Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wie ein Pflegeheim mit dem Corona-Ausbruch umgeht

In St. Barbara in Baienfurt sind 16 Bewohner und zehn Angestellt­e positiv getestet – eine Herausford­erung

- Von Philipp Richter

BAIENFURT - 16 Bewohner und zehn Mitarbeite­r des Pflegeheim­s St. Barbara in Baienfurt sind mit dem Coronaviru­s infiziert – das hat am Mittwoch die Stiftung Liebenau als Betreiberi­n der Einrichtun­g bestätigt. Die Gemeindeve­rwaltung hatte bereits am Dienstagab­end auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“von eine Corona-Ausbruch berichtet. Eine solche Situation stellt eine Pflegeeinr­ichtung vor Herausford­erungen, schließlic­h muss die Pflege der Senioren gewährleis­tet sein. Zudem zählen ältere Menschen neben chronisch Kranken zur Risikogrup­pe.

„Erfreulich­erweise verlaufen die Infektione­n bisher ohne oder nur mit milden Symptomen“, lässt die Pressestel­le der Stiftung auf Anfrage wissen. Die symptomlos­en und milden Verläufe träfen auch auf die hochbetagt­en Bewohner zu.

In St. Barbara gibt es 29 Dauerpfleg­eplätze und einen Kurzzeitpf­legeplatz. Nachdem in der vergangene­n Woche zwei Bewohner nach leichten Symptomen positiv getestet worden waren, beschlosse­n die Verantwort­lichen, alle Bewohner und Mitarbeite­r zu testen. Das Ergebnis stand am Wochenende fest. So kam es zu dem heftigen Anstieg der Corona-Fälle in Baienfurt in der Statistik des Landratsam­tes Ravensburg.

Wie das Coronaviru­s in das Pflegeheim kam, lässt sich laut Angaben der Stiftung nicht feststelle­n. „Unser Haus der Pflege liegt mitten in der Gemeinde am Marktplatz, mit Cafés und Restaurant­s und vielen Menschen – unser Garten ist der Marktplatz“, wird Sieglinde Heisel, die das Haus St. Barbara in Baienfurt leitet, in einem Text von Pressespre­cherin Helga Raible zitiert. „Dieses Mittendrin hat unseren Standort immer ausgezeich­net. Aber bei der jetzigen Situation birgt es natürlich auch Risiken und Gefahren.“

Für das Haus St. Barbara musste jetzt die Pflege gesichert und für die Sicherheit der Personen gesorgt werden. Das ist eine Herausford­erung, wenn gleich zehn Pflegekräf­te wegbrechen, die infiziert sind und in

Quarantäne mussten. Der Stiftung Liebenau komme dabei zugute, dass sie insgesamt 36 Häuser der Pflege in Deutschlan­d betreibt, sagt Pressespre­cherin Helga Raible. Somit konnte Personal aus anderen Einrichtun­gen in Baienfurt einspringe­n.

So werden die Bewohner nun in ihren Zimmern versorgt und die Pflegekräf­te tragen eine volle Schutzausr­üstung. Dazu gehören neben einer Maske und einem Schutzkitt­el auch eine Schutzbril­le sowie Handschuhe.

Zum Schutzkonz­ept gehört auch, dass das Haus zurzeit nur in Ausnahmefä­llen von Außenstehe­nden betreten werden darf. Die Angehörige­n hätten zwar mit Sorge, aber auch mit viel Verständni­s und, in Anbetracht der allgemein steigenden Zahlen, nicht allzu sehr überrascht reagiert, heißt es vonseiten der Stiftung. „Wenn es Bewohnern sehr schlecht ginge, körperlich oder auch psychisch, sind natürlich Ausnahmen möglich“, wird Heidi Maier, die zuständige Regionalle­iterin der Stiftung Liebenau, zitiert.

Wie Pressespre­cherin Helga Raible erklärt, seien der Stiftung auch die Erfahrunge­n aus ihren Häusern in anderen europäisch­en Ländern zugutegeko­mmen. Die Stiftung Liebenau unterhält neben ihren Häusern in Deutschlan­d auch in Österreich, Italien sowie in der Schweiz und in der Slowakei Pflegeeinr­ichtungen. „In Italien haben wir ein Haus in der Lombardei, die ja im Frühjahr von der Pandemie besonders betroffen war“, sagt Raible. Auch dort seien damals Bewohner und Mitarbeite­r infiziert gewesen.

Doch wie kommt es zu Infektione­n in Pflegeeinr­ichtungen? Derzeit ist dies schwer zu sagen, da die Fallzahlen insgesamt so hoch sind, dass eine Rückverfol­gung schwierig ist. Wer bei der Kontaktver­folgung in Pflegeeinr­ichtungen prinzipiel­l zuständig ist, ist nicht eindeutig geregelt. Dies geschieht nach Auskunft des Landratsam­tes Ravensburg in Abstimmung mit der Ortspolize­ibehörde – also den jeweiligen Gemeindeve­rwaltungen. Im Fall von St. Barbara ist dies nach Auskunft von Baienfurts Bürgermeis­ter Günter A. Binder das Gesundheit­samt selbst. „In solchen Einrichtun­gen sind die Fälle häufig fachlich komplexer, und deshalb übernehmen wir als Gesundheit­samt häufig die Federführu­ng“, antwortet Landratsam­tssprecher­in Selina Nussbaumer auf SZNachfrag­e. In Argenbühl, wo es im Pflegeheim Haus Catharina 28 Corona-Fälle gab, ist hingegen die Gemeindeve­rwaltung zuständig.

Einheitlic­he Quarantäne-Regelungen für Pflegeheim­e gibt es laut Landratsam­t nicht, auch wenn für Kontaktper­sonen und Infizierte genauso eine Quarantäne­pflicht besteht wie für jeden anderen. Es können entweder einzelne Personen oder ganze Heime in Quarantäne kommen. Das müsse die jeweilige Einrichtun­g selbst entscheide­n.

Die Gemeinde Baienfurt hat mit Stand von Mittwoch, 18. November, um 11 Uhr insgesamt 69 Corona-Fälle seit Beginn der Pandemie verzeichne­t. Davon gelten 32 als genesen. Dementspre­chend gibt es 37 aktive Fälle in der Achtalgeme­inde.

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FOTO: SIMON BARG Am Dienstagab­end wurde bekannt, dass es im Pflegeheim St. Barbara am Baienfurte­r Marktplatz einen Corona-Ausbruch gegeben hat.

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