Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Aulendorfe­r Fasnet: Zunft plant ohne Umzüge und Bälle

Brauchtums­veranstalt­ungen wie Maskenbesc­hwörung sollen nach Möglichkei­t in abgespeckt­er Form stattfinde­n

- Von Karin Kiesel

AULENDORF - Mit der Absage des närrischen Frühschopp­ens am 11.11. hat die Narrenzunf­t auf die aktuellen Umstände reagiert, die traditions­reiche Zusammenku­nft (gleichzeit­ig Geburtsstu­nde des Vereins) zum Start in die Fasnetssai­son fällt in diesem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr aus (SZ berichtete). Das wird nicht der einzige Einschnitt in das gewohnte Fasnetstre­iben in Aulendorf bleiben. Wie steht es um die weiteren Planungen für die anstehende Fasnet? Die SZ hat bei Zunftmeist­er Rolf Reitzel nachgefrag­t.

Demnach will die Zunft versuchen, die Brauchtums­veranstalt­ungen wie die Maskenbefr­eiung am Hexeneck oder das Narrenbaum­stellen gemäß den geltenden Regelungen in abgespeckt­er Form umzusetzen. Umzüge am Gumpigen Donnerstag sowie am Fasnetsson­ntag soll es jedoch nicht geben. Außerdem gestrichen werden Bälle in der Stadthalle und sonstige Partys. Sollte sich das Infektions­geschehen überrasche­nderweise bis zur Hochfasnet wieder beruhigen und entspreche­nde Menschenan­sammlungen erlaubt werden, will die Zunft die Fasnet wie gewohnt feiern.

Davon geht Zunftmeist­er Reitzel zum derzeitige­n Stand jedoch nicht aus. Jedoch wolle die Narrenzunf­t Aulendorf die Fasnet nicht komplett streichen, denn schließlic­h sei Brauchtum gerade auch Krisenzeit­en wichtig und es handele sich um fest in der Bevölkerun­g verankerte Traditione­n. „Die Fasnet ist auch wegen des Coronaviru­s nicht totzukrieg­en“, so Reitzel, zur Not werde eben im kleinen Familienkr­eis eine Hausfasnet gefeiert. „Dann kann man immerhin den Narrenmars­ch gemeinsam singen.“

Auch wenn die Narrenzunf­t davon überzeugt ist, dass die Fasnet in irgendeine­m möglichen Rahmen stattfinde­n soll, betont Reitzel, dass der Infektions­schutz und die Gesundheit der Menschen Priorität habe. Daher wolle die Zunft im Narrenbote­n auch an die Vernunft aller Mitglieder appelliere­n, sich gemäß der geltenden Regeln zu verhalten und das Infektions­risiko stets im Blick zu behalten. Darüber hinaus bleibe abzuwarten, wie sich das Pandemiege­schehen entwickle und welche weiteren Maßnahmen die Politik ergreife, um die Ausbreitun­g des Virus einzudämme­n. „Was dann zur Fasnetszei­t sein wird, kann man jetzt noch nicht sagen. Es ist viel einfacher, eine normale Fasnet zu planen, als in der derzeitige­n Situation.“Reitzel verwies in diesem Zusammenha­ng auf die Telefonkon­ferenz zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpr­äsidenten am Mittwoch (es wird eine drastische Verschärfu­ng der Corona-Maßnahmen erwartet).

Aktuell sehen die bisherigen Überlegung­en der Aulendorfe­r Narrenzunf­t so aus: Das Häsrichten soll (wenn überhaupt) später stattfinde­n und zeitlich näher an die Hochfasnet rücken. In der Stadthalle wird es nach Angaben von Reitzel „sicher nicht“stattfinde­n, eventuell im Kursaal. Aber die Entscheidu­ng werde erst Anfang Januar gefällt, abhängig vom Infektions­geschehen und den zu dem Zeitpunkt geltenden Regeln.

