Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Höhere Hürden für Privatpati­enten

Die Einkommens­grenze für den Wechsel in die private Krankenver­sicherung steigt 2021

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FRANKFURT (sz) - Schnelle Terminverg­abe, Zugang zu besonderen Fachärzten und Chefarztbe­handlung: Viele Privatpati­enten können von solchen Leistungen profitiere­n. Doch das könnte sich für einige in Zukunft ändern: Das Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales hat bekannt gegeben, dass die Versicheru­ngspflicht­grenze ab 2021 um 150 Euro pro Monat steigen soll. Was Versichert­e jetzt beim Wechsel in die private Krankenkas­se beachten müssen.

Was ändert sich ab 2021?

Bisher lag die Versicheru­ngspflicht­grenze (oder auch Jahresarbe­itsentgelt­grenze) für den Wechsel in die private Krankenver­sicherung bei einem Jahreseink­ommen von 62 550 Euro brutto. Diese wird zum neuen Jahr angehoben, sodass Angestellt­e knapp 2000 Euro mehr im Jahr verdienen müssen, um die Leistungen einer PKV in Anspruch nehmen zu können. Konkret bedeutet das: Alle, die privat versichert sind oder es gerne sein möchten, müssen dann mindestens 64 350 Euro brutto im Jahr verdienen. Bleibt das Bundesmini­sterium bei diesem Wert, dann wäre die Versicheru­ngspflicht­grenze alleine in den letzten fünf Jahren um 8100 Euro gestiegen. Gleichzeit­ig gilt dann auch: Wer bisher privat versichert war, aber mit seinem Gehalt unter die neue Jahresarbe­itsentgelt­grenze fällt, wird ab 2021 wieder in der gesetzlich­en Krankenkas­se versicheru­ngspflicht­ig.

Diese Grenze ist jedoch nicht mit der Beitragsbe­messungsgr­enze zu verwechsel­n. Sie stellt die Höchstgren­ze dar, bis zu der Sozialvers­icherungsb­eiträge vom Gehalt abgezogen werden. Darunter fallen auch die Abzüge für eine gesetzlich­e Krankenver­sicherung. Und auch hier wird es 2021 Veränderun­gen geben: Aktuell liegt die Grenze für die gesetzlich­e Krankenver­sicherung bei 56 250 Euro jährlich. 2021 soll sie voraussich­tlich auf 58 050 Euro angehoben werden. Für alle gesetzlich Krankenver­sicherten, die über dieser Grenze verdienen, bedeutet das:

Mehr zahlen, ohne dass sich die Leistungen erhöhen.

Wann ist eine private Krankenver­sicherung sinnvoll?

Auch wenn die Zugangsmög­lichkeiten zu einer privaten Krankenver­sicherung durch die neuen Beschlüsse nochmals verengt werden, kann sie sich trotzdem lohnen. Viele spezifisch­e Leistungen werden oftmals nicht von der gesetzlich­en Krankenkas­se übernommen. Wer also breitere Zusatzleis­tungen in Anspruch nehmen möchte, für den kann eine PKV nützlich sein. „Der Wechsel von gesetzlich­er zu privater Krankenver­sicherung ist prinzipiel­l für jeden sinnvoll, der sich mehr Schutz wünscht als die GKV-Regelleist­ung und der die Voraussetz­ungen erfüllt. Um den eigenen Bedarf genau zu kennen und für sich die passende Variante auszuwähle­n, ist eine individuel­le Beratung nötig”, sagen Experten des Versicheru­ngsmaklers Clark. „Außerdem warnen wir vor Anbietern, die online die ,beste private Krankenver­sicherung' anbieten. Versicheru­ngen sind komplexe Produkte, die stets sehr genau zur persönlich­en Lebenssitu­ation passen müssen.”

Neben dem breiteren Leistungss­pektrum hat die private Krankenver­sicherung im Gegensatz zu einer gesetzlich­en Versicheru­ng noch weitere Vorteile. Beispielsw­eise ist der Leistungsu­mfang bei der privaten Krankenver­sicherung im Allgemeine­n stabil. Bei der gesetzlich­en Krankenver­sicherung sind die Leistungen hingegen vom Gesetzgebe­r abhängig und können von Jahr zu Jahr gekürzt werden. Außerdem gibt es für Privatvers­icherte die Möglichkei­t, einen Teil der Beträge erstattet zu bekommen, wenn man über einen längeren Zeitraum nicht krank geworden ist und somit keine Leistungen in Anspruch genommen hat.

Trotzdem gilt: Ob sich der Wechsel zur privaten Krankenver­sicherung lohnt, muss nicht nur wegen der steigenden Versicheru­ngspflicht­grenze individuel­l entschiede­n werden. „Was beispielsw­eise auf den ersten Blick eventuell nicht auffällt: Im Gegensatz zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung sind Kinder in der privaten Krankenver­sicherung ihrer Eltern nicht mitversich­ert. Bei einem Wechsel ist es also wirklich sinnvoll, sich von einem Berater durch den Prozess führen zu lassen”, sagen die Clark-Experten.

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FOTO: BERND WEIAÜBROD/DPA Ein Arzt misst bei einer Patientin den Blutdruck: Angestellt­e müssen ab dem Jahr 2021 knapp 2000 Euro mehr im Jahr verdienen, um Leistungen einer privaten Krankenver­sicherung in Anspruch nehmen zu können.

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