Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Biberacher Veterinäramt im Fokus
Diskussion um den Schlachthof geht weiter – Erstmal keine neue Stelle fürs Veterinäramt
BIBERACH - Die Vorwürfe über Verstöße gegen den Tierschutz im Schlachthof Biberach lassen den Kreisräten weiterhin keine Ruhe. In der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses am Mittwoch wurde heftig wegen einer neuen Stelle fürs Kreisveterinäramt diskutiert. Am Ende wurde die Stelle, die sich mit der Sachbearbeitung im Tierschutzverfahren befassen soll, mehrheitlich mit neun zu sieben Stimmen abgelehnt. Allerdings stimmte das Gremium bei einer Enthaltung dafür, die Stelle mit einem Sperrvermerk zu versehen und im ersten Quartal 2021 nochmals darüber abzustimmen.
Bei der Diskussion im Ausschuss klang an, dass die Mitarbeiter des Veterinäramts in Biberach offenbar bereits seit längerer Zeit mit ihren Aufgaben überfordert sind. „Es gibt Überlastungsanzeigen von nahezu allen Mitarbeitern“, bestätigte auch Walter Holderried, Erster Landesbeamter, der die Kreisausschüsse in Abwesenheit von Landrat Heiko Schmid leitet. In einer Stellungnahme des Landkreises zu der geplanten Stelle geht des Weiteren hervor, dass das Veterinäramt drohe, aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands, handlungsunfähig zu werden, wenn keine neuen Stelle geschaffen werde.
Deshalb bat Walter Holderried die Ausschussmitglieder am Mittwoch eindringlich, die neue Stelle für das Jahr 2021 zu genehmigen. „Wir brauchen diese Stelle dringend, damit wird handlungsfähig bleiben.“Und das habe nichts mit dem aktuellen Vorfall im Schlachthof zu tun, die Stelle sei längst überfällig und wurde bereits vor Wochen in den Haushaltsplan mit aufgenommen. Holderried stellte auch klar, dass es sich bei der Stelle nicht um eine Stelle im Tierschutz handele, sondern um eine Verwaltungsstelle, die die Veterinäre bei ihren vielen bürokratischen Aufgaben, die sie zu erledigen haben, entlasten soll.
Die Kreisräte wollten der Stelle jedoch nicht mehrheitlich zustimmen, weswegen sie mit einem Sperrvermerk versehen wurde. Es herrschte Uneinigkeit darüber, ob die Stelle zum aktuellen Zeitpunkt sinnvoll sei. „Das Thema rund um die schrecklichen Zustände auf dem Schlachthof braucht eine gründliche Aufarbeitung, wir wollen einen Statusbericht zum Vorgehen des Veterinäramts“, sagte Kreisrat Roland Wersch (CDU) und forderte deshalb den Sperrvermerk. Dem konnte die Freie Wähler Vereinigung nur zustimmen: „Auch wir halten eine lückenlose Aufklärung für sinnvoll“, sagte Mario Glaser. „Wir wollen keine Schnellschussreaktion.“Zumal das Thema ein systematisches Problem darstelle und es sich hier um eine staatliche, hoheitliche Aufgaben drehe. Glaser habe sich aus genau solchen Gründen, wie sie jetzt ans Licht kommen, vor mehr als 25 Jahren dazu entschieden, kein Fleisch mehr zu essen: „Wenn nur jeder halb soviel Fleisch essen würde, wie er es gerade tut, wäre schon geholfen.“Dass etwas getan werden muss, ist für ihn klar: „Nach der Aufarbeitung werden wir nochmals über die Stelle abstimmen.“
Ähnlich sah das auch Franz Lemli (SPD): „Es kann nicht sein, dass Tierschützer hier Aufklärungsarbeit leisten, es ist die Aufgabe unseres Veterinäramts, solche Dinge aufzudecken. Wir brauchen erst einmal dringend ein transparentes Konzept. Wir wollen nicht, dass alles totgeschwiegen wird.“Im Vordergrund solle der Tierschutz stehen.
„Jetzt haben wir die Chance, das Thema klar aufzuarbeiten“, sagte auch Kreisrat Clemens Graf Leutrum (CDU). „Die Gesellschaft hat das Schlachten von Tieren völlig ausgeblendet. Ich bin froh, dass es jetzt aufs Tableau kommt.“Mit einer neuen Stelle sei es allerdings nicht getan.
Ganz anders sahen das Grüne und ÖDP: „Wir brauchen diese Stelle längst ganz dringend. Wir müssen heute anfangen, am besten schon vorgestern“, sagte Elmar Braun (Grüne). „Wir wollen, dass das Veterinäramt Missstände aufdeckt und kein Missstand ist.“Es könne nicht sein, dass eine „fundamentalistische Tierschutzgruppe“komme und einfach filme. „Wir wollen, dass die Tiere bei uns gut leben und auch gut sterben, am besten in einem regionalen Schlachthof.“Dafür müsse aber auch das Veterinäramt gut aufgestellt sein.
Unterstützung gab es dafür von Kreisrat Thomas Makary (Grüne): „Ich weiß aus erster Hand, dass das Veterinäramt massiv unterbesetzt ist, die ersticken im Papierkram.“Auch Peter Bloching (ÖDP) kennt die Zustände: „Das Veterinäramt macht nur noch zu einem kleinen Prozentteil Betriebskontrollen, früher waren sie an jeder Kuh dran.“Dass die Stelle nicht sofort genehmigt werde, gehe alles auf Kosten des Tierwohls und am Ende auf Kosten unserer Gesundheit.