Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Mehr als 400 Ausbildungsplätze unbesetzt
So steht es um die Azubis im Landkreis Ravensburg
KREIS RAVENSBURG (sz) - Im Ausbildungsjahr 2020 haben 3021 junge Menschen im gesamten Gebiet der Handwerkskammer Ulm eine Ausbildung im Handwerk begonnen. Nach sechs Jahren Zuwachs an neuen Auszubildenden in Folge, seien das im Corona-Jahr 153 Azubis weniger als im Vorjahr. Wie die Handwerkskammer Ulm in ihrer Pressemitteilung weiter schreibt, entspricht das einem Minus von 4,8 Prozent zum Stand 31. Dezember 2020. Auch 444 Abiturienten sähen eine handwerkliche Ausbildung als wertvolle Grundlage für ihr Berufsleben. Der Abiturientenanteil stieg im Krisenjahr auf 14,7 Prozent (Vorjahr 13,7 Prozent).
Im Landkreis Ravensburg hätten sich 743 junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entschieden. Dies entspreche einem Plus von 3,2 Prozent. Der Abiturientenanteil liege hier bei 15,8 Prozent. „Im Handwerk bekommt jeder eine Chance, die jungen Menschen brauchen sie nur zu ergreifen. Es gibt noch viele freie Lehrstellen. Der Ausbildungswille unserer Betriebe ist trotz vieler Unsicherheiten vorhanden“, wird Michael Bucher, Kreishandwerksmeister der dortigen Kreishandwerkerschaft und Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Ulm, zitiert und ergänzt: „Handwerksbetriebe sind krisensichere Arbeitgeber. Das hat die Krise gezeigt. Für die jungen Leute ist eine Lehre im Handwerk eine wunderbare Alternative, egal ob mit oder ohne Abitur. Wir sind zuversichtlich, dass die Ausbildungszahlen
2021 wieder Fahrt aufnehmen.“In den Handwerksbetrieben im Landkreis Ravensburg sind aktuell 131 Lehrstellen unbesetzt.
Die Pandemielage habe den Kontakt zwischen suchenden Jugendlichen und suchenden Handwerksbetrieben merklich erschwert. Die Berufsorientierung sei mit dem Unterricht oft ausgefallen, Schüler hätten keine Praktika absolvieren, keine Berufsmessen
besuchen und keine Angebote der Schule wahrnehmen können, um Berufe kennenzulernen. Der Handwerkskammer Ulm zufolge wirkt ein zweiter Aspekt sichtbar auf den Rückgang der Zahlen in diesem Ausbildungsjahr ein: Geflüchtete hätten in den vergangenen Jahren viele unbesetzte Ausbildungsstellen ausgefüllt, in diesem Jahr hätten nur noch 176 Geflüchtete im gesamten
Gebiet der Handwerkskammer Ulm eine Ausbildung begonnen. Das seien deutlich weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge als im Vorjahr (2019: 259 Geflüchtete). Auch durch die Corona-Krise verkomplizierte Aus- und Einreisebedingungen sowie bürokratische Vorgaben hätten den Start für Migranten in einen Handwerksberuf erschwert.
„Nach wie vor haben die jungen Menschen großes Interesse an Elektround Metallgewerken wie auch an Bau- und Holzgewerken“, teilt die Handwerkskammer weiter mit. Unter den zehn beliebtesten Ausbildungsberufen finden sich demnach Kraftfahrzeugmechatroniker, Elektroniker, Anlagenmechaniker, Zimmerer, Maurer und Schreiner. Entgegen der vergangenen Jahre, und teils auch dem Lockdown geschuldet, verzeichneten hingegen beispielsweise Friseure einen Rückgang bei den neuen Azubis. Derzeit seien im gesamten Gebiet der Handwerkskammer Ulm noch 434 Ausbildungsplätze unbesetzt.
Die Suche vieler Handwerksbetriebe fürs neue Lehrjahr läuft bereits. Junge Menschen, die eine Ausbildung im Handwerk beginnen möchten, können sich online im Lehrstellenradar der Handwerkskammer Ulm über freie Ausbildungsplätze in ihrer Nähe informieren (www.lehrstellen-radar.de). Die Ausbildungsberater der Handwerkskammer Ulm helfen bei Fragen zum Thema Ausbildung gerne weiter und vermitteln Ausbildungsstellen oder Praktika auch direkt.