Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ehemaliger Bankvorstand Albert Maucher ist 100-jährig verstorben
Für sein großes ehrenamtliches Engagement wurde dem aus dem Gaisbeurener Teilort Atzenreute stammenden Mann das Bundesverdienstkreuz verliehen – Ein Nachruf
REUTE-GAISBEUREN - Knapp zwei Monate nach seinem 100. Geburtstag ist Albert Maucher bei einem kurzen Krankenhausaufenthalt verstorben. Den Lebensabend verbrachte er mit seiner Frau Maria im Wohnpark am Schloss in Bad Waldsee. Einige Jahre nach dem Tode seiner Ehefrau wechselte er von seiner Wohnung ins angeschlossene Pflegeheim. Als ältester Bewohner fühlte er sich hier sehr gut aufgehoben. Bis noch vor einer Woche konnte man ihn täglich bei seinen gut einstündigen Rollator-Spaziergängen erleben. Von morgens bis abends waren seine Tage durchstrukturiert. Neben den Mahlzeiten und seinen Ausgängen hatte er feste Zeiten für Zeitungslektüre, Ausruhen und abendliches Fernsehen.
Im Gaisbeurener Teilort Atzenreute als Ältester von sechs Geschwistern geboren, traf ihn die Hofnachfolge. Doch diese verschonte ihn nicht vor der Einberufung und dem Kriegseinsatz in Russland. Schwer an Gelbsucht und Diphtherie erkrankt, entging er im Jahre 1944 der Vernichtung des Infanterieregiments vor Moskau. In einer Dokumentation von Alfred Weißhaupt „Bis alles in Trümmer fällt“skizziert Albert Maucher schreckliche Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs. Inzwischen 25-jährig bewirtschaftete er den kleinen Hof in Atzenreute. Damit es zum Leben reichte, ging Maucher jeden freien Tag noch zum „Holzmachen“in den Fürstenwald. Seine christliche Haltung übernahm er vom Elternhaus, doch besonders auch der katholische Jungmännerbund der Pfarrei Reute formte und prägte sein
Leben. Die politische Heimat fand er schon in der Adenauerzeit bei der CDU. Von 1948 bis 1951 vertrat er im Gemeinderat von Gaisbeuren die
Interessen der Bürger.
Trotz harter und schwerer Arbeit engagierte sich Maucher bald in vielen örtlichen Vereinen. So wurde er förderndes Mitglied beim Musikverein, der Liederkranz Reute bestellte ihn zum Kassenprüfer. Bei der Kyffhäuser-Kameradschaft führte er von 1970 bis 1995 die Vereinskasse. Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr Gaisbeuren und beim örtlichen Gemeinschaftsschlachthaus – hier von 1965 bis 2013 – verantwortete er die Finanzen. Mit großem Engagement brachte er sich bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Bad Waldsee ein. Gar 38 Jahre fungierte er hier als ehrenamtliches Vorstandsmitglied, davon war er 20 Jahre Vorsitzender dieses Gremiums. Im Jahre 1988 wurde ihm auf Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes Ravensburg von Landrat Guntram Blaser das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.
Dieser charakterisierte den „aufrechten Mann“vom Lande: „Er ist der Karrengaul von Gaisbeuren, Albert Maucher hilft allen und jedem“. Humor und Geselligkeit hatten bei Albert Maucher einen hohen Stellenwert, gerne traf man sich in seiner Nähe.
Bald nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Albert Maucher in die genossenschaftliche Arbeit ein. So wählten ihn die Mitglieder der damaligen Spar- und Darlehenskasse in den Aufsichtsrat, wenige Jahre später wurde er Vorsitzender dieses Gremiums. Bei der Grastrocknungsgenossenschaft, welche er im Jahre 1967 maßgeblich mit aus der Taufe hob, war er viele Jahre geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Als dann bei der örtlichen Bank die Stelle des Geschäftsführers vakant wurde, stellte er sich auch dieser Verantwortung. Mit 50 Jahren entschloss er sich noch, die Prüfung als Bankkaufmann zu absolvieren. Nach der Belegung einer zweijährigen Samstag- und Abendkursreihe konnte er stolz den Bankkaufmannsbrief in den Händen halten. So war es nur selbstverständlich, dass er 1971 in den Vorstand der Bank berufen wurde. Eine Realisierung neuer Geschäftsräume folgte danach. Um auch weiterhin eine leistungsfähige Bankstelle in Gaisbeuren zu erhalten, setzte sich Maucher intensiv für den Zusammenschluss mit der Raiffeisenbank Reute ein. Dieser konnte dann auch im Jahre 1983 vollzogen werden.
Um den Verstorbenen trauern seine Familie und sein generationsübergreifender Freundeskreis. Die Beerdigung am Freitag findet im Kreise der Familie statt. Zu gegebener Zeit wird zu einem feierlichen Requiem für den Verstorbenen eingeladen.