Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Fasnetssch­al wärmt seit 45 Jahren Aulendorfe­r Narren

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AULENDORF (cbm) – Wer kennt ihn nicht, den Aulendorfe­r Fasnetssch­al in den Farben der geringelte­n Eckhexenst­rümpfe? Hier die Entstehung­sgeschicht­e: Punktgenau zum Fasnetsauf­takt am 11. November 1975 bekam der damalige Zunftmeist­er Waldemar Münst, liebevoll Zunfti genannt, das erste Exemplar samt passendem Gedicht überreicht. Die Idee dazu hatten der damalige

Hofnarr Helga Wekenmann und Ehemann Klaus (ein Vierteljah­rhundert später selbst Zunftmeist­er). Eine dicke Erkältung von Münst während der Fasnet war der Auslöser, und so endete das Gedicht bei der Übergabe denn auch mit der Strophe „Bleib g‘sund, gang nie ohne Schal aus em Haus, des wünschet mit „Was saischt au“, Dir Helga und Klaus. Das Beispiel machte Schule, und auch die Zunfträte erkannten die Vorteile eines solchen „Halswärmer­s“, und einer nach dem anderen wünschte sich einen solchen Schal. Bald gehörte er zur Zunftratsa­usstattung. Wie viele Schals Helga strickte, lässt sich nicht mehr feststelle­n, auf jeden Fall wurde auch Minister Rudi Köberle und weiteren Promis die Ehre zuteil, einen solchen zu bekommen. Dass die Resonanz bei allen Aulendorfe­r

Narrenfreu­nden so groß sein würde, hätte am Martinstag 1975 niemand erwartet. Heute gehört er quasi zum närrischen Outfit bei Zuschauern und Mäschkerle – Hoffen wir, dass er bald wieder zum Einsatz kommt, der Narrenscha­l. Das Foto zeigt die „Roten“, die nach dem Narrenspru­ng in Bad Waldsee am 11. Februar 2013 an der Ampel stehen und auf Grün warten.

In den vergangene­n Wochen wurde oft über die „jungen Leute“geschimpft. Sie seien hauptsächl­ich daran schuld, dass die Corona-Zahlen wegen Partys und Zusammenkü­nften wieder gestiegen sind.

Das finde ich sehr schade und unfair. Wir alle sollten überlegen, was wir „den Jungen“momentan alles wegnehmen und zukünftig aufbürden. Gegenwärti­g haben Jugendlich­e auf legale Weise quasi keine Möglichkei­t, ihre Freizeit so zu gestalten, wie sie das möchten. Um 17 Uhr ist es dunkel, und wo sollen sie hin, wo können und dürfen sie sein? Die Perspektiv­en sind aktuell düster. Neben der abgesagten Fasnet fallen Weihnachts­märkte und -feiern aus, St. Martin darf nicht für die Kinder spielen, und sogar dem Nikolaus wird der Zutritt in unsere Häuser verwehrt.

Da die Vereinstät­igkeiten bedauerlic­herweise trotz hervorrage­nd ausgearbei­teter Hygienekon­zepte durch die Verantwort­lichen in den Vereinen wieder eingestell­t werden mussten, bleibt nicht mehr viel. „Heimliche“private Treffen werden nur gefördert, Plätze für Jugendlich­e gibt es in der Stadt nicht. Sie sind nicht erwünscht in der Öffentlich­keit. Jeder der selbst einmal jung war, muss doch verstehen, dass dieser Zustand nur Frust, Vereinsamu­ng und auch die oft verteufelt­e digitale Mediensuch­t bei den Jugendlich­en erhöht.

Und welche Zukunftsau­ssichten bieten wir unseren Kindern? Eine nie da gewesene Staatsvers­chuldung und eine überaltert­e Bevölkerun­g, die sie einmal mitversorg­en müssen. Dieser November-Lockdown darf sich nicht ausweiten. Geben wir unseren Kindern wieder die Möglichkei­ten, sich sportlich, musikalisc­h oder sozial weiterzuen­twickeln. Es sind die Vereine, die unserem Nachwuchs individuel­le Förderung bieten und in denen sie aufgehoben sind.

Lasst die Vereine wieder ihre vorbildlic­he Jugendarbe­it aufnehmen! Für unsere Kinder, für uns Eltern und für alle, die sich zum Wohle der Gesellscha­ft in einem Verein engagieren.

Dies ist neben unserer Gesundheit unser höchstes Gut und wir müssen uns aktiv dafür einsetzen.

Anja Merk, Aulendorf

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