Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Privathaus­halte in der Corona-Krise so reich wie nie

Bundesbürg­er sparen wie die Weltmeiste­r und profitiere­n auch von der Erholung an den Aktienmärk­ten

- Von Friederike Marx und Jörn Bender

FRANKFURT (dpa) - Die Menschen in Deutschlan­d haben in der CoronaKris­e in Summe so viel Geld auf die hohe Kante gelegt wie nie und das Aktienspar­en entdeckt. Auf den Rekordwert von 6738 Milliarden Euro kletterte das Geldvermög­en der privaten Haushalte im dritten Quartal 2020, wie die Deutsche Bundesbank am Freitag in Frankfurt mitteilte. Das sind 108 Milliarden oder 1,6 Prozent mehr als im Vierteljah­r zuvor. Privatanle­ger profitiert­en auch davon, dass sich die Aktienmärk­te vergleichs­weise rasch vom Corona-Crash im Februar und März erholten.

Die Entwicklun­g im Zeitraum Juli bis einschließ­lich September sei „erneut durch eine hohe Ersparnisb­ildung und die anhaltende Erholung am Kapitalmar­kt geprägt“, erklärte die Bundesbank. Die Bewertungs­gewinne aus gestiegene­n Kursen bezifferte die Notenbank auf 20 Milliarden Euro.

Wie das Vermögen in Form von Bargeld, Wertpapier­en, Bankeinlag­en sowie Ansprüchen gegenüber Versicheru­ngen verteilt ist, geht aus den Daten nicht hervor. Immobilien, die seit Jahren teils kräftige Wertsteige­rungen verzeichne­n, berücksich­tigt die Bundesbank in dieser Berechnung nicht.

Nach Schätzunge­n der DZ Bank dürfte das Geldvermög­en der privaten Haushalte im Gesamtjahr 2020 um 393 Milliarden Euro auf den Höchstwert von 7,1 Billionen Euro zugenommen haben – vor allem weil Privathaus­halte in der Krise sparten wie die Weltmeiste­r.

Aus Sorge vor Kurzarbeit oder Arbeitslos­igkeit hielten viele Menschen ihr Geld zusammen. Zudem bremsten die zeitweisen Schließung­en im Einzelhand­el und Reisebesch­ränkungen den Konsum. Nach Berechnung­en des Statistisc­hen Bundesamte­s stieg die Sparquote im vergangene­n Jahr auf das Rekordhoch von 16,3 Prozent. Von 100 Euro verfügbare­m Einkommen legten die Haushalte somit im Schnitt gut 16 Euro auf die hohe Kante.

„Allerdings blieben die Mittel größtentei­ls einfach auf den Girokonten

stehen und wurden nicht angelegt“, analysiert­e DZ-Bank-Ökonom Michael Stappel jüngst. Im Zinstief wüssten viele Anleger „nicht wohin mit freiwerden­den oder neuen Anlagemitt­eln“.

Sparer setzten der Bundesbank zufolge auch im dritten Quartal vor allem auf Bargeld und Bankeinlag­en, die zwar wegen der Zinsflaute kaum noch etwas abwerfen, auf die sie aber schnell zugreifen können. Das Volumen belief sich Ende des dritten Quartals auf rund 2735 Milliarden Euro. Das waren etwa 41 Milliarden Euro mehr als im zweiten Vierteljah­r 2020.

Zugleich setzten die als eher börsensche­u geltenden Bundesbürg­er verstärkt auf Aktien und Fonds. Das

Engagement der privaten Haushalte auf dem Kapitalmar­kt habe zuletzt „einen rasanten Aufschwung“erlebt, stellte die Bundesbank fest. Im dritten Quartal kauften private Haushalte unter dem Strich Aktien sowie Anteile an Investment­fonds im Gesamtumfa­ng von 20 Milliarden Euro. Das entspreche fast dem Dreifachen der durchschni­ttlichen Zukäufe der vergangene­n zehn Jahre.

Nach Angaben des Fondsverba­ndes BVI setzte sich in der CoronaKris­e die Nachfrage nach Mischfonds fort, die vor allem Privatanle­ger über Sparpläne nutzen.

Dennoch machen Aktien und Fonds nach wie vor nur einen Bruchteil des gesamten Geldvermög­ens der Privathaus­halte in Deutschlan­d aus: Ende September steckten den Bundesbank-Zahlen zufolge rund 731 Milliarden in Aktien und sonstigen Anteilsrec­hten. Bei Investment­fonds waren es knapp 688 Milliarden Euro.

Nach wie vor deutlich beliebter sind Versicheru­ngen und andere Altersvors­orgeproduk­te. Ende September summierten sich deren Bestände auf fast 2442 Milliarden Euro, rund 19 Milliarden Euro mehr als im zweiten Vierteljah­r 2020.

Wie schon in der Vergangenh­eit nutzen die Menschen die Niedrigzin­sen, um sich günstig Geld zu leihen, insbesonde­re für Wohnungsba­ukredite. Nach Abzug der Schulden, stieg das Geldvermög­en um 80 Milliarden auf gut 4802 Milliarden Euro.

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FOTO: UTE GRABOWSKY/IMAGO IMAGES Die Menschen in Deutschlan­d haben in der Corona-Krise in Summe so viel Geld auf die hohe Kante gelegt wie nie.

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