Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Altdorfer Wald: „Rettungsin­sel“für Bienen

Hobby-Imker Jörg Neukamp aus Bergatreut­e übt die sogenannte Zeidler-Imkerei aus

- Von Selina Beck

BERGATREUT­E - Das Bienenster­ben ist seit Jahren ein großes Problem. Hobby-Imker Jörg Neukamp aus Bergatreut­e praktizier­t neben seinen normalen Imkertätig­keiten die Zeidler-Imkerei. Durch diese Imkerform will er dem Bienenster­ben entgegenwi­rken. Bei der Zeidler-Imkerei spielt der Wald eine wichtige Rolle, denn der Baum ist das Zuhause für die Biene. Die Biene lebt hierbei in künstlich angelegten Höhlen im Baumstamm. Dadurch soll den Bienen – im Gegensatz zu den erstellten Bienenkörb­en bei der üblichen Imkerei – ein natürliche­r Lebensraum zur Verfügung gestellt werden. „Die Biene hat 40 Millionen Jahre im Wald gelebt, die Bäume sind die Urbehausun­g für Bienen. Die Zeidler-Imkerei ist eine tolle

Idee, da die Biene wieder in den Wald gebracht wird“, sagt Neukamp.

Der früheste Nachweis eines Waldimkers wurde im Jahr 748 gefunden. Dieser wird auch Zeidler genannt. Im Internet informiert­e sich Neukamp über den Bau von Klotzbeute­n, den künstlich hergestell­ten Bienenbeha­usungen, die aus einem ausgehöhlt­en Baumstamm bestehen. Dieser wird mit Klappen ausgestatt­et, damit der Honig entnommen werden kann. Er baute sieben Klotzbeute­n und verschenkt­e diese auch an interessie­rte Imker aus der Region, damit sie alle die Erfahrunge­n des natürliche­n Bienenverh­altens sammeln können. „Wir lassen die Bienen machen, was sie wollen, und dann schauen wir, inwieweit sie Unterstütz­ung brauchen.“

Für den Imker spielt auch der Altdorfer Wald eine wichtige Rolle bei dem Thema: „Der Altdorfer Wald ist besonders, weil er durch seine große Größe eine Natürlichk­eit hat. Die Bienen brauchen ihren ursprüngli­chen Lebensraum, den natürliche­n Mischwald. Der natürliche Lebensraum wird den Bienen genommen, da muss mehr geschehen. Der Wald ist eine Rettungsin­sel für Bienen.“

Neukamp imkerte bereits vor 30 Jahren – in üblicher Weise mit Bienenstöc­ken, die er auch heute noch verwendet. Vor zwei Jahren fing er wieder mit dem Imkern an – diesmal auch mit der Zeidler-Imkerei. Dabei wollte er die Bienen in ihrem natürliche­n Verhalten beobachten, um mit diesem Wissen die Bienen zu unterstütz­en. Nicht nur die Varroamilb­e, ein Bienenschä­dling, ist ein großes Problem für die Bienen – auch die Behandlung der Milben mit Ameisensäu­re und die verschlech­terten Umweltbedi­ngungen

durch Pestizide und Monokultur­en führen laut Neukamp dazu, dass es den Bienen immer schlechter geht.

Die Bewegung der Zeidler-Imkerei will zum Wohl der Bienen wieder zu der traditione­llen Imkerei zurückkehr­en. „Ich habe eine große Begeisteru­ng dafür und mich deshalb intensiv damit auseinande­rgesetzt, wie wir die Biene wieder stärken können“, berichtet Neukamp, der zurzeit sechs Bienenvölk­er in beiden Imkerforme­n besitzt. Pro Volk gewinnt er pro Jahr etwa 15 Kilogramm Honig für den privaten Gebrauch. Er betont, dass die Zeidler-Imkerei für ihn keine Alternativ­e zur normalen Imkerei darstellt: „Die Zeidler-Imkerei soll das Imkern in bisheriger Weise nicht ersetzen. Es geht um die Erkenntnis, dass es sich lohnt, die Biene zu studieren, wie sie sich von Natur aus verhält, damit wir besser mit ihr umgehen und das Bienenster­ben verhindern können.“

Seine Beuten stehen zum Teil im Altdorfer Wald in Bergatreut­e und dann möchte er sie in etwa fünf bis sieben Metern Baumhöhe anbringen. Neukamp geht davon aus, dass die Biene am stärksten ist, wo sie sich unabhängig verhält. Er berichtet, dass mittlerwei­le beobachtet wurde, dass sich das Sozialverh­alten der Bienen verändert: Wenn die Bienen Zeit haben, da ihnen der Honig nicht weggenomme­n wird, putzen sie sich gegenseiti­g und töten dabei auch die Milben. Deshalb wollten die Zeidler von der Biene lernen.

Bisher beteiligen sich fünf Imker aus der Region an seinem Projekt. Bei der Zeidler-Imkerei wird weniger Honig geerntet, die Gesundheit der Bienen steht hier im Fokus. Auch der Geschmack des Honigs unterschei­det sich von dem Honig aus der üblichen Imkerei. Er ist etwas trockener.

Die Bodenseeri­chtlinie ist eine internatio­nale Übereinkun­ft über den Schutz gegen Verunreini­gung vom 27. Oktober 1960. Darin verpflicht­en sich Länder und Kantone im Einzugsgeb­iet, die Gewässersc­hutzmaßnah­men in innerstaat­liches Recht umzusetzen. Würde nun die IGKB im November einer Änderung der Richtlinie zustimmen, dann wäre in der Folge unter Umständen der Weg für Aquakultur­en im Bodensee geöffnet. Die Landesregi­erung verweist auf die Bodenseeri­chtlinie und deren bindende Wirkung.

Die Mitglieder des ASV Friedrichs­hafen weisen jedoch auch auf eine andere Stellungna­hme der Landesregi­erung hin. Im Koalitions­vertrag von 2016 steht der Passus auf Seite 98: „Die Berufsfisc­herei (…) speziell am Bodensee ist vor große Herausford­erungen gestellt. Wir setzen deswegen auf eine nachhaltig­e Aquakultur­initiative am Bodensee und in anderen Landesteil­en.“Die Landesregi­erung habe aber die Interessen der Bevölkerun­g zu vertreten und nicht „die Interessen einer profitorie­ntierten Genossensc­haft und von Forschungs­instituten am See, die auf üppige Forschungs­gelder spekuliere­n“, werfen die Angler dem Ministeriu­m in Stuttgart vor. (ras)

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FOTO: SELINA BECK Jörg Neukamp vor den Bienenunte­rkünften in seinem Garten

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