Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kleinkunst geht neue Wege
Kabarettist und Poetry-Slammer kommen direkt ins Wohnzimmer
AULENDORF - Das kulturelle Leben ist im Jahr 2020 beinahe komplett zum Stillstand gekommen. Corona beeinträchtigt alle(s), ganz besonders die Veranstaltungsbranche. So konnte auf der Kleinkunstbühne Spielerei in Aulendorf dieses Jahr noch keine einzige Vorstellung stattfinden, was Liebhaber von Kunst und Kultur live sehr bedauern.
„Als Letztes stand die Theatergruppe Zollenreute auf der Bühne“, berichtet Florian Angele, seines Zeichens Bierbrauer, Gastronom, Betreiber der Spielerei und leidenschaftlicher Kabarettist. Alle geplanten Veranstaltungen für 2020, und dies waren nicht wenige, musste er schweren Herzens absagen, weil die Umsetzung der gesetzlichen Auflagen nicht zu stemmen war. In ein Loch ist er deshalb nicht gefallen, wartete doch jede Menge an Organisation auf ihn und Ehefrau Anja, aber es sei schon ein enormes Wechselbad der Gefühle gewesen. „Während dieser schwierigen Zeit haben wir unglaublich viel Solidarität von Zuschauern erfahren“, blickt Angele, der heuer noch kein einziges Mal auf der Bühne stand, dankbar zurück.
Dies soll sich bald ändern: Gemeinsam mit seinem Freund, Poetry-Slammer Wolfgang Heyer aus Ravensburg, geht Kabarettist Flo Angele im Dezember erstmals virtuell on Tour. Möglich machte dies Marc Michl, Inhaber der Künstleragentur Siedepunkt mit Vorliebe für schwäbische Comedy und Dialekt. Michl hatte die Vision, Kunstschaffende interaktiv ins heimische Wohnzimmer zu bringen. Beim Telefonat mit der SZ erklärte er, dass er ein Konzept entwickelt habe, bei dem Künstler per Livestream gemeinsam mit den Teilnehmern einen spannenden Abend verbringen. „Stubenkult“heißt das neue Eventformat, welches laut Michl heimeliges Wohnzimmerambiente mit kultigem Charakter füllt.
Die spannende Frage wie das „in echt“aussieht, wenn ein kabarettistisch hochbegabter oberschwäbischer Bierbrauer und ein dem schwäbischen Dialekt verbundener, Poetry-slammender Zeitungsredakteur ins eigene Wohnzimmer kommen, bleibt vorerst unbeantwortet. Fest steht, dass der gebuchte Abend ganz im Zeichen von „Schere. Stein. Paar Bier“, einer bierigen OnlineBlindverkostung, steht und einer der Gäste zum Abschluss das Zertifikat Bierkönig samt Überraschung erhalten wird.
Im Vorfeld bekommt der Gastgeber per Post ein Bierpaket mit hochwertigen Bieren aus unterschiedlichen Ländern, für eine Blindverkostung entsprechend verpackt, zugeschickt. Umschläge, die Rätsel und verschiedene Aufgaben beinhalten und erst im Lauf des Abends geöffnet werden, runden das gebuchte
Gesamtpaket ab. Per Videoschaltung sitzen die Künstler quasi mit den Gästen an einem Tisch. Alle können per Chatfunktion miteinander kommunizieren. „Das wird sicher brutal spannend und ist in Sachen Improvisation natürlich eine Wahnsinns-Herausforderung für Wolfgang und mich“, gesteht Kabarettist Angele.
Dennoch oder gerade deshalb freut er sich riesig auf den ersten interaktiven Abend, der allen Beteiligten Witz, Spaß, Unterhaltung und Spannung bringen soll. Auf die Frage, ob dies für Kunstschaffende der Weg der Zukunft sein könnte, antwortet Angele ehrlich, dass dies sicherlich eine super Übergangslösung für die Corona-Zeit sei, den persönlichen Kontakt vor Ort aber trotzdem nicht ersetzen könne.
Weitere Informationen gibt es online unter www.stubenkult.de