Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kein Luftreiniger erwünscht
Besorgter Vater aus Bad Schussenried wollte Gerät für die Klasse anschaffen – Stadt und Schule sind dagegen
BAD SCHUSSENRIED - Viele Eltern sorgen sich derzeit an den Schulen um die Gesundheit ihrer Kinder während der Corona-Pandemie. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit wird ständiges Durchlüften zu einer Herausforderung. Luftreiniger könnten hier Abhilfe schaffen. Das dachte sich auch Kai Boss aus Bad Schussenried und schlug den Eltern der Klasse seines Sohnes die Anschaffung eines solchen Geräts vor. Die Zustimmung war groß. Jetzt machen ihm Stadt und Schulleitung allerdings einen Strich durch die Rechnung.
„In Medienberichten wurde ich auf die Luftreiniger aufmerksam und dachte, das wäre eine gute Gelegenheit, Eigeninitiative zu zeigen“, sagt der 42-jährige Familienvater. „Ich wollte das Gerät für die Klasse meines Sohnes sponsern und war dann doch sehr überrascht, dass mein Vorschlag bei der Stadt abgelehnt wurde.“
In diesem Fall handelt es sich um die Drümmelbergschule in Bad Schussenried, sein Sohn besucht dort die zweite Klasse der Grundschule. „Ich habe die Eltern in der WhatsApp-Gruppe gefragt, ob sie da mitmachen würden und die Resonanz war sehr positiv“, erzählt Kai Boss. „Uns geht es darum, die Schule offenzuhalten und unsere Kinder und auch die Klassenlehrerin zu schützen.“Mit einer Absage der Stadt, die in diesem Fall Schulträger ist, hätte er nicht gerechnet.
„Wir haben uns über die Initiative von Herrn Boss gefreut und dessen Vorschlag, als private Spende einen Luftreiniger aufzustellen“, sagt der Bad Schussenrieder Bürgermeister
Achim Deinet. „Die Sorgen der Eltern in Schulen und Kindergärten beschäftigen uns täglich – mit äußerst unterschiedlichen Sichtweisen. Die Frage nach einem Luftreiniger haben wir geprüft und uns aus verschiedenen Gründen auch in Abstimmung mit der Schulleitung dagegen entschieden.“Achim Deinet bezieht sich auf eine
Aussage des Umweltbundesamtes (UBA), welches dem generellen Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte kritisch gegenübersteht. In einer Pressemitteilung des UBA heißt es: „Das Umweltbundesamt hält den Einsatz lediglich in Ausnahmefällen als zusätzliche Maßnahme zum klassischen Lüften für gerechtfertigt.“
Auch der Gemeindetag BadenWürttemberg stützt sich auf diese Aussage, da die aktuellen Fördermittel des Kultusministeriums während der Corona-Krise ohnehin nicht für die Anschaffung solcher Geräte in allen Klassenzimmern ausreichen. Beim Fensterlüften sei immer noch der beste Luftaustausch gewährleistet, heißt es in einer Pressemitteilung. Und weiter: „Mobile Luftreinigungsgeräte kommen deshalb vorrangig für Räume in Betracht, wo eine Fensterlüftung nicht in ausreichendem Maße möglich ist.“
Kai Boss stellt sich hier die Frage, wie das wohl im Winter sein soll. „Jetzt kommen die Kinder ja schon verfroren nach Hause, weil ständig gelüftet wird.“Er versteht nicht, warum seine Spende abgelehnt wird: „Der Luftreiniger schadet schließlich keinem und wäre nur eine zusätzliche Möglichkeit, den Luftaustausch sicherzustellen“, so der zweifache Familienvater.
Bürgermeister Deinet sieht da beim Thema Gleichbehandlung ein Problem, das würde dann in „allen Betreuungseinrichtungen und Schulen unweigerlich aufpoppen“. Darüber hinaus sei es natürlich auch eine Frage der Investitionen, die getätigt werden müssten, und zwar in allen Schulen, allen Klassen, allen Fachräumen, allen Aufenthaltsräumen und auch in den Kinderbetreuungseinrichtungen und dort in jeder Gruppe. „Auch sicherheitstechnische Fragen haben uns zusätzlich bei unserer Entscheidung geleitet, denn alle Geräte bedürfen einer entsprechenden Prüfung mit Wiederholungen in vorgeschriebenen zeitlichen Abständen, wenn sie in Schulen aufgestellt werden“, so Deinet. Diese Investitionskosten und Folgekosten müsste die Stadt dann in „wirtschaftlich äußerst schwierigen Zeiten schultern, wenn die Geräte ohnehin wirkungslos sind“.
Dass die Geräte wirkungslos sein sollen, dem widerspricht Kai Boss: „Ich kenne Grundschulen, an denen jedes Klassenzimmer mit einem Luftreiniger ausgestattet wurde“, sagt er. „Im Winter ist es einfach nicht möglich, so viel zu lüften wie im Sommer.“Ihm gehe es dabei lediglich um die Gesundheit. „Es war ein Angebot von mir, das Gerät zu bezahlen. Andere Eltern hätten das ja auch machen können“, sagt Boss. „Ich finde jetzt allerdings, dass sich die Stadt schon eine Alternative zum Lüften überlegen sollte.“