Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kostensteigerung bei städtischen Projekten: Das sagt das Handwerk dazu
Franz Moosherr wehrt sich im Namen vieler Betriebe gegen den Eindruck, Angebote seien überzogen
RAVENSBURG - Eine Radroute wird viel teurer, die Kosten einer Sanierung explodieren: Wenn es in Ravensburg um heftige Kostensteigerungen bei kommunalen Projekten geht, kommt die Sprache auch immer wieder auf die Preise, die Handwerker für ihre Arbeiten verlangen. Deren Leistungen kosten sogar im günstigsten Angebot oft mehr als die Stadt erwartet hatte. Das war zuletzt laut Verwaltung auch bei der Radvorrangroute so (die SZ berichtete). Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Franz Moosherr hört in der Diskussion den verdeckten Vorwurf, das Handwerk nutze die gute Baukonjunktur für überzogene Preise aus – dem tritt er deutlich entgegen.
Die Radvorrangroute von Schmalegg bis zur Ravensburger Stadtgrenze Richtung Weingarten sollte laut städtischer Kostenberechnung 700 000 Euro kosten. Dann schrieb die Stadt die Arbeiten aus: Das günstigste Angebot lag bei 820 000 Euro. Und es ist nicht das erste Mal, dass ein Projekt teurer wird als geplant.
„Die Handwerksbetriebe langen nicht zu, sondern verlangen auskömmliche Preise“, sagt Moosherr. Er gerät bei dem Thema in Rage. „Ich sehe, dass Banken und Industriebetriebe gelobt werden für überbordende Erträge, aber ein Handwerksbetrieb muss sich fast rechtfertigen, wenn er Geld verdient“, sagt er. Überzogene Angebote abzugeben, könne sich ein Unternehmer nicht erlauben, weil selbst in der Hochkonjunktur noch Wettbewerb herrsche. „Und unsere Leute aus den Betrieben müssen den Kunden auch noch ins Gesicht schauen können“, nennt Moosherr als weiteres Korrektiv. Er hat folgende Erklärungsansätze, warum die Leistungen trotzdem mitunter mehr kosten als von der Stadt erwartet.
Zum einen seien viele teurer geworden, der Markt zum Beispiel mit Baustoffen boomt. „Viele Hersteller machen sich die gute Nachfrage zunutze“, sagt Moosherr. Die Materialkostensteigerung werde an den Bauherrn weitergegeben.
In Phasen der Hochkonjunktur seien außerdem die gestiegen, was sich auch auf die Rechnung der Kunden auswirkt. „Die Mitarbeiter brauchen auskömmliche Löhne“, sagt Moosherr. „Es zeichnet unsere Betriebe aus, dass sie die zahlen.“Auch von Pirvatleuten erhalte er immer wieder Beschwerden über angeblich überzogene Stundensätze von Handwerkern. Doch Moosherr ist anderer Meinung: Die Stundensätze für Handwerksmeister seien eher noch zu niedrig angesetzt. „Die Stundensätze sind heute nicht mehr die, die die Planer bei der öffentlichen
Materialien Tariflöhne
Hand noch annehmen“, sagt Moosherr.
Auch in der Umsetzung wird so manches Projekt noch mal deutlich teurer. Moosherr sagt, je sorgfältiger die Planung gemacht werde, desto eher passe es mit den Kosten. Doch insbesondere bei Sanierungen könne es „böse geben, die nicht vorhersehbar waren und die Endabrechnung hoch treiben.
Letztlich ist er überzeugt, dass
Überraschungen“
ein Handwerksbetrieb in Zeiten, in denen das Geschäft gut läuft, Geld für notwendige und
zu erwirtschaften, ohne die er langfristig nicht bestehen könne. Und es gelte, zu bilden, „Fett an die Rippen zu kriegen“, so Moosherr, um schlechtere Zeiten oder eine Krise wie die Corona-Pandemie zu überstehen. Die Bau- und Ausbaubranche habe das Glück gehabt, mit vollen Auftragsbüchern in die Krise zu gehen. Diese Aufträge konnten abgearbeitet werden, als andere Handwerksbetriebe sofort unter der pandemiebedingten Schließung im Frühjahr litten, etwa Frisöre. „Aber die Nachwirkungen werden heftiger ausfallen“, sagt Moosherr mit Blick aufs Bau- und Ausbauhandwerk. „Die Industrie wird zögerlicher beauftragen, Großbauvorhaben werden verschoben werden, die Zahl neuer Aufträge wird nachlassen.“
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