Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Rekord bei „Stunde der Wintervögel“
BERLIN (dpa) - Im derzeitigen Lockdown haben sich laut Naturschutzbund (Nabu) besonders viele Naturfreunde Zeit für die „Stunde der Wintervögel“genommen. Nach Angaben des Verbandes vom Dienstag beobachteten rund 175 000 Menschen bundesweit die Vögel in Parks und Gärten – so viele wie noch nie. 4,2 Millionen Vögel wurden gezählt.
„Das Zwischenergebnis hat damit bereits die bisherige Rekordteilnahme aus dem Vorjahr weit übertroffen“, sagte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Eine endgültige Auswertung will der Nabu ab Ende Januar vornehmen, wenn alle Teilnehmer ihre Beobachtungen gemeldet haben.
Beobachtungen können unter www.NABU.de/onlinemeldung noch bis 18. Januar gemeldet werden.
LONDON/READING (dpa) - Olly hat keine Chance. Mehrere Angreifer stechen auf ihn ein, von einem „Hinterhalt“ist später in der britischen Presse die Rede. Olly stirbt in einem Park in einem Vorort von Reading. Er ist 13 Jahre alt, gerade erst ein Teenager. Seine Mörder: Gleichaltrige. Es ist der jüngste Höhepunkt einer Welle von Jugendgewalt, vor allem mit Messern, die Großbritannien schon seit Jahren in Atem hält. Von der „Generation Knife Crime“ist die Rede, der „Generation Messergewalt“. Die Regierung wirkt hilflos.
Das Problem trifft auch andere Altersgruppen. Seit 2014/15 – das statistische Jahr endet im März – hat sich die Zahl der Vorfälle, bei denen Messer oder scharfe Gegenstände eingesetzt wurden, insgesamt fast verdoppelt. 2019/20 wurden in England (ohne die Region Greater Manchester) und Wales rund 46 000 Fälle erfasst. Betroffen sind vor allem junge Männer zwischen 18 und 24 Jahren. Aber Täter und Opfer werden immer jünger. So stieg die Zahl der Taten von unter 18-Jährigen allein zwischen 2016 und 2018 um 77 Prozent, die Zahl der unter 16-jährigen Krankenhausopfer verdoppelte sich seit 2012 fast.
Auch in Deutschland werden häufig Messerattacken gemeldet. Doch Belege für einen bundesweiten Anstieg liegen nicht vor, denn noch immer gibt es – anders als in England – keine einheitlichen Statistiken.
Die Gründe für Messerangriffe sind vielschichtig. Klar ist, dass vor allem Jugendliche aus ärmeren Gegenden betroffen sind. Der britische
Jugendrat nennt Armut und Ungleichheit als Ursachen. „Die Wurzel des Problems ist, dass Menschen Spaltung und Unsicherheit nicht mögen“, schreiben die Wissenschaftler James Densley von der Uni Oxford und Michelle Lyttle Storrod von der US-amerikanischen Uni Rutgers. „Sie sind frustriert, wütend.“Einige richteten ihre Wut nach außen – sie greifen an und morden.
Die Zukunft junger Menschen sei oft ungewiss, betonen die Autoren – und verweisen auch auf die zunehmende Verschuldung von Schülern und Studenten sowie dem Ende der
Freizügigkeit aufgrund des Brexits. „Wenn die Gesellschaft von Misstrauensgefühlen zerrissen wird, sind junge Menschen, die in ihrem Leben bereits Schwierigkeiten erlebt haben oder von Institutionen enttäuscht wurden, besonders gefährdet.“
Kritiker werfen der britischen Regierung vor, mit rigiden Sparmaßnahmen zum Erstarken der Jugendgewalt beigetragen zu haben. So wurden in den vergangenen Jahren Hunderte Jugendzentren geschlossen und Hunderte Millionen Pfund für Jugendbelange gestrichen. Außerdem waren in den 2010er-Jahren fast 20 000 Polizeistellen abgebaut worden, erst seit Kurzem wird wieder aufgestockt.
Dafür versucht die Regierung, mit einem harten Durchgreifen die Gewalt einzudämmen. Wer ein Messer trägt, muss mit schweren Strafen rechnen. Doch vielerorts werde der Polizei entweder misstraut oder sie sei aufgrund von Sparmaßnahmen gar nicht in der Lage, Präsenz zu zeigen, betonen Experten. „In solchen Situationen verwundert es nicht, dass junge Menschen es als gerechtfertigt oder notwendig ansehen, eine Waffe zu tragen“, betont der Kriminologe