Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kostenlose erste Parkstunde im Dezember
CDU will Ravensburger Einzelhandel stützen – Darum sind die Maßnahme umstritten
RAVENSBURG - Obwohl der Nutzen umstritten ist, bleibt die erste Stunde Parken in den städtischen Tiefgaragen Ravensburgs auch im Monat Dezember von Montag bis Freitag kostenlos: Der Betriebsausschuss der Verkehrs- und Versorgungsbetriebe (RVV) hat mit hauchdünner 5:4Mehrheit einen Antrag der CDUFraktion gebilligt, die im „Lockdown light“geltende Regelung über den Monat November hinaus bis Ende Dezember zu verlängern.
Ursprünglich handelte es sich um eine von einigen kritisierte Eilentscheidung von Oberbürgermeister Daniel Rapp (CDU). Die Idee dahinter: Es sollen mehr Menschen in die Innenstadt gelockt und der Einzelhandel gestärkt werden. Der Stadt Ravensburg sind so im November allerdings Einnahmen in Höhe von 30 000 Euro entgangen. Geld, das an anderer Stelle dringend gebraucht würde, argumentieren die Grünen.
Und auch der Nutzen ist fragwürdig: Lockte die Maßnahme im November tatsächlich die Menschen scharenweise in die Ravensburger Geschäfte, wo sie dank der einen Stunde kostenlosen Parkens nach Herzenslust Shoppen gegangen sind? Wohl eher nicht.
Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Statistik des RVV über die Nutzung der Tiefgaragen im „Lockdown light“. Da die Marienplatzgarage im vergangenen Jahr wegen der Sanierung noch geschlossen war, ist ein direkter Vergleich mit dem Vorjahr nicht möglich, weshalb die Mobilitätsexpertin bei den TWS, Jenny Jungnitz, die letzte Oktoberwoche als Vergleichszeitraum herangezogen hat. Demzufolge brachen die Zahlen in der ersten Novemberwoche, als alle Restaurants schließen beziehungsweise nur noch Essen zum Abholen anbieten durften, um 33 Prozent drastisch ein. Die Anzahl der Parkvorgänge in der Marienplatzgarage sank am stärksten von 4171 auf 2479.
Als dann am 6. November die Eilentscheidung des OB zum kostenlosen Parken in der ersten Stunde umgesetzt wurde, erholten sich die Zahlen jedoch kaum, sondern stiegen nur ganz leicht wieder auf 2685 in der Folgewoche und 2899 in der Woche danach.
In den anderen drei städtischen Garagen war der Rückgang nicht ganz so stark, aber ebenfalls spürbar. Die Zunahme in der Folgewoche fiel hingegen nur minimal aus beziehungsweise sank nach einer weiteren Woche schon wieder. Nüchternes Fazit der Expertin: „Es gibt keine Erkenntnisse über Zusammenhänge der Anreizwirkung der Parkierungstarife und der Stärkung des Einzelhandels unter Pandemiebedingungen.“Andererseits, so räumte Jungnitz ein, wisse man natürlich nicht, wie stark der Einbruch der Zahlen im „Lockdown light“ohne das kostenlose Parken gewesen wäre.
Oberbürgermeister Daniel Rapp hatte im Gegensatz dazu Mitte des Monats von einem „deutlich erkennbaren positiven Effekt“durch die Stunde kostenfreies Parken gesprochen. Der OB berief sich dabei vermutlich auf dieselben Zahlen, interpretierte sie jedoch offensichtlich viel optimistischer. Trotz der ernüchternden Zahlen der Mobilitätsexpertin blieb die CDU-Fraktion bei ihrem Antrag, die Regelung zu verlängern, weil 30 Prozent des Jahresumsatzes
im Einzelhandel auf die Monate November und Dezember fallen. Unterstützt wurden die Christdemokraten von Markus Waidmann (FDP) und letztendlich auch Frank Walser (SPD). Letzterer enthielt sich zwar der Stimme, weil er nach eigenen Worten hin- und hergerissen war zwischen der Stärkung des Einzelhandels und dem negativen Effekt, dass dem städtischen Eigenbetrieb RVV dadurch geschätzte Einnahmen in Höhe von 30 000 Euro entgehen werden.
Durch seine Enthaltung verhalf er dem Antrag jedoch zur Mehrheit – bei Stimmengleichheit wäre der Antrag abgelehnt gewesen. Die Grünen als eigentlich stärkste Fraktion waren die Verlierer der Abstimmung im Ausschuss. Fraktionsvorsitzende Maria Weithmann hatte vergeblich dafür plädiert, den Einzelhandel durch „intelligentere Maßnahmen“als einer Stunde kostenlosem Parken zu unterstützen, etwa durch die Förderung von Kurierdiensten oder die Ausweitung des samstäglichen EinEuro-Bus-tickets auf die anderen Werktage.
Die Entscheidung ist endgültig und muss nicht vom Gemeinderat bestätigt werden.