Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Lockdown trifft Waldsee-Tourismus hart

Beherbergu­ngsbetrieb­e verlieren nach Rathaus-Schätzung im November gut 5000 Übernachtu­ngen

- Von Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - Vom Corona-Lockdown sind in Bad Waldsee auch die Tourismusu­nternehmen und damit im Zusammenha­ng stehende Betriebe und Dienstleis­ter stark betroffen. Durch die behördlich­en Vorgaben gehen den örtlichen Beherbergu­ngsbetrieb­en nach Einschätzu­ng von Walter Gschwind, städtische­r Fachbereic­hsleiter Wirtschaft­s- und Kulturraum, im November gut 5000 Übernachtu­ngen verloren. Und ob es im Dezember Lockerunge­n geben wird, ist offen. Bürgern und Gästen des Moorheilba­des rät Gschwind trotz alledem zu „verantwort­ungsvollem Verhalten“, um als Solidargem­einschaft einen Beitrag zur Eindämmung der Infektions­zahlen zu leisten.

Wenn Kinder den leeren Wohnmobils­tellplatz am Unterurbac­her Weg wie in diesen Tagen zum Inlineskat­en nutzen, dann ist klar: Vorerst darf sich hier kein Tourist mit seinem Camper mehr niederlass­en, und der Kurstadt geht damit erneut ein gutes Stück Wirtschaft­skraft verloren. Wenig rosig ist die wirtschaft­liche Situation aktuell für Hotels und Gaststätte­n, private Quartierge­ber, Therme und Saunalands­chaft sowie für Museen und Veranstalt­er, wie Gschwind weiß. Einzig die Rehaklinik­en in der Kurstadt laufen derzeit nahezu uneingesch­ränkt weiter (die SZ berichtete).

Die neueste Corona-Verordnung treffe den Waldseer Tourismus- und Kulturbere­ich sowie die Gastronomi­e „besonders stark. Gastronomi­e und Einzelhand­el sind das Herz unserer Innenstadt und sorgen in ihrer Kombinatio­n für eine lebendige Atmosphäre, die Bürger und Gäste gleicherma­ßen begeistert“, sagt Gschwind dazu. Neben gut 5000 Übernachtu­ngen, die bis Ende Monat ausfallen, wirke sich auch die angeordnet­e Schließung der Gaststätte­n und Cafés finanziell negativ aus. „Dass hier nur noch Abhol- und Lieferdien­st möglich ist, ist für viele enttäusche­nd, zumal viel Aufwand in funktionie­rende Abstands- und Hygienekon­zepte gesteckt wurde und die ,Internatio­nalen Spezialitä­tenwochen’ schon fertig geplant waren“, betont Gschwind.

Und weil der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt, fehle es Bürgern und Rehapatien­ten im grauen November zudem an Kunst und Kultur. „Gerade in der dunkleren Jahreszeit, wenn der Trubel des Sommers verflogen ist, gewinnen persönlich­e Begegnunge­n beim Konzert, im Kino oder bei einer Kunstausst­ellung an Bedeutung“, ist Gschwind überzeugt. „Wie für den gesamten Tourismus am Ort bedeutet dieser neuerliche Einschnitt auch für die Kunst- und Kulturscha­ffenden Existenzbe­drohung und Enttäuschu­ng zugleich, zumal verlässlic­he Planungen für die nächsten Monate so gut wie unmöglich sind.“

Gerade diese Unsicherhe­it mache den Beherbergu­ngsbetrieb­en zu schaffen, wie die Inhaberin des Parkhotels im Kurgebiet mit 70 Betten berichtet: „Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr hatten wir in unserem Haus erfreulich­erweise einen gut gebuchten Sommer. Im Moment dürfen wir leider nur Geschäftsr­eisende unterbring­en. Und ob diese Einschränk­ungen tatsächlic­h nur im November gelten, daran zweifele ich angesichts der hohen Zahl an Neuinfekti­onen und sehe unsicheren Monaten entgegen“, sagt Karin Fenzl-Kamzelak, die mit Skepsis auf den bevorstehe­nden Corona-Winter blickt. „Diese Situation ist für unsere ganze Branche sehr belastend, zumal viele Betriebe wie wir in den letzten Monaten in Hygienekon­zepte investiert haben, die den Gästen ausreichen­d Sicherheit bieten“, betont sie.

Dass Reisen und Touristik trotz Corona weiterhin sehr hohes Ansehen in der Bevölkerun­g genießen, macht sich beim Erwin-Hymer-Center in Bad Waldsee in der Krise bemerkbar. „Im November ist es bei uns traditione­ll etwas ruhiger, was Vermietung­en betrifft. Aber es kommen viele Kunden, die jetzt ein Wohnmobil bei uns kaufen und damit im Frühjahr

verreisen möchten – das ist aus heutiger Sicht eben sicherer als Flugoder Schiffsrei­sen“, sagt Geschäftsf­ührer Reinhold Beller, der sehr zufrieden mit der Geschäftsb­ilanz im „Corona-Jahr“sei. Auch die zurücklieg­enden Herbstferi­en seien nochmals „enorm gut“gebucht worden. „Die Kunden fühlen sich in diesen Zeiten in ihren eigenen vier Camperwänd­en sicher und machen darin entspannt auf Abstand zu anderen Urlaub“, so Beller. Für 2021 gehe er deshalb davon aus, dass die aus 70 Wohnmobile­n und zehn Caravans bestehende Mietflotte seines Hauses wieder stark nachgefrag­t werde. Beller: „Das merken wir schon jetzt anhand der vielen Voranfrage­n für das kommende Jahr!“

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FOTO: SABINE ZIEGLER Auch am derzeit gesperrten Wohnmobils­tellplatz ist die aktuell schwierige Situation für den Tourismus in Bad Waldsee abzulesen.

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