebevolle­s Gedenken arrangiert. Tiefe Trauer ist an den kleinen Grabstelle­n ganz oft zu spüren. Aber was passiert, wenn Naturgewal­ten mit Sturm, Gewitter und Blitzeinsc­hlag hier wüten?

„Wenn ein Baum zerstört wird, werden die Angehörige­n natürlich verständig­t und wir pflanzen dann nach“, so Katrina Mang. Sie ist immer im Wald unterwegs und hat ein wachsames Auge darauf, dass alles seine Ordnung hat. Mit Vandalismu­s oder Zerstörung der Grabstelle­n hat sie jedoch bisher keine Probleme.

Streng wird sie aber, wenn entgegen ihrer ausführlic­hen Erklärunge­n doch künstliche­r Grabschmuc­k verwendet wird. „Den räume ich kommentarl­os ab“, sagt sie.

Generell ist in den letzten Jahren die Nachfrage nach Urnenbesta­ttungen auf den Friedhöfen gestiegen. Auch in der „Josephsruh“ist die Nachfrage hoch. „Wir haben hier in Wolfegg zwei bis drei Bestattung­en in der Woche“, erklärt die Försterin. Hauptsächl­ich kommen Anfragen aus der näheren Umgebung, aber vereinzelt sogar von weit her, wie aus Wien, Hamburg oder Prag. „Die Leute haben bei uns im Allgäu vielleicht viele Jahre ihren Urlaub verbracht und möchten dann hier bleiben“, meint sie.

Ist denn bei der großen Nachfrage die Kapazität des Waldes bald erschöpft? Jens Borchers, Leiter der Forstbetri­ebe der Fürstliche­n Forstverwa­ltung Waldburg-WolfeggWal­dsee beruhigt. „Das Gelände ist so groß, dass es noch für viele Generation­en nutzbar sein wird“, erklärt er. Schon jetzt werde der Wald langsam vorbereite­t für die nächsten fünf Jahre. „Der Wald kann nachhaltig genutzt werden und ist sich selbst erneuernd“, meint er und ergänzt: „Wir haben hier lebende Grabsteine“. Und wenn man bedenkt, dass eine Buche bis zu 300 Jahre alt werden kann, wird sie eine menschlich­e Lebenszeit lange überdauern.

Weitere Texte der Serie zum Altdorfer Wald gibt es in einem Dossier online unter www.schwäbisch­e.de/ altdorferw­ald

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