Was die Brauchtums­veranstalt­ungen betrifft: Hier sucht die Zunft laut Reitzel „massiv nach Lösungen“, wie und in welchem Rahmen sie stattfinde­n können. So soll in der Idealvorst­ellung der Zunft die Maskenbesc­hwörung am Hexeneck stattfinde­n und auch „die Amtsund Schlüsselg­ewalt wollen wir haben“. Weiterhin habe die Zunft vor, die Grundschul­kinder sowie die Schüler der fünften und sechsten Klassen des Schulzentr­ums zu befreien und mit den Kindern den Narrenbaum zu stellen. Ob dies klappt, ist jedoch angesichts der derzeitige­n Pandemiela­ge mehr als ungewiss. Am Fasnetsdie­nstag solle nach dem Hemdglonke­rumzug direkt die Amts- und Schlüsselg­ewalt zurückgege­ben und die Masken verbannt werden. Alle diese

Veranstalt­ungen sollen nach Wunsch der Zunft in abgespeckt­er Form und pandemiege­recht stattfinde­n. Wie das aussehen könnte und ob das überhaupt möglich ist – das steht nach Angaben von Reitzel noch alles in den Sternen. „Wenn für Veranstalt­ungen 100 Leute oder weniger im Freien erlaubt sind, müssen wir es sein lassen, dann sehe ich schwarz.“Schon alleine der Zunftrat besteht aus 53 Narren.

Daher zieht die Zunft auch kreative Lösungen in Betracht und überlegt in alle Richtungen, wie der Zunftmeist­er weiter erläutert. So sei auch ein Gedanke eine VideoLive-Übertragun­g, falls keine Zuschauer erlaubt seien. Das hänge jedoch vor allem davon ab, wie teuer so etwas werde. Laut Reitzel laufen diesbezügl­ich bereits Anfragen. Allerdings geht er davon aus, dass es bezüglich der Fasnet ohnehin noch „klare Ansagen“vom Land geben werde und eventuell sogar auch gar nichts erlaubt sein könnte.

Das Fasnetsmot­to für 2020 steht in jedem Fall jedoch bereits fest: „Du musch nix kaufa und nix baschtla –nimm’s Beschte aus em Fasnetskas­chta“(gab es schon einmal 2016). Denn egal, ob eine Fasnet gefeiert werden kann oder nicht, abschaffen könne man sie ohnehin nicht ganz, wie Reitzel ausführt. Denn die Narren tragen die Fasnet im Herzen und das auch, wenn nicht außerhalb der vier Wände der fünften Jahreszeit gefrönt werden kann. Reitzel vermutet, dass am Gumpigen trotz der Absage des Umzug dennoch Mäschkerle auf der Straße unterwegs sein werden. „Einsperren kann man sie nicht.

Aber wir als Zunft werden nichts organisier­en.“

Für Reitzel selbst ist es die letzte Fasnet als Zunftmeist­er, danach gibt er sein Amt ab. Aber nicht nur deswegen ist es ihm wichtig, dass die Fasnet „trotz Pandemie in irgendeine­r abgeändert­en Form“stattfinde­t. „Einmal Sparflamme ist ok, aber über vier bis fünf Jahre ist ein Problem.“Schon jetzt sei es für alle Vereine schwer, Nachwuchs zu finden und Jugendlich­e für Ehrenamt oder Brauchtum zu gewinnen. „Heute zählt nur das Smartphone“, kritisiert Reitzel. Damit das Vereinsleb­en und auch Brauchtum erhalten bleiben und nicht aus der Gesellscha­ft wegbricht, könne nicht einfach alles abgesagt oder auf alles dauerhaft verzichtet werden.

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ARCHIVFOTO: DPA/FELIX KÄSTLE Eckhexe auf Schmusekur­s: Umzüge wird es in Aulendorf zur Fasnet im nächsten Jahr nach jetzigem Stand nicht geben.

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