Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Aulendorfs Kirchen gehen neue Wege
Reales Kerzenlicht, ein virtueller Adventskalender und eine Abenteuergeschichte per Mail
AULENDORF - Derzeit verläuft das Leben in ungewohnten Bahnen, Kontaktbeschränkungen und Verbote bestimmen den Alltag in der Corona-Krise. Für viele Menschen wird dies in der Adventszeit besonders schmerzlich werden: vertraute Rituale und Bräuche fallen weg, Weihnachtsmärkte sind abgesagt und auch dem Nikolaus bleiben die Türen verschlossen. Claudia Buchmüller hat mit Daniela Mangold, Pastoralreferentin der Kirchengemeinde St. Martin, über die Vorweihnachtszeit gesprochen.
Frau Mangold, kann Advent unter diesen Voraussetzungen überhaupt gelingen?
Advent vom lateinischen „adventus domini = Ankunft des Herrn“bezeichnet die Zeit, in der die Christen sich auf Jesu Geburt vorbereiten. Dies fällt bei uns in die dunkle Jahreszeit. Bei der diesjährigen Vorbereitung fiel mir auf, dass diese Dunkelheit und Schwere in alten Adventsliedern vielfach besungen wird. Mir war bisher gar nicht bewusst, wie massiv diese Schwere die Menschen in früheren Zeiten bedrückt hat und wie tröstlich deshalb die Hoffnung auf das Kommen Jesu als Licht der Welt zu allen Zeiten war und ist. Vielleicht liegt in all den derzeitigen Beschränkungen auch die Chance, diesen Advent bewusster, intensiver, anders wahrzunehmen. Das Pastoralteam hatte deshalb die Idee, die Menschen in der Vorweihnachtszeit zu ermutigen, während des abendlichen Glockenläutens um 19 Uhr eine Kerze ins Fenster zu stellen. Mit dieser bewussten Unterbrechung des Tages wollen wir uns gegenseitig zeigen, dass Jesus damals in keine heile Welt gekommen ist und auch unser jetziges Leben wieder hell machen wird. Darauf bereiten wir uns gemeinsam vor und sind auf diese Weise miteinander verbunden.
Gibt es noch weitere Aktionen?
Wir haben uns speziell für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter etwas ausgedacht und verschicken täglich eine fortlaufende Abenteuergeschichte. Darin machen sich die Kinder der Heiligen-Drei-Könige heimlich auf den Weg, ihren Vätern zu folgen. Um heraus zu finden, ob es ihnen gelingt, die Heilige Familie zu treffen, genügt eine kurze Mail an pastoralreferentin@stmartin-aulendorf.de. Dann kommt die Fortsetzung der spannenden Geschichte ins Haus und kann von den Eltern oder älteren Geschwistern vorgelesen werden. Des Weiteren wird es am 7. Dezember um 10 Uhr in St. Martin eine Adventsandacht für Senioren geben.
Ist alles Vertraute in Sachen kirchlicher Adventsvorbereitung auf der Strecke geblieben?
Keineswegs, wir können trotz aller Einschränkungen auf Bewährtes, wie etwa die Rorate-Feiern zurückgreifen. Diese besonders intensive Gottesdienstform, bei der die Kirche nur vom Schein der Kerzen erhellt wird, zeigt für mich ganz besonders die Erwartung auf Weihnachten, wo es noch viel heller werden wird. Das hat in der dunklen, kalten Jahreszeit etwas unglaublich Tröstliches. Es tut einfach gut, wenn in meine Müdigkeit morgens um 6 Uhr Gottes Licht scheint und mein Leben hell machen möchte.
Können Sie schon einen Ausblick auf die Weihnachtstage geben?
Derzeit ist ein Team beider Kirchen dabei, ergänzend zu den „klassischen“Weihnachtsgottesdiensten dezentrale ökumenische Weihnachtsfeiern zu planen. Sofern es die Pandemie zulässt, wollen wir als Kirchen gemeinsam in die Wohngebiete hineingehen oder an öffentliche Plätze in der Stadt und den Teilorten, um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, an einem Gottesdienst teilzunehmen. Raus aus der Kirche, hin zu den Menschen.