Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wie ein Pflegeheim mit dem Corona-Ausbruch umgeht
In St. Barbara in Baienfurt sind 16 Bewohner und zehn Angestellte positiv getestet – eine Herausforderung
BAIENFURT - 16 Bewohner und zehn Mitarbeiter des Pflegeheims St. Barbara in Baienfurt sind mit dem Coronavirus infiziert – das hat am Mittwoch die Stiftung Liebenau als Betreiberin der Einrichtung bestätigt. Die Gemeindeverwaltung hatte bereits am Dienstagabend auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“von eine Corona-Ausbruch berichtet. Eine solche Situation stellt eine Pflegeeinrichtung vor Herausforderungen, schließlich muss die Pflege der Senioren gewährleistet sein. Zudem zählen ältere Menschen neben chronisch Kranken zur Risikogruppe.
„Erfreulicherweise verlaufen die Infektionen bisher ohne oder nur mit milden Symptomen“, lässt die Pressestelle der Stiftung auf Anfrage wissen. Die symptomlosen und milden Verläufe träfen auch auf die hochbetagten Bewohner zu.
In St. Barbara gibt es 29 Dauerpflegeplätze und einen Kurzzeitpflegeplatz. Nachdem in der vergangenen Woche zwei Bewohner nach leichten Symptomen positiv getestet worden waren, beschlossen die Verantwortlichen, alle Bewohner und Mitarbeiter zu testen. Das Ergebnis stand am Wochenende fest. So kam es zu dem heftigen Anstieg der Corona-Fälle in Baienfurt in der Statistik des Landratsamtes Ravensburg.
Wie das Coronavirus in das Pflegeheim kam, lässt sich laut Angaben der Stiftung nicht feststellen. „Unser Haus der Pflege liegt mitten in der Gemeinde am Marktplatz, mit Cafés und Restaurants und vielen Menschen – unser Garten ist der Marktplatz“, wird Sieglinde Heisel, die das Haus St. Barbara in Baienfurt leitet, in einem Text von Pressesprecherin Helga Raible zitiert. „Dieses Mittendrin hat unseren Standort immer ausgezeichnet. Aber bei der jetzigen Situation birgt es natürlich auch Risiken und Gefahren.“
Für das Haus St. Barbara musste jetzt die Pflege gesichert und für die Sicherheit der Personen gesorgt werden. Das ist eine Herausforderung, wenn gleich zehn Pflegekräfte wegbrechen, die infiziert sind und in
Quarantäne mussten. Der Stiftung Liebenau komme dabei zugute, dass sie insgesamt 36 Häuser der Pflege in Deutschland betreibt, sagt Pressesprecherin Helga Raible. Somit konnte Personal aus anderen Einrichtungen in Baienfurt einspringen.
So werden die Bewohner nun in ihren Zimmern versorgt und die Pflegekräfte tragen eine volle Schutzausrüstung. Dazu gehören neben einer Maske und einem Schutzkittel auch eine Schutzbrille sowie Handschuhe.
Zum Schutzkonzept gehört auch, dass das Haus zurzeit nur in Ausnahmefällen von Außenstehenden betreten werden darf. Die Angehörigen hätten zwar mit Sorge, aber auch mit viel Verständnis und, in Anbetracht der allgemein steigenden Zahlen, nicht allzu sehr überrascht reagiert, heißt es vonseiten der Stiftung. „Wenn es Bewohnern sehr schlecht ginge, körperlich oder auch psychisch, sind natürlich Ausnahmen möglich“, wird Heidi Maier, die zuständige Regionalleiterin der Stiftung Liebenau, zitiert.
Wie Pressesprecherin Helga Raible erklärt, seien der Stiftung auch die Erfahrungen aus ihren Häusern in anderen europäischen Ländern zugutegekommen. Die Stiftung Liebenau unterhält neben ihren Häusern in Deutschland auch in Österreich, Italien sowie in der Schweiz und in der Slowakei Pflegeeinrichtungen. „In Italien haben wir ein Haus in der Lombardei, die ja im Frühjahr von der Pandemie besonders betroffen war“, sagt Raible. Auch dort seien damals Bewohner und Mitarbeiter infiziert gewesen.
Doch wie kommt es zu Infektionen in Pflegeeinrichtungen? Derzeit ist dies schwer zu sagen, da die Fallzahlen insgesamt so hoch sind, dass eine Rückverfolgung schwierig ist. Wer bei der Kontaktverfolgung in Pflegeeinrichtungen prinzipiell zuständig ist, ist nicht eindeutig geregelt. Dies geschieht nach Auskunft des Landratsamtes Ravensburg in Abstimmung mit der Ortspolizeibehörde – also den jeweiligen Gemeindeverwaltungen. Im Fall von St. Barbara ist dies nach Auskunft von Baienfurts Bürgermeister Günter A. Binder das Gesundheitsamt selbst. „In solchen Einrichtungen sind die Fälle häufig fachlich komplexer, und deshalb übernehmen wir als Gesundheitsamt häufig die Federführung“, antwortet Landratsamtssprecherin Selina Nussbaumer auf SZNachfrage. In Argenbühl, wo es im Pflegeheim Haus Catharina 28 Corona-Fälle gab, ist hingegen die Gemeindeverwaltung zuständig.
Einheitliche Quarantäne-Regelungen für Pflegeheime gibt es laut Landratsamt nicht, auch wenn für Kontaktpersonen und Infizierte genauso eine Quarantänepflicht besteht wie für jeden anderen. Es können entweder einzelne Personen oder ganze Heime in Quarantäne kommen. Das müsse die jeweilige Einrichtung selbst entscheiden.
Die Gemeinde Baienfurt hat mit Stand von Mittwoch, 18. November, um 11 Uhr insgesamt 69 Corona-Fälle seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Davon gelten 32 als genesen. Dementsprechend gibt es 37 aktive Fälle in der Achtalgemeinde.