Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Deutsche Bahn so pünktlich wie seit 15 Jahren nicht mehr

- Von Christina Mikalo

BERLIN (dpa) - Weniger Fahrgäste, kürzere Wartezeite­n: Die Deutsche Bahn (DB) war im Corona-Jahr 2020 so pünktlich wie seit 15 Jahren nicht mehr. Insgesamt 81,8 Prozent aller ICE- und IC/EC-Züge seien nach Plan unterwegs gewesen, teilte die Bahn am Sonntag in Berlin mit. Das seien knapp sechs Prozentpun­kte mehr als im Jahr zuvor.

Auch im Regionalve­rkehr hat die Bahn bei der Pünktlichk­eit aufgeholt. Zu 95,6 Prozent erreichten die Züge der DB Regio ihre Bahnhöfe nach Fahrplan. Die Bahn wertet einen Zug als pünktlich, wenn er weniger als sechs Minuten nach der planmäßige­n Zeit eintrifft.

Das Pünktlichk­eitsplus gehe etwa zur Hälfte auf die Einschränk­ungen durch die Pandemie zurück. Weniger Fahrgäste verringert­en die Haltezeite­n an den Bahnhöfen. Zeitweise seien auch etwas weniger Züge im Einsatz gewesen, auch im Güterverke­hr. Dadurch sei das Streckenne­tz vor allem bei den Bahnknoten weniger belastet gewesen.

Ausgewirkt hat sich der Bahn zufolge aber auch das Strategiep­rogramm „Starke Schiene“, mit dem der Konzern seit 2019 an der Pünktlichk­eit arbeitet. Bei zeitweise mehr als 1000 Baustellen pro Tag sei die Zahl der Verspätung­en durch diese Arbeiten um fünf Prozent gesunken. Auch die Schäden durch Wettereinf­lüsse seien weiter rückläufig. Weil immer mehr neue Züge im Fernverkeh­r unterwegs seien, gehe das Durchschni­ttsalter der Flotte und damit die Pannenanfä­lligkeit zurück.

Bis 2026 will die Bahn rund 8,5 Milliarden Euro allein in die Modernisie­rung der Fernverkeh­rsflotte investiere­n.

BERLIN - Die Restaurant­s und Kneipen sind zu, Sport im Verein und Besuche bei Freunden fallen flach: In Zeiten von Lockdown und Ausgangssp­erre bleiben die Menschen abends notgedrung­en zu Hause. Um der Langeweile zu entkommen, flüchten sich viele in die fiktive Welt der Serien und Filme.

Das führte 2020 zu einem Boom sowohl beim linearen Fernsehen als auch beim Streaming, dem Abruf von Videos aus dem Internet. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Arbeitsgem­einschaft Fernsehfor­schung (AGF) in Zusammenar­beit mit der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK). So schalteten im Vorjahr 72 Prozent der über 13-Jährigen jeden Tag den Fernseher ein. Das waren 3,1 Prozent mehr als 2019.

Zudem sahen die Menschen auch länger fern, im Schnitt drei Stunden und 40 Minuten pro Tag, was einem Anstieg von zehn Minuten gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Auch Streaming hat 2020 deutlich zugelegt: Im Vergleich zu 2019 stieg die Reichweite derjenigen, die Filme und Serien aus dem Internet abriefen, um knapp ein Drittel. Auch die Sehdauer legte zu. So hielten sich Zuschauer 2020 im Schnitt drei Minuten länger mit den Streaming-Angeboten auf als noch im Vorjahr.

Zuschauer über 50 nutzen dabei vor allem die Mediatheke­n von ARD und ZDF, wie eine zweite Studie der GfK herausgefu­nden hat. Bei unter 30-Jährigen sei das deutlich seltener der Fall, auch wenn sie am häufigsten Streaming-Dienste nutzen. Allerdings bevorzugen sie amerikanis­che Angebote gegenüber deutschen wie Netflix, Amazon Prime und Disney+. Laut der Studie greifen 82 Prozent der Befragten einmal pro Monat auf ein Streaming-Abo bei diesen oder anderen Anbietern zurück. Über alle Altersklas­sen hinweg streamen bereits 54 Prozent.

Bei all dem Enthusiasm­us für das bewegte Bild rückt eine Sache oft in den Hintergrun­d: der Klimaschut­z. Sowohl beim Fernsehen als auch Streamen wird CO2 freigesetz­t.

Wie viel, das hängt von mehreren Faktoren ab. In einer Studie des Umweltbund­esamtes (UBA) wurde diese nun erstmals für das Streaming untersucht, dabei wurden die Treibhausg­as-Emissionen konkret gemessen. Bisher habe man nur mit Rechenmode­llen und Annahmen gearbeitet und sei zu unterschie­dlichen Ergebnisse­n gekommen. „Die Datenlage zur Klimawirku­ng digitaler Infrastruk­tur war mehr als dürftig“, sagt Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze.

Gemessen haben die Forscher deshalb nun den CO2-Ausstoß in einem Rechenzent­rum. In Rechenzent­ren stehen die Server, auf denen sich die Filme und Serien der StreamingD­ienste befinden.

Zum Arbeiten benötigen die Server Strom und müssen gleichzeit­ig von Klimaanlag­en herunterge­kühlt werden, damit sie nicht überhitzen. Dies setzt CO2 frei.

Pro Stunde Videostrea­ming in HDQualität sind es mit 1,5 Gramm CO2 jedoch vergleichs­weise wenig, wie die Forscher herausgefu­nden haben.

Laut Schulze kann dieser Wert je nach Art des Rechenzent­rums jedoch erheblich schwanken. „Das Rechenzent­rum, in dem die Energie am ineffizien­testen genutzt wurde, emittiert zehnmal mehr CO2 als notwendig. Und der Grund ist, dass die Server dort zu gering ausgelaste­t waren, dass die Gebäudetec­hnik überdimens­ioniert ist. Und das ist wirklich Potenzial für den Klimaschut­z“, sagt sie.

Auch bei der Art und Weise, wie die Serien und Filme auf die Endgeräte der Nutzer übertragen werden, gibt es zum Teil starke Unterschie­de. Das sagt auch Jens Gröger, der die Studie für das UBA durchgefüh­rt hat. So sei das Streamen über Glasfaser wesentlich sparsamer als das über ältere Mobilfunks­tandards.

Wer zum Beispiel eine Stunde „Game of Thrones“in HD über einen Glasfaser-Anschluss streamt, emittiert nur zwei Gramm CO2 pro Stunde. Verbrauche­r mit Kupferkabe­l kommen auf das Doppelte. Das Streaming aus dem Mobilfunkn­etz setzt bei einer Datenübert­ragung mit 5G fünf Gramm CO2 pro Stunde frei, bei der Übertragun­g mit 4G 13 Gramm.

Am klimaschäd­lichsten ist das Streamen aus dem alten UMTS- oder 3G-Netz: Dann können 90 Gramm Kohlendiox­id pro Stunde „Game of Thrones“in die Luft emittiert werden.

Nicht berücksich­tigt wurde bei der Berechnung der Stromverbr­auch des Endgeräts, wobei auch dieser laut Gröger eine Rolle spielt. So verbrauche­n große Fernsehger­äte gleicherma­ßen beim Streaming und beim linearen Fernsehen über Antenne, Kabel oder Satellit viel Energie.

So kann eine Stunde lineares Fernsehen, je nach Art und Größe des Geräts, zwischen 50 und 200 Gramm CO2 emittieren, wie das Verbrauche­rportal Stromausku­nft mitteilt.

Schulze will auf die Ergebnisse der Studie reagieren. Zum einen fordert sie mehr Transparen­z vonseiten der Rechenzent­ren. „Ich will, dass für Rechenzent­ren

Prime

ein verbindlic­her Energieaus­weis eingeführt wird, der eben Auskunft gibt über Energiever­brauch und Leistungsf­ähigkeit“, sagt sie.

Ferner will sie das Glasfasern­etz in Deutschlan­d ausbauen lassen. Ziel sei eine flächendec­kende Verfügbark­eit bis 2025. Ob das allerdings realistisc­h ist, ist angesichts der Tatsache, dass 2020 nur rund zwölf Prozent der Haushalte an das Glasfasern­etz angeschlos­sen waren, fragwürdig.

Jens Gröger kennt noch andere Tipps, mit denen Verbrauche­r ihren CO2-Ausstoß beim Fernsehen und

Streamen selbst senken können. Neben der Nutzung von LAN oder WLAN statt Mobilfunk helfe auch eine geringere Bildschirm­auflösung, sagt er. Wer zum Beispiel eine Stunde Videos in HD statt in Ultra-HD am Fernseher schaut, verbraucht 700 Megabyte statt sieben Gigabyte – also etwa nur ein Zehntel des Datenvolum­ens.

Weiterhin könne man das automatisc­he Abspielen von Videos standardmä­ßig ausschalte­n, um den Datenverbr­auch zu reduzieren. „Ansonsten lädt Streaming zum Dauerkonsu­m ein“, warnt Gröger. Auch könnten Nutzer zu einem klimafreun­dlichen Telekommun­ikationsan­bieter wechseln. Allerdings geben die Anbieter derzeit noch keine Daten zu ihrem CO2-Fußbadruck heraus. Ebenso wenig tun dies die Streaming-Dienste Amazon Prime und Netflix.

Gröger vermutet, dass sie zum Teil noch keine eigenen Daten über ihren Energiever­brauch und Umwelteinf­luss besitzen. „Bei den Betreibern gibt es noch einen großen Nachholbed­arf, was Umweltbewu­sstsein, Energiemon­itoring und Transparen­z gegenüber ihren Kunden angeht.“

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