Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Streit um Personalausweis landet vor Gericht
Weil er seinen Ausweis keinem Unbekannten aushändigen wollte, steht ein Mann in Wangen vor Gericht
WANGEN - Ein Mann aus München musste unlängst beim Amtsgericht Wangen Rede und Antwort stehen, weil er sich bei einer Kontrolle in einem Bus geweigert haben soll, einem Beamten seinen Pass auszuhändigen. Das auf den Vorfall hin geforderte Bußgeld in Höhe von 70 Euro ist der Mann auf der Anklagebank, nicht bereit zu zahlen.
Im Mai 2019 war ein Flixbus unterwegs von München nach Zürich. Auf der A96 bei Leutkirch wird der Busfahrer durch die Polizei aufgefordert, anzuhalten, um die Ausweise der Fahrgäste zu kontrollieren. Dem Richter beschrieb der Mann nun folgende Situation.
„Ich saß oben in dem zweistöckigen Bus und war in eine Arbeit auf meinem Notebook vertieft. Da kam ein Mann in Zivil und sammelte der Reihe nach die Pässe der Fahrgäste ein. Als die Reihe an mir war, wollte ich zunächst seinen Ausweis sehen, um sicher zu gehen, dass ich es hier mit einem echten Beamten zu tun habe.“Daraufhin sei sein Gegenüber gleich sehr laut geworden. „Was soll das, Sie geben mir jetzt sofort Ihren Ausweis“, soll der Polizist gesagt haben. Seinen Ausweis, der ihn als Beamter verifizieren soll, habe er im Polizeiauto.
Die Zweifel des Fahrgastes, wurden noch verstärkt, als er aus dem Fenster schaute und kein Polizeiauto sehen konnte. Was, wie der Angeklagte selber zugeben musste, auch am eingeschränkten Sichtfeld gelegen haben konnte - und draußen sei es bereits dunkel gewesen. Schließlich habe er seinen Pass dem Beamten gegeben, der ihn ihm förmlich aus der Hand gerissen habe und mitnahm, so der Angeklagte.
Kurze Zeit später sei der Beamte wiedergekommen. Er habe einen circa scheckkartengroßen Ausweis in der Hand gehalten, den er sich mit beiden Händen vor die Brust gehalten habe. Als der Fahrgast nach dem Ausweis greifen wollte, weil er zu weit weg war, um etwas zu erkennen, habe der Polizist geschrien: „Finger weg, das dürfen Sie nicht anfassen.“
„Da hat sich wohl einiges angestaut und hochgeschaukelt. Das ist aber kein Grund, sich dermaßen in die Haare zu bekommen“, so der Richter. Aber man könne ja auch davon ausgehen, dass auf so einer Strecke wohl kaum Wegelagerer lauern, fügte er hinzu.
Der Busfahrer, der an dem Abend am Steuer saß, wurde in den Zeugenstand gerufen. „Wir haben oft solche Kontrollen. Die Beamten fordern einen per Leuchtschrift im Auto auf, