Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Wir müssen massive Einschnitte verkraften“
Bürgermeister Olaf Schlott aus Waldsees Partnerstadt Bad Elster erläutert im Interview die Corona-Lage im Vogtland
BAD WALDSEE - Corona hat Bad Waldsees Partnerstadt Bad Elster fest im Griff. Zum Jahresende stellte der sächsische Vogtlandkreis mit einem Inzidenzwert von mehr als 900 deutschlandweit einen Negativrekord auf. Warum das Virus ausgerechnet im beschaulichen Bäderdreieck von Sachsen, Bayern und Tschechien wütet und wie es den Bürgern im sächsischen Staatsbad damit geht, wollte Sabine Ziegler von Bürgermeister Olaf Schlott wissen.
Herr Schlott, sind Sie trotz der Pandemie gut ins neue Jahr gestartet?
Ja, vielen Dank der Nachfrage. Generell ist man in Bad Elster und seinen Ortsteilen Mühlhausen und Sohl besonnen und ruhig in das neue Jahr gekommen.
Sachsen ist überaltert, Arbeitskräfte pendeln im kleinen Grenzverkehr aus Tschechien ein und auf dem Land ist die Mobilität hoch. Gibt es nach Ihrer Einschätzung weitere Gründe für die hohen Infektionszahlen im Vogtland?
Ja, der überproportionale Anstieg der Infektionszahlen ist vor allem auf strukturelle Probleme bei der Erfassung und Nachverfolgung der gemeldeten Fälle durch das zuständige Gesundheitsamt im Landratsamt Vogtlandkreis zurückzuführen. Inzwischen entspricht das Infektionsgeschehen dem der umliegenden Regionen.
Wie geht die Bürgerschaft mit diesen Schreckensmeldungen um?
Ich kann leider nicht objektiv einschätzen, wie jeder Einzelne mit den täglichen Informationen aus Presse, Funk und Fernsehen verfährt. Das ist sehr individuell und vielschichtig. In jedem Fall ist die Corona-Situation bei uns vergleichbar mit den meisten Regionen in Deutschland.
Auf welche Wirtschaftszweige wirkt sich die Pandemie bei Ihnen besonders negativ aus?
Bad Elster lebt vom Tourismus. Aktuell kann aber weder das Theater besucht werden, die Sole-Therme ist geschlossen, Restaurants, Pensionen und Hotels mussten ihren Betrieb einstellen. Die Patientenzahlen in unseren sechs Kliniken, die auf Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung spezialisiert sind, gingen aufgrund der ausgebliebenen Operationen ebenfalls deutlich zurück. Wenn man sich das vor Augen führt, hat man ein ungefähres Bild, wie massiv diese Einschnitte momentan sind.
Der Tourismusverband Vogtland rechnet im Rückblick auf 2020 mit einem Übernachtungsrückgang von bis zu 70 Prozent...
Ich kann mir vorstellen, dass es für viele Quartiergeber schwierig werden wird, Monate der Schließung mit Hilfe eigener Rücklagen zu überbrücken. Viele Unternehmer haben in ihre Betriebe investiert, um am Markt mithalten zu können. Ich denke, dass viele auf die finanzielle Unterstützung der Politik angewiesen sein werden und ich hoffe, dass wir mit Unterstützung von Bundes- und Landesregierung und dank des guten Zusammenhalts im Ort diese Krise meistern können. Wir hoffen, die Besucherund Übernachtungszahlen nach einer Phase der Entspannung schnell steigern zu können. Die Erfahrung aus dem Sommer 2020 gibt uns hier Grund zur Hoffnung.
Es gibt sicher auch Positives zu berichten aus Bad Elster?
Trotz der schwierigen Umstände wurden im vergangenen Jahr viele Projekte erfolgreich abgeschlossen. So erfuhren einige Straßen und Verkehrsanlagen Erneuerung und Sanierung und die Digitalisierung der Grundschule wurde vorangetrieben. Auch die Errichtung des Wasserspielplatzes wurde dank einer groß angelegten Spendenaktion des Fördervereins unseres Naturbades, in dem auch Bad Waldseer Bürger organisiert sind, unterstützt.
Welche besonderen Projekte stehen 2021 an?
Wir wollen die hohe Investitionstätigkeit fortführen und damit Impulse setzen für die Entwicklung unseres Sächsischen Staatsbades. Ich kann mir gut vorstellen, dass Deutschland als Urlaubsland in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird. Davon werden das Vogtland als Region und Bad Elster als Sächsisches Staatsbad profitieren. Wir haben Pfunde, mit denen wir wuchern können und sind uns unserer Stärken bewusst. Aus meiner Sicht stehen die Chancen gut, dass wir aus der derzeitigen Situation gestärkt hervorgehen.
Und wie steht’s um die Städtepartnerschaft mit Bad Waldsee?
Wir stehen in gutem Kontakt. Die kleinen Weihnachtsgeschenke erreichten die Mitglieder des Stadtbzw. Gemeinderates dieses Mal nur auf postalischem Weg, weil der Weihnachtsbesuch coronabedingt leider ausfallen musste. Mit dem neuen Waldseer Bürgermeister Matthias Henne hatte ich bereits ein erstes telefonisches Gespräch zum Kennenlernen. Ich hoffe, dass es in diesem Jahr Gelegenheit gibt, sich persönlich zu treffen. Schließlich wollen wir das 30-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft von 2020 würdig nachholen.