Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Raum Blau ermöglicht Begegnungskultur
Landbaukultur Volkertshaus will Netzwerk aus Menschen, Erde, Natur und Kultur fördern
BAD WALDSEE - Auf der sonnigen Herbstwiese, zwischen den alten Obstbäumen grasen junge Rinder. Ländliche Idylle pur – so die ersten Eindrücke, wenn man sich dem früheren Hühnerstall auf dem Hof von Sebastian Fenk nähert. In den vergangenen zwei Jahren, mit viel Eigenleistung und öffentlichen Fördermitteln, ist hier der Raum Blau entstanden. Den in der Kooperation Landbaukultur Volkertshaus verbundenen Menschen und Betrieben steht nun ein Ort zur Verfügung, an dem Begegnungen und kulturelle Akzente entwickelt werden können.
Die feierliche Eröffnung des neu renovierten Raums Blau war am Wochenende mit Grußworten, viel Smalltalk und einem Kulturangebot für alle Generationen und Geschmäcker angesagt. Daniel Steiner, der Vorsitzende des Vereins Regionalentwicklung Mittleres Oberschwaben (Remo) überbrachte eine Plakette, die zukünftig an der Fassade des Raums darauf hinweist, dass LeaderFördergelder in das Projekt geflossen sind. Die Remo-Geschäftsführerin Lena Schuttkowski erklärt, dass Leader ein Förderprogramm der EU und des Landes Baden-Württemberg ist, mit dem ländliche Regionen in sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Sicht gestärkt werden. Das von Stefan Grundner betriebene Vorhaben Raum Blau habe sehr gut den Förderbedingungen entsprochen, sodass die Umbauarbeiten mit 13 000 Euro bezuschusst wurden.
Bad Waldsees Bürgermeister Matthias Henne beglückwünschte die Akteure Grundner und Fenk für das gelungene Vorhaben und ließ es sich nicht nehmen, tatkräftig mit anzupacken, als ein neuer Hochstammapfelbaum gepflanzt wurde.
Grundner erläuterte den Gästen, dass es ihm wichtig ist, eine Verbindungskultur zu etablieren. Fehlende Verbindungen zwischen Mensch und Erde würden zur Ausbeutung von Böden und Natur führen, so Grundner. Um diese Verbindungen zu stärken, haben sich in der Kooperation der Landbaukultur Volkertshaus folgende Akteure zusammen gefunden: der Biohof Wild, der Ährenhof Giesenweiler, die Solidarische Landwirtschaft Bad Waldsee und Bergatreute. Außerdem stehen auf den Flächen des Hofes Fenk alte Streuobstbäume für Bioapfelsaft, ein Imker lässt seine
Bienen fliegen und mit dem Agroforstprojekt wird eine nachhaltige Bewirtschaftung wiederentdeckt.
Grundner will aber auch die Verbindung des Menschen zu sich selbst fördern, weshalb es Yogakurse und Workshops im lichtdurchfluteten Raum Blau gibt. Die Menschen werden flechten, Kräuter verarbeiten, mit Pferden agieren oder weiße Wolle blau färben. Dafür wachsen im angrenzenden Garten die unscheinbaren Blätter des Färberwaid, aus denen der Farbextrakt gewonnen wird.
Einstweilen aber gehörte das Anwesen am Samstag den Freunden und Gönnern, für die ein breit gefächertes Kleinkunstprogramm im Angebot war. In Kleingruppen staunten
Kinder und Eltern über die Naturbetrachtungen des Faro Theaters die einen empathischen Blick auf Wildbienen und Maulwürfe lenkten. Marie Fenk zeigte mit energiegeladener Luftakrobatik unter dem Gebälk im Raum Blau eine anmutige Choreografie. Der Clown Stefan Jocham verblüffte mit seinen Zaubertricks. Lina und Stefan Bohn hingegen brachten mit Cello und Bratsche bisher ungehörte Musik für tiefe Streicher zu den Ohren der Gäste. Zur Abrundung sang Gastgeber Grundner zusammen mit Brigitte Rösler und Gitarrist Luis Coronado das Lied „Fragile“von Sting. Es ist ein Lied, das der Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz gedenkt.