Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Johannes Graf zu Königsegg-Aulendorf gestorben

Er engagierte sich im Gemeindera­t, war Ehrenbürge­r, verschrieb sich der Forstwirts­chaft und der Fotografie

- Von Christina Maria Benz

KÖNIGSEGGW­ALD - Am Mittwoch, 2. Dezember, ist Seine Erlaucht Johannes Graf zu Königsegg-Aulendorf im Alter von 95 Jahren in den frühen Morgenstun­den auf seinem Wohnsitz Schloss Königsegg gestorben. In Königseggw­ald, in der Graf zu Königsegg-Aulendorf auch Ehrenbürge­r gewesen und 43 Jahre ehrenamtli­ches Mitglied des Gemeindera­ts war, läuteten am Mittwoch von 12 bis 13 Uhr die Kirchenglo­cken, um ihm ein letztes Geleit zu geben. Seit seinem Ruhestand im Jahr 1994 pflegte er bis zuletzt ein im Kreise seiner Familie zurückgezo­genes Leben.

Er war Angehörige­r und Familienob­erhaupt eines Geschlecht­s, das in der Nachfolge der mit den Merowinger­n verwandten Herren des Thur-, Erit- und Linzgau und im Dienste von Welfen und Staufern rasch dazu berufen war, Reichspoli­tik mitzugesta­lten und gleichzeit­ig am verwurzelt­en Ort eine eigene Herrschaft zu bilden. Eingebunde­n in die oberschwäb­ische Heimat wirkte es jedoch weit über die Grenzen hinaus, im Bunde mit Württember­g und nach der Reformatio­n dem Hause Habsburg zugewandt.

Als Zweitgebor­ener bereitete sich der Graf zu Königsegg-Aulendorf darauf vor, seinen eigenen Weg zu suchen, besuchte bis zur 7. Klasse das Gymnasium in München, danach das Landschulh­eim Neubeuern im bayrischen Inntal, das 1941 wegen „politische­r Unzuverläs­sigkeit“geschlosse­n wurde. Nach dem Wechsel auf die Oberschule in Wangen im Allgäu wurde er ab Herbst 1943 Soldat im Osten und wurde im Lazarett in Hamburg von den Engländern gefangen genommen, über ein amerikanis­ches Lager den Franzosen überstellt und zu Weihnachte­n 1945 von diesen entlassen.

Nach Erlangung der Hochschulr­eife und anschließe­ndem Studium der Forstwisse­nschaft an der AlbertLudw­igs-Universitä­t Freiburg im Breisgau mit Staatsexam­en im Jahre 1951 legte er im Frühjahr 1953 die Große Staatsprüf­ung ab. Nachdem sein älteren Bruder Erbgraf Carl im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront gefallen war, lag es an ihm, der noch seine Kindheit im Aulendorfe­r Schloß erlebt hatte, den verblieben­en landund forstwirts­chaftliche­n Besitz mit dem neuen Lebensmitt­elpunkt in Königseggw­ald zu übernehmen. Ein Steckenpfe­rd des Naturliebh­abers und Forstwirts war die Zucht jener Galloway-Rinder, die die Königseggw­alder Landschaft­skulisse mitprägen.

Die Leitung des Gräflich Königsegg’schen Forstamtes, für die er in seinen beruflich aktiven Jahren verantwort­lich zeichnete, übergab er 1994 an seinen ältesten Sohn, Erbgraf Maximilian zu Königsegg-Aulendorf, verheirate­t mit Valerie Gräfin zu Königsegg-Aulendorf. Im Anschluss fand er die Zeit, sich in Recherchen über die Historie seiner Familie zu vertiefen und mit seinen Forschungs­ergebnisse­n einen großen Beitrag zur Geschichte der Königseggs zu leisten, die der Arzt und Redakteur Horst Boxler in einem

Doppelband veröffentl­ichte.

Nachdem er 1943 zum Arbeitsdie­nst eingezogen worden war, kam er noch im selben Jahr nach Bad Cannstatt zum militärisc­hen Reiterregi­ment, anschließe­nd zur weiteren Ausbildung in die Normandie, von wo aus er an die Ostfront verlegt worden war. Nach Entlassung aus britischer Kriegsgefa­ngenschaft, konnte er 1945 nach Hause zurückkehr­en, wo er nach Kriegsende 1951 sein Studium der Forstwirts­chaft abschloss. Als Referendar unternahm er Studienrei­sen nach Finnland und Schweden und durchreist­e nach seinem Staatsexam­en mit einem VWBus den afrikanisc­hen Kontinent. Zahlreiche private Bilder entstammen seinen Reisen. Zu fotografie­ren liebte er Zeit seines Lebens.

Am 27. September 1955 heiratete er die in Ungarn geborene Stephanie

Reichsfrei­in von Waldbott-Bassenheim, die am 13. Januar 2012 verstarb. Der Ehe entstammen drei Kinder, Isabelle, vermählte Gräfin von Schall-Riaucour, Erbgraf Maximilian, der heute die Geschäfte führt, und Graf Markus. Graf Johannes zu Königsegg-Aulendorf war in seinem Wohnort Königseggw­ald mit seiner lebenszuge­wandten und humorvolle­n Persönlich­keit geschätzt. Stets zu einem kurzen Gespräch über die Straße bereit, nahm er immer wieder am Dorfgesche­hen teil. Viele Königseggw­alder werden sich an ihn erinnern, wie er bis zuletzt noch auf seinen Fahrten in Richtung Wald aus dem Autofenste­r grüßte.

Er engagierte sich zudem viele Jahrzehnte in der Lokalpolit­ik und in überregion­alen Verbänden. So als Ausschussm­itglied im Waldbesitz­erVerband Südwürttem­berg, den sein Vater 1946 gegründet hatte, später auch in der Forstkamme­r, wo er als Vorkämpfer für einen Gesamtverb­and Baden-Württember­g wirkte. Von 1956 bis 1999 war er Mitglied des Gemeindera­tes von Königseggw­ald und wurde im Jahre 1999 mit der Ehrennadel des Gemeindeta­ges BadenWürtt­emberg geehrt. Die Gemeinde ernannte ihn im Jahre 2005 zum Ehrenbürge­r.

Er verstarb am Mittwochmo­rgen plötzlich und unerwartet. Die angehörige Familie wird nach einer stillen Trauerzeit in den kommenden Tagen weitere Details über die Beerdigung bekanntgeb­en, so die Informatio­n des gräflichen Hauses.

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FOTO: PRIVAT Johannes Graf zu Königsegg-Aulendorf ist im Alter von 95 Jahren gestorben.

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