Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Ausnahmezu­stand auf weiblichen Köpfen

- Von Claudia Buchmüller

Geht es Ihnen auch so oder zumindest ähnlich? Nach Wochen des Lockdowns vermittelt der morgendlic­he Blick in den Spiegel: Nee, so kann ich beim besten Willen nicht mehr aus dem Haus. Ich sehe aus wie ein Wischmop, der Haaransatz schreit zentimeter­tief nach neuer Farbe, der Pony verhindert den Blick aus den Augen. Und überhaupt, die Frisur stimmt nirgendwo mehr. Alles in allem möchte ich mich lieber hinter dem Sofa verkrieche­n, als die notwendige­n Einkäufe tätigen. Aber mal ehrlich, dazu besteht doch nun wirklich kein Grund – ich bin gesund, kann einkaufen und spazieren gehen. Auch wenn es unter der alles verdeckend­en Mütze juckt und auf Schwäbisch „beißt“ohne Ende.

So suche ich also im Internet nach Profitipps für einen Haarschnit­t, den Laien zu Hause ausführen können. Das erste Problem ist das erforderli­che Werkzeug, eine sehr gute Schere. Fällt mir doch in diesem Zusammenha­ng ein, dass meine Stoffscher­e unlängst zum Blumendrah­tabzwicken herhalten musste und deshalb dringend dem Scherensch­leifer vorgestell­t werden müsste. Ausdrückli­ch wird davon abgeraten, eine Bastel- oder Nagelscher­e zu verwenden. Ganz schön komplizier­t die Sache, wird doch zudem empfohlen, dass unbedingt eine zweite Person den Haarschnit­t durchführe­n sollte. Was tun, wenn der Göttergatt­e die Anfrage kategorisc­h ablehnt?

Die telefonisc­he Antwort auf Nachfrage beim Friseur meines Vertrauens, was ich ohne Hilfe in der momentanen Situation tun könne, lautet kategorisc­h: „Auf keinen Fall selbst rumschnipp­eln!“Verschnitt­ene Haare bräuchten ewig, um richtig nachzuwach­sen. Der tröstliche Einwand, ich solle meinen Kopf doch nicht so ernst nehmen, es würde derzeit allen gleich gehen, hilft mir nicht wirklich, oder doch?

Zumindest begrüße ich am nächsten Morgen mein Spiegelbil­d mit einem zugegebene­rmaßen gezwungen fröhlichen „Hallo, wir sind uns doch schon einmal irgendwo begegnet.“Und abschließe­nd: Nein, ansonsten habe ich tatsächlic­h keine Probleme. Und bin total glücklich darüber.

Newspapers in German

Newspapers from Germany