Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Verdeckte Ermittlerin kommt Drogenhändler auf die Spur
Verhandlung in der Stadthalle Wangen: Junger Mann muss mehr als zwei Jahre in Haft
WANGEN (clbi) - Bei einer Verhandlung in der Stadthalle Wangen ist ein junger Mann zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden, weil er unter anderem an eine Polizistin, die sich als vermeintliche Kundin ausgab, verbotene Betäubungsmittel verkaufte.
Schon seit ein paar Wochen wartet der bisher noch in Untersuchungshaft in Ulm sitzende Angeklagte auf seinen Prozess. Die Liste der Vorwürfe, die durch den Staatsanwalt verlesen werden, ist lang. Von insgesamt zehn Vorwürfen werden jedoch zwei Tatziffern nach ausführlicher Beratung durch den Richter und den beiden Schöffen und mit Zustimmung des Staatsanwalts zu einer Tateinheit zusammengezogen. Neben dem Verkauf und Besitz von Drogen wie Marihuana, Kokain und Ecstasy wird ihm auch noch Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung und Fahren ohne Fahrerlaubnis auf das Konto seiner Verbrechen geschrieben. Das Gericht stellt darüber hinaus eine Strafmilderung in Aussicht, sollte der Angeklagte sich geständig zeigen. Nach einem Gespräch zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten, räumt letzterer seine Taten ein. Der Handel wurde in einem Asylheim in Wangen abgewickelt. Der Angeklagte war dort zwar nicht wohnhaft, agierte aber dort zusammen mit einem Bewohner des Heims.
Der Kriminalhauptkommissar, der die Ermittlung leitete, kommt in den Zeugenstand. Mit ausweislicher Genehmigung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg ist der Zeuge berechtigt die folgende Aussage zu machen. Dabei geht es um die Berichte der verdeckten Ermittlerin. Zuvor gibt der Richter dem Zeugen noch den Hinweis, dass der Angeklagte ein Geständnis bereits gemacht habe. Es ginge noch darum, dass dieses den Tatsachen entspricht. Der Zeuge erzählt, dass die Beamtin bei dem Treffen um Marihuana gebeten habe. Daraufhin habe der Angeklagte die Droge, die zu einer großen Kugel geformt war und circa 100 Gramm gewogen habe, auf den Tisch gelegt. Er habe ihr dann fünf Gramm für 50 Euro verkauft. Sein Komplize habe den Angeklagten noch gebeten, der vermeintlichen Kundin eine Pille zu geben, die sie geschenkt bekam. Beim zweiten Kauf, der ein paar Tage später abgewickelt wurde, kaufte die Beamtin Koks und Ecstasy. Beim sechsten und letzten Kauf habe die Beamtin den Eindruck gehabt, dass der Angeklagte unter starkem Drogeneinfluss stand.
Weiter wurde dem Angeklagten vorgeworfen, dass er sich Ende Januar 2020 unerlaubt in dem Asylheim in Wangen aufgehalten habe. An jenem Tag fand dort eine Hausdurchsuchung statt. Als eine Beamtin das Handy des jungen Mannes aus der Brusttasche gezogen hat, nahm er sie in den Schwitzkasten und verletzte die Ordnungshüterin schwer. Die Polizei fand an dem Tag 66 Gramm Marihuana, das aufbewahrt wurde, um es zu veräußern. Vor seiner Verhaftung schließlich im Juni diesen Jahres, fanden die Beamten den Angeklagten nicht in seiner Wohnung zur Abholung vor. Wenige Tage später erwischte man ihn in Ravensburg als Fahrer eines PKW, obwohl er keine entsprechende Zulassung dafür hatte. Auch hier setzte sich der 30 jährige so heftig zur Wehr, dass er selbst durch die Beamten verletzt wurde und in die Klinik musste.
„Sie haben von Januar bis März diesen Jahres umfangreichen Drogenhandel betrieben“, begann der Staatsanwalt sein Plädoyer. Drogen unterschiedlicher Art seien von ihm und seinen Komplizen, meist im Asylheim zum Verkauf angeboten worden. Aber „trotz Geständnis kann ich keine Bewährung einräumen“, sagte der Staatsanwalt. Er plädierte auf eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten sowie den Wertersatz von 1590 Euro der Gewinnerzielung.
„Er braucht dringend eine Drogentherapie“, sagte sein Verteidiger. Es läge eine einzige Vorstrafe vor, die Jahre zurückliegt. Daher müsse es für seinen Mandanten eine Freiheitsstrafe mit Bewährung geben, die ihn direkt in eine Therapie führt, so der Anwalt. „Ich bin noch jung und kann alles wieder gut machen“, sagte der Angeklagte, dem das letzte Wort vor dem Urteil gehörte.
Richter und Schöffen konnten den Worten des Staatsanwalts nur zustimmen. „Sie haben eine relativ kriminelle Energie an den Tag gelegt“, sagte der Richter. Eine Bewährung kam für das Gericht nicht infrage. Eine Haft von zwei Jahren und drei Monaten und den oben genannten Wertersatz empfand das Gericht für angemessen.