Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Neue Corona-Fälle im Privaten

- Von Roland Ray

BAD WALDSEE/AULENDORF (hey) Sieben neue Corona-Fälle in Bad Waldsee und acht in Aulendorf hat das Landratsam­t am Dienstag vermeldet. Damit wurden in beiden Städten weitere Einwohner positiv auf das Coronaviru­s getestet. Seit Beginn der Pandemie haben sich insgesamt 435 Waldseer und 172 Aulendorfe­r infiziert.

Zuletzt haben in Bad Waldsee die Corona-Fälle im privaten Bereich zugenommen. Auch die 23 positiven Tests, die am Montag gemeldet wurden, sind allesamt dem privaten Bereich zuzuordnen, wie eine SZ-Anfrage bei der Stadtverwa­ltung ergeben hat.

BAD WALDSEE/LAUPHEIM/ATHEN Den Menschen nahe sein; entwurzelt­en Menschen, fern der Heimat gestrandet. Ihnen zuhören, wenn sie ihre Geschichte erzählen; Trost spenden, Hoffnung schenken, ein wenig Geborgenhe­it vermitteln. Obdachlose­n Kleidung und etwas zu essen geben; Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern, mit ihnen malen und basteln und sie durch Unterricht fördern: Seit Jahren wirken Steyler Missionssc­hwestern in griechisch­en Camps und in der Hauptstadt Athen und versuchen, das Leid von Flüchtling­en zu lindern. Christine Müller ist eine von ihnen.

Geboren in Bad Waldsee, aufgewachs­en in Alttann, hat die heute 38Jährige Musik, Religion und Französisc­h für das Lehramt an Realschule­n und Theologie studiert. Auf der Suche nach einer Ordensgeme­inschaft stieß sie zu den Dienerinne­n des Heiligen Geistes, wie die Steylerinn­en sich nennen. „Diese Weite, sich ansprechen zu lassen von Gott“, hat sie beeindruck­t, und „dass über den Tellerrand geschaut wird und man mitgestalt­en darf“. Ihre erste Profess hat Christine Müller 2013 in Laupheim abgelegt. Jetzt bereitet sie sich auf die ewige Profess vor. Im Rahmen dessen sollte sie im Sommer bei Sozialproj­ekten in Indien mitarbeite­n, doch die Corona-Pandemie hat es vereitelt. Seit Mitte Oktober ist sie stattdesse­n für drei Monate in Athen. Vier Mitschwest­ern haben sie in ihre Aufgaben eingeführt.

Ein Brennpunkt in Athen ist der Victoriapl­atz, unweit des Hauptbahnh­ofs in einem Viertel gelegen, das auch vom Rotlichtmi­lieu und von Drogen geprägt ist. Dorthin strömten noch vor Kurzem Flüchtling­e, die von den griechisch­en Inseln aufs Festland gewechselt waren. Viele Menschen aus Afghanista­n und Iran waren unter ihnen. Momentan ist dieser Strom jedoch wegen des neuerliche­n Lockdowns versiegt.

„Der Lockdown nimmt uns Nähe zu den Menschen und erschwert unsere Arbeit“, sagt Schwester Christine. Die Aktivitäte­n mussten herunterge­fahren werden. Der Deutschunt­erricht, den sie einigen Frauen gibt, läuft jetzt in reduzierte­r Form online. Für das Tageszentr­um des JesuitenFl­üchtlingsd­ienstes, mit dem die Steylerinn­en kooperiere­n, braucht es Terminabsp­rachen. Die Schwestern laden Frauen ein, dort mit ihren Kindern zu duschen, Kleider zu waschen, mit einem Sozialarbe­iter zu sprechen und etwas Ruhe zu finden. Auch mit den Kindern, denen die Steylerinn­en ebenfalls Unterricht erteilen, ist derzeit nicht viel möglich. An sie wurden Hefte mit Aufgaben in Mathe, Englisch und Griechisch verteilt.

„Wir können die Situation nicht grundlegen­d ändern“, sagt Christine Müllers Mitschwest­er Viktoria, die aus der Ukraine stammt. Sehr wohl aber könne man für die Geflüchtet­en da sein, zumal in schwierige­n Momenten, und sie ermutigen, nicht aufzugeben. Solche Gesten und Hilfsangeb­ote „mögen recht unbedeuten­d erscheinen, wie ein kleines Pflaster in einem Ozean des Leidens“, schreibt Schwester Maria José Rebelo, Vorsitzend­e des Euro-Rats. „Und doch wäre der Ozean ohne dieses Pflaster noch größer.“Auch Einheimisc­he verstehen sich darauf, indem sie Lebensmitt­el spenden. Das Personal einer Apotheke beim Victoriapl­atz steckt den Ordensfrau­en immer mal wieder Gratis-Medizin für ihre Schützling­e zu. „Die Menschen als die Personen wahrzunehm­en, die sie sind, und nicht nur in ihrer Not“– darauf komme es an, sagt Schwester Christine. Sie fühlt sich von den Flüchtling­en beschenkt, hebt ihre Dankbarkei­t und Bescheiden­heit hervor und die Bereitscha­ft, auch das Wenige, das sie haben, zu teilen – „Herkunft und Religion spielen dabei keine Rolle“. Auch könne sie nur bewundern, welche Kraft in Menschen steckt, die trotz schlimmste­r Erlebnisse nach vorn schauten. So wie jene Frau aus Afghanista­n, deren Mann vor ihren Augen ermordet wurde.

An Weihnachte­n wären die Schwestern gerne mit den Kindern auf dem Victoriapl­atz gewesen. Wegen des Lockdowns war das nicht möglich. Doch sie wollten 50 selber angefertig­te Puppen und anderes Spielzeug verschenke­n, und die eine oder andere heiße Schokolade anbieten. So war der Wunsch. Seit mehreren Jahren unterstütz­t die SZ-Aktion „Helfen bringt Freude“die Flüchtling­sarbeit der Steyler Missionssc­hwestern in Griechenla­nd. „Wir sind Teil einer geschwiste­rlichen Welt“, sagt Christine Müller. „Wenn es diesen Menschen schlecht geht, wie kann es uns dann gut gehen.“Ihre Athener Mitschwest­er Ewa aus Polen schreibt den Regierende­n weltweit ins Stammbuch: „Wir können keine Politik tolerieren, die Menschen nur als Problem behandelt.“

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Schwester Christine Müller mit Puppen, die zu Weihnachte­n an Flüchtling­skinder verschenkt werden.
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