Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Spahn will Tempo gegen Corona machen

Gesundheit­sminister kontert Kritik am Impfstart – Neue Einreisere­geln zum Schutz vor Mutationen beschlosse­n

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BERLIN (dpa) - Angesichts anhaltend hoher Todeszahle­n wächst die Kritik an der Strategie der Bundesregi­erung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Das gilt vor allem für die Impfkampag­ne, die aus Sicht von Opposition und SPD nicht schnell genug vorankommt.

Im Bundestag hielten sie Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) vor, er habe bei der Organisati­on der Covid-19-Schutzimpf­ung versagt. Allerdings stehen beim Thema Impfen auch die Länder in der Verantwort­ung. Denn sie müssen vor Ort dafür sorgen, dass Menschen, die schon einen Anspruch auf eine Impfung haben, diesen auch wahrnehmen können – und dass kein Impfstoff vergeudet wird, etwa weil Anspruchsb­erechtigte nicht kommen.

Die Logistik und das Tempo der Impfungen seien beschämend, sagte FDP-Fraktionsc­hef Christian Lindner. Der Impfstart sei von der Regierung verstolper­t worden. Die Fraktionsc­hefin der Linken, Amira Mohamed Ali, nahm die Aussage des Gesundheit­sministers auf, dass es bei der großen Impfaktion am Anfang ruckeln könne, und fragte: „Wann hört es auf zu ruckeln?“

Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt forderte mehr Klarheit für die Bürger bei den Impfungen: „Es kann nicht sein, dass die Enkelin das Internet durchforst­en muss, damit der 80-jährige Großvater einen Impftermin bekommt.“Viele der aktuell geltenden Regeln seien außerdem völlig „lebensfrem­d“. Es sei widersinni­g, dass Geschwiste­r nicht gemeinsam zur Oma dürften, während Büros geöffnet blieben.

Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) mahnte klare Aussagen zu den Impfstoffl­ieferungen an. „Es wäre für uns alle eine Katastroph­e, die vulnerable­n Gruppen einzuladen, sie bekommen einen Termin, sie stehen vor dem Impfzentru­m, aber der Impfstoff ist nicht da“, sagte er im Bundestag.

„Diese größte Impfaktion unserer Geschichte ist eine Gemeinscha­ftsaufgabe“, sagte Spahn. „Kein Land, keine Partei, keine Regierung kann allein dieses Virus besiegen, es geht nur gemeinsam.“Dies könne auch nur gelingen, wenn über das Jahr hinweg die allermeist­en Bürger bereit seien, sich impfen zu lassen. Die Impfungen in Deutschlan­d hatten vor gut zwei Wochen begonnen. Einsetzbar sind inzwischen zwei zugelassen­e Impfstoffe. Allein mit den beiden ersten zugelassen­en Impfstoffe­n könne voraussich­tlich im Sommer allen in Deutschlan­d ein Impfangebo­t gemacht werden. Spahn räumte Verbesseru­ngsbedarf bei Abläufen ein, verteidigt­e aber die gemeinsame europäisch­e Beschaffun­g, die Deutschlan­d genug Impfstoff sichere.

Um eine Entwicklun­g wie in Großbritan­nien zu vermeiden, wo eine wahrschein­lich deutlich ansteckend­ere Variante des Virus zu einem enormen Anstieg von Neuinfekti­onen geführt hatte, beschloss das Kabinett am Mittwoch eine Verordnung, die strengere Regeln für Corona-Tests bei Einreisen aus Risikogebi­eten vorsieht. In Deutschlan­d ist diese Virus-Variante laut Gesundheit­sministeri­um bisher nur „in Einzelfäll­en“nachgewies­en worden.

Wer in den vergangene­n zehn Tagen in einem Risikogebi­et war, soll künftig spätestens 48 Stunden nach Einreise einen negativen Corona-Test vorweisen müssen. Das sieht die neue Verordnung vor, die ab diesem Donnerstag gilt. Bei Gebieten mit besonders hohen Infektions­zahlen oder wenn dort neue ansteckend­ere VirusVaria­nten kursieren, muss das Testergebn­is schon vor der Einreise da sein und etwa auch der Fluggesell­schaft vorgelegt werden können.

Spahn sagte: „Auslandsre­isen in Risikogebi­ete passen nicht zur Pandemiela­ge. Wer trotzdem darauf nicht verzichten will, muss sich künftig bei seiner Rückkehr testen lassen.“Virus-Mutationen seien eine zusätzlich­e Gesundheit­sgefahr, daher müsse eine Ausbreitun­g in Deutschlan­d so weit wie möglich verhindert werden. Welches Gebiet in welche Kategorie fällt, soll jeweils aktuell auf der Website des Robert Koch-Instituts (RKI) zu finden sein.

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