Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Im Wirtshaus zur zünftigen Abholung
Gastronom zu sein, ist auch ohne eine weltumspannende Seuche oft genug kein Zuckerschlecken. Es braucht immer gute Gründe, warum man einem Wirt oder Koch seine Zuneigung schenkt, statt daheim selbst am Herd zu stehen. In diesen ungeselligen Zeiten tut es schon ein bisschen weh, die geselligen Qualitäten des Ravensburger Wirtshauses Mohren als guten Grund zu loben, weil sie ja im Augenblick nur in der Erinnerung existieren – und natürlich in der hoffenden Vorfreude, auf dass der ungastliche Spuk bald vorbei sein möge.
Bis es soweit ist, hat sich der Mohren vorgenommen, aus der Not eine Tugend zu machen. Was sich am überaus professionellen Auftritt der Internetseite ablesen lässt. Dort wird zwar auch bedauert, dass der Laden zwangsläufig von Amtswegen zu hat. Aber in erfrischender Klarheit und Übersicht stellen die Betreiber eine Verlinkung zum hauseigenen Onlineshop fürs zielgerichtete Vorbestellen zur Abholung bereit. Damit lässt sich schon Tage zuvor gemütlich durch die durchaus umfangreiche Abholkarte surfen, das Menü im virtuellen Warenkorb ablegen, eine genaue Abholzeit definieren – und schließlich bargeldlos per Kreditkarte oder mit dem Online-Zahlungsdienstleister Paypal die Rechnung begleichen.
Das Angebot des Wirtshauses Mohren zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche Abholkarte aus, die den Spagat zwischen schwäbischer Traditionsküche, Burger-Seligkeit und exotischeren Schattierungen mit Falafel oder Thai Curry übt. Pünktlich zur vereinbarten Zeit packt die Küche die Bestellung frisch ab und überreicht sie durch den gastfreundlichen Service. Klug und liebevoll sind die Speisen in Papier und das nur schwer vermeidbare Plastik gehüllt.
Von Erich Nyffenegger
Klug, weil Warmes vom Kalten getrennt ist. Liebevoll, weil die Sorgfalt des Anrichtens durch die transparenten Tellerdeckel schimmert. Der Vorteil dabei: dieses Geschirr verträgt ein zeitversetztes Aufwärmen in der Mikrowelle.
Der positive Eindruck beginnt beim tadellos frischen Salatteller, angereichert mit hübsch feurigem Humus sowie frittierten Falafelbällchen. Das in feine Stifte geschnittene Gemüse bietet knackige Vielfalt, abgerundet mit sämig-säuerlichem Dressing.
Der Kartoffelsalat, stets ein guter Gradmesser für die Frage, ob ein Koch die schwäbische Seele versteht, stellt dem Mohren ein gutes Zeugnis aus: schlotzig, ohne fettig zu sein, würzig, ohne zu sauer zu sein. Der Wirtshausburger vereint mit leckerer Soße, Salat und Röstzwiebeln diverse Geschmacksnoten der rustikalen Art. Das Fleisch wäre, hätte es keinen Transport zum heimischen Esstisch gebraucht, saftiger gewesen.
Kaum Angriffsfläche für Tadel bieten die Bergkäsespätzle, die alles haben, was dieses schwäbische Leibgericht braucht: Spätzle mit Biss, Käse
mit Geschmack und Röstzwiebel mit einer gewissen Süße. Ein weiteres Aushängeschild der Mohren-Küche ist das Bauernschnitzel, im Prinzip ein Cordon bleu, gefüllt mit Käse und Speck. Eine überaus saftige Angelegenheit mit Knusperkruste und einem mittleren Gebirge von Pommes frites – sehr ordentlich und durchaus leibspeistauglich.
Routiniert auch der Abschluss mit einer sahnigen Panna Cotta. Insgesamt eine im wahrsten Sinne des Wortes satte Leistung. Ein Menü, das die Vorfreude Zeiten anfacht, in denen Gastronomen wieder richtige Gastgeber sein dürfen.
Wirtshaus Mohren Marktstr. 61,
88212 Ravensburg
Tel. 0751/ 18054310 www.mohren-ravensburg.de Abholung Montag-Samstag von 11.30-14 Uhr und 17-20.30 Uhr, Sonntag Ruhetag. Hauptgerichte 9,80-26 Euro.
Weitere Folgen finden Sie unter www.schwäbische.de/aufgegabelt