Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Widerstand gegen Funkmast in Wolpertswende wächst
Nach der Bürgerinitiative meldet sich jetzt auch ein Hausarzt kritisch zu Wort
WOLPERTSWENDE (knf) - Gegen den geplanten Mobilfunkmast am Bauhof in Wolpertswende regt sich weiter Widerstand. Eine Interessengemeinschaft hat bereits Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt. Jetzt meldet sich ein Hausarzt aus Mochenwangen zu Wort.
Schon seit einiger Zeit ist die Telekom auf der Suche nach einem Standort für einen Mobilfunkmast in Wolpertswende. Sie möchte dadurch die Netzabdeckung verbessern. Einen ersten Standort auf dem Rathausdach hat der Wolpertswender Gemeinderat abgelehnt. Jetzt möchte die „Deutsche Funkturm GmbH“, eine Telekom-Tochter, auf dem Bauhofgelände im Gewerbegebiet „Hohe Stauden“den 35 Meter hohen Betonmast aufstellen. Dafür hatte der Gemeinderat vergangenen Oktober bei zwei Gegenstimmen grünes Licht gegeben.
Bereits vor dieser Gemeinderatsentscheidung hatte sich Protest geregt: Eine Bürgerinitiative fordert, der Mobilfunkmast müsse zum Schutz der Bevölkerung vor zu hoher Strahlenbelastung weiter entfernt vom Ort aufgestellt werden. Die Interessengemeinschaft (IG) „Pro Leben“hat knapp 300 Unterschriften für dieses Anliegen gesammelt. Ralf Heudorfer, Sprecher der IG, fordert einen unabhängigen Sachverständigen, der alternative Standortorte prüfen soll. Ziel der IG sei eine gute Mobilfunkabdeckung bei gleichzeitig möglichst wenig Strahlenbelastung.
Bürgermeister Daniel Steiner sieht das Zwischenschalten eines unabhängigen Sachverständigen, wie von der IG gefordert, kritisch, weil die Mobilfunkanbieter ihre eigenen Pläne hätten. „Da geht es schlicht um Netzabdeckung“, sagte er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Wenn Sie sich mit Mobilfunkbetreibern unterhalten, werden Sie merken, dass ein Mast außerhalb des Ortes nicht mehr Thema ist, weil wir uns in Richtung 5G-Ausbau bewegen“, so Steiner.
Jetzt meldet sich der Hausarzt Dirk Molder aus Mochenwangen zu Wort. Er hat eine Petition gegen den am Bauhof geplanten Mobilfunkmast gestartet. „Als Arzt vor Ort bin ich erschrocken, wie unverantwortlich und leichtsinnig mit der Gesundheit der Gemeinde, die ich jetzt schon über zehn Jahre betreue, umgegangen wird“, schreibt Molder in der Begründung für sein Engagement. Als ortsansässiger Arzt sehe er es als seine Pflicht, die Bürger auf das erhöhte Gesundheitsrisiko hinzuweisen.
Weiter schreibt Molder: „Von ärztlicher Seite werden in der Nähe von Funkmasten bei den Patienten vermehrt Schlaf- und Konzentrationsstörungen,
Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen wie eingeschränkte Schulleistungen, Hyperaktivität bei Kindern, vermehrtes Auftreten von Allergien, Störung der Fruchtbarkeit sowie eine vermehrte Anzahl von Blutdruckentgleisungen mit Schlaganfall, Herzinfarkten bis hin zu einem studientechnisch nachgewiesenen vermehrten Auftreten von Krebserkrankungen in der Nähe von Funkmasten festgestellt.“Leider würden die Bedenken bezüglich der Gesundheit, welche von vielen Gemeindemitgliedern geäußert werden, im Gemeinderat nicht gehört, so Molder.
Eine gesundheitlich wesentlich unbedenklichere Variante, um große Datenmengen zu verschieben, ist seiner Ansicht nach der weitere Ausbau des Glasfasernetzes, das in Wolpertswende bereits vorhanden sei. Andernfalls müsse man versuchen, die gesundheitlichen Risiken zu minimieren, indem man die Funkmasthöhe vergrößert und den Mast in einer Entfernung von zwei Kilometern zu Wohngebieten und Kindergärten aufstellt. In seiner Petition, die sich an die Gemeinde Wolpertswende, den Gemeinderat sowie an Bürgermeister Daniel Steiner richtet, fordert Dirk Molder unter anderem ein Mitspracherecht für Bürger bei Entscheidungen, die die Gesundheit betreffen. Gemeinderat
und Bürgermeister werden aufgefordert, sich über die gesundheitlichen Risiken von Funkmasten zu informieren, die Entscheidung zu überdenken und „verantwortungsvoll im Sinne der Gemeinde und nicht von Mobilfunk-anbietern zu entscheiden“.
Weiter heißt es in der Petition: „Wir fordern eine öffentliche Veranstaltung mit umfangreicher Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken für alle Bürger der Gemeinde nach der Coronakrise, da eine so wichtige Entscheidung alle Bürger betrifft und eine vorschnelle Entscheidung wegen der folgenreichen Konsequenzen nicht gerechtfertigt ist.“Er habe seine Unterschriftenliste in seiner Praxis und an anderen Stellen im Ort ausgelegt, sagt Dirk Molder im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Wie viele Rückläufe es bislang gibt, wisse er noch nicht genau – hierzu müsse er die Listen erst einsammeln.
Mehrere Bürger haben inzwischen Protestplakate gegen den geplanten Funkmast aufgestellt. Eine Anwohnerin sagt dazu: „Der Standort des Mobilfunkmastes am Bauhof wird über unsere Köpfe hinweg entschieden. Wir wollen, dass die Bevölkerung befragt wird, und wir wollen angehört werden.“