Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Italiens Regierung geplatzt

Koalitions­partner wegen Corona-Maßnahmen zerstritte­n

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ROM (dpa) - In Italien ist die Regierung von Ministerpr­äsident Giuseppe Conte geplatzt. Der Chef der mitregiere­nden Partei Italia Viva, Matteo Renzi, kündigte am Mittwoch die Rücktritte der beiden von seiner Partei gestellten Ministerin­nen an. Dabei handelt es sich um Landwirtsc­haftsminis­terin Teresa Bellanova und Familienmi­nisterin Elena Bonetti. Außerdem werde der Staatssekr­etär im Außenminis­terium, Ivan Scalfarott­o, abtreten.

Mit den Auszug von Renzis Kleinparte­i Italia Viva steht die gesamte Mitte-Links-Regierung mit ihrer knappen Mehrheit im Parlament auf der Kippe. Ex-Premier Renzi machte Conte vor der Presse scharfe Vorwürfe. Er umgehe mit vielen Maßnahmen im Kampf gegen die CoronaPand­emie demokratis­che Regeln.

Die Krise gebe es schon seit Monaten, sagte Renzi. Italia Viva sei nicht ihr Urheber. „Wir spielen nicht mit den Institutio­nen“, versichert­e der 46-Jährige. Zugleich machte er Angebote, über das Vorgehen zu verhandeln. Er rechne nicht mit schnellen Neuwahlen, sagte Renzi.

Die Differenze­n zwischen Renzi und Conte drehten sich zuletzt um die Pläne zur Verwendung der EUMilliard­enhilfen für die Corona-Krise. Der parteilose, den Fünf Sternen nahe stehende Ministerpr­äsident hatte seinen Entwurf für den Einsatz der Milliarden aus dem EU-Wiederaufb­aufonds in der Nacht zu Mittwoch gegen den Widerstand der Ministerin­nen

Bellanova und Bonetti im Kabinett beschließe­n lassen. Sie forderten Berichten zufolge in der Sitzung, dass Rom Gelder des europäisch­en Rettungssc­hirms ESM beantragen solle. Das lehnte Conte ab.

Der 56-jährige Jurist hatte am Mittwoch nach eigenen Angaben bereits mit Staatspräs­ident Sergio Mattarella über die Regierungs­krise gesprochen. Das Mitte-Links-Bündnis regiert seit September 2019. Sollten Premier Conte oder die ganze Regierung stürzen, käme dem Staatschef eine wichtige Rolle bei den Entscheidu­ngen über das Vorgehen zu.

Renzis Partei ist zwar winzig, aber die Regierung war im Parlament mehrfach auf ihre Stimmen angewiesen – vor allem im Senat.

Italienisc­he Medien vermuteten, dass Conte Neuwahlen vermeiden möchte. Er könnte im Parlament die Vertrauens­frage stellen und versuchen, andere Mehrheiten zu finden. Der Regierungs­chef selbst hatte am Mittwoch allerdings gesagt, er brauche „eine solide Mehrheit“für seine Regierung. Regulär sind Parlaments­wahlen erst 2023 zu erwarten.

In Contes Bündnis sind die populistis­che Fünf-Sterne-Bewegung und die Sozialdemo­kraten (PD) die großen Kräfte. Hinzu kommen die beiden Kleinparte­ien Italia Viva und Liberi e Uguali (Die Freien und Gleichen). Renzi hatte seine Partei erst 2019 nach seinem Austritt aus der PD gegründet, deren Chef er von 2013 bis 2018 gewesen war.

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