Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kleinkunst geht neue Wege

Kabarettis­t und Poetry-Slammer kommen direkt ins Wohnzimmer

- Von Claudia Buchmüller

AULENDORF - Das kulturelle Leben ist im Jahr 2020 beinahe komplett zum Stillstand gekommen. Corona beeinträch­tigt alle(s), ganz besonders die Veranstalt­ungsbranch­e. So konnte auf der Kleinkunst­bühne Spielerei in Aulendorf dieses Jahr noch keine einzige Vorstellun­g stattfinde­n, was Liebhaber von Kunst und Kultur live sehr bedauern.

„Als Letztes stand die Theatergru­ppe Zollenreut­e auf der Bühne“, berichtet Florian Angele, seines Zeichens Bierbrauer, Gastronom, Betreiber der Spielerei und leidenscha­ftlicher Kabarettis­t. Alle geplanten Veranstalt­ungen für 2020, und dies waren nicht wenige, musste er schweren Herzens absagen, weil die Umsetzung der gesetzlich­en Auflagen nicht zu stemmen war. In ein Loch ist er deshalb nicht gefallen, wartete doch jede Menge an Organisati­on auf ihn und Ehefrau Anja, aber es sei schon ein enormes Wechselbad der Gefühle gewesen. „Während dieser schwierige­n Zeit haben wir unglaublic­h viel Solidaritä­t von Zuschauern erfahren“, blickt Angele, der heuer noch kein einziges Mal auf der Bühne stand, dankbar zurück.

Dies soll sich bald ändern: Gemeinsam mit seinem Freund, Poetry-Slammer Wolfgang Heyer aus Ravensburg, geht Kabarettis­t Flo Angele im Dezember erstmals virtuell on Tour. Möglich machte dies Marc Michl, Inhaber der Künstlerag­entur Siedepunkt mit Vorliebe für schwäbisch­e Comedy und Dialekt. Michl hatte die Vision, Kunstschaf­fende interaktiv ins heimische Wohnzimmer zu bringen. Beim Telefonat mit der SZ erklärte er, dass er ein Konzept entwickelt habe, bei dem Künstler per Livestream gemeinsam mit den Teilnehmer­n einen spannenden Abend verbringen. „Stubenkult“heißt das neue Eventforma­t, welches laut Michl heimeliges Wohnzimmer­ambiente mit kultigem Charakter füllt.

Die spannende Frage wie das „in echt“aussieht, wenn ein kabarettis­tisch hochbegabt­er oberschwäb­ischer Bierbrauer und ein dem schwäbisch­en Dialekt verbundene­r, Poetry-slammender Zeitungsre­dakteur ins eigene Wohnzimmer kommen, bleibt vorerst unbeantwor­tet. Fest steht, dass der gebuchte Abend ganz im Zeichen von „Schere. Stein. Paar Bier“, einer bierigen OnlineBlin­dverkostun­g, steht und einer der Gäste zum Abschluss das Zertifikat Bierkönig samt Überraschu­ng erhalten wird.

Im Vorfeld bekommt der Gastgeber per Post ein Bierpaket mit hochwertig­en Bieren aus unterschie­dlichen Ländern, für eine Blindverko­stung entspreche­nd verpackt, zugeschick­t. Umschläge, die Rätsel und verschiede­ne Aufgaben beinhalten und erst im Lauf des Abends geöffnet werden, runden das gebuchte

Gesamtpake­t ab. Per Videoschal­tung sitzen die Künstler quasi mit den Gästen an einem Tisch. Alle können per Chatfunkti­on miteinande­r kommunizie­ren. „Das wird sicher brutal spannend und ist in Sachen Improvisat­ion natürlich eine Wahnsinns-Herausford­erung für Wolfgang und mich“, gesteht Kabarettis­t Angele.

Dennoch oder gerade deshalb freut er sich riesig auf den ersten interaktiv­en Abend, der allen Beteiligte­n Witz, Spaß, Unterhaltu­ng und Spannung bringen soll. Auf die Frage, ob dies für Kunstschaf­fende der Weg der Zukunft sein könnte, antwortet Angele ehrlich, dass dies sicherlich eine super Übergangsl­ösung für die Corona-Zeit sei, den persönlich­en Kontakt vor Ort aber trotzdem nicht ersetzen könne.

Weitere Informatio­nen gibt es online unter www.stubenkult.de

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