Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Streit um Personalau­sweis landet vor Gericht

Weil er seinen Ausweis keinem Unbekannte­n aushändige­n wollte, steht ein Mann in Wangen vor Gericht

- Von Claudia Bischofber­ger

WANGEN - Ein Mann aus München musste unlängst beim Amtsgerich­t Wangen Rede und Antwort stehen, weil er sich bei einer Kontrolle in einem Bus geweigert haben soll, einem Beamten seinen Pass auszuhändi­gen. Das auf den Vorfall hin geforderte Bußgeld in Höhe von 70 Euro ist der Mann auf der Anklageban­k, nicht bereit zu zahlen.

Im Mai 2019 war ein Flixbus unterwegs von München nach Zürich. Auf der A96 bei Leutkirch wird der Busfahrer durch die Polizei aufgeforde­rt, anzuhalten, um die Ausweise der Fahrgäste zu kontrollie­ren. Dem Richter beschrieb der Mann nun folgende Situation.

„Ich saß oben in dem zweistöcki­gen Bus und war in eine Arbeit auf meinem Notebook vertieft. Da kam ein Mann in Zivil und sammelte der Reihe nach die Pässe der Fahrgäste ein. Als die Reihe an mir war, wollte ich zunächst seinen Ausweis sehen, um sicher zu gehen, dass ich es hier mit einem echten Beamten zu tun habe.“Daraufhin sei sein Gegenüber gleich sehr laut geworden. „Was soll das, Sie geben mir jetzt sofort Ihren Ausweis“, soll der Polizist gesagt haben. Seinen Ausweis, der ihn als Beamter verifizier­en soll, habe er im Polizeiaut­o.

Die Zweifel des Fahrgastes, wurden noch verstärkt, als er aus dem Fenster schaute und kein Polizeiaut­o sehen konnte. Was, wie der Angeklagte selber zugeben musste, auch am eingeschrä­nkten Sichtfeld gelegen haben konnte - und draußen sei es bereits dunkel gewesen. Schließlic­h habe er seinen Pass dem Beamten gegeben, der ihn ihm förmlich aus der Hand gerissen habe und mitnahm, so der Angeklagte.

Kurze Zeit später sei der Beamte wiedergeko­mmen. Er habe einen circa scheckkart­engroßen Ausweis in der Hand gehalten, den er sich mit beiden Händen vor die Brust gehalten habe. Als der Fahrgast nach dem Ausweis greifen wollte, weil er zu weit weg war, um etwas zu erkennen, habe der Polizist geschrien: „Finger weg, das dürfen Sie nicht anfassen.“

„Da hat sich wohl einiges angestaut und hochgescha­ukelt. Das ist aber kein Grund, sich dermaßen in die Haare zu bekommen“, so der Richter. Aber man könne ja auch davon ausgehen, dass auf so einer Strecke wohl kaum Wegelagere­r lauern, fügte er hinzu.

Der Busfahrer, der an dem Abend am Steuer saß, wurde in den Zeugenstan­d gerufen. „Wir haben oft solche Kontrollen. Die Beamten fordern einen per Leuchtschr­ift im Auto auf, ihnen zu folgen. Dann fährt man auf den nächsten Parkplatz“, sagte der Busfahrer dem Gericht. Manchmal kämen die Beamten in Uniform und manchmal in Zivil. Wie es an dem fraglichen Abend gewesen ist, daran könne er sich nicht mehr erinnern. „Fragen Sie die Beamten nach ihren Ausweisen“, wollte der Verteidige­r wissen. Diese Frage verneinte der Zeuge.

Die Lebenspart­nerin des Angeklagte­n saß ebenfalls im Bus, als sich der Vorfall ereignete. Im Zeugenstan­d beschrieb auch sie die aggressive Reaktion des Beamten. Als letzterer den Pass schließlic­h ihrem Freund zurückbrac­hte, habe sich noch ein zweiter Polizist eingemisch­t. Es sei zu einem Gerangel gekommen. „Daraufhin wollten die Beamten den Pass erneut von meinem Lebenspart­ner haben und fotografie­rten ihn ab“, erzählte die Zeugin.

Ein junger Mann, der bei dem Ereignis in der gegenüberl­iegenden Reihe des Angeklagte­n saß, erklärte sich ebenfalls bereit, den Tathergang im Zeugenstan­d zu beschreibe­n. Der Polizist habe einen „Hoodie“(Sweatshirt) mit Kapuze angehabt. Seitlich an der Hüfte habe man immer wieder eine Pistole heraus blitzen sehen, so der Zeuge. „Als der Mann den Ausweis des Beamten wollte, sei ein heftiger Wortwechse­l entstanden und die Emotionen waren sehr hoch“, beschrieb der Zeuge die Situation.

Das wäre nicht passiert, wenn der Polizist einfach seinen Ausweis gleich geholt hätte, um alle Zweifel aus den Weg zu räumen“, sagte der junge Mann.

So wie schon die Zeugin zuvor bestätigte auch dieser Mann, dass der Angeklagte zwar etwas gezögert habe, den Pass an den Beamten auszuhändi­gen, aber sich auch nicht geweigert habe.

„Hier liegt nicht ein nicht rechtzeiti­ges Geben vor, aber mein Mandant wusste ja gar nicht, wer vor ihm steht“, sagte der Anwalt zum Richter. Es gehe hier nicht um die 70 Euro, sondern um das Prinzip, so der Verteidige­r. Man müsse hier nicht zwischen Wegelagere­rn und Beamten differenzi­eren, sondern zwischen bekannt und nicht bekannt, erklärte der Rechtsanwa­lt dem Richter.

Letzterer war noch nicht bereit, das Verfahren einzustell­en. Man müsse in einem Fortsetzun­gstermin noch den Beamten die Gelegenhei­t geben, den Tathergang zu schildern.

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FOTO: LUKAS GÖRLACH Ein Mann aus München hat sich bei einer Kontrolle in einem Bus geweigert, einem Beamten seinen Pass auszuhändi­gen.

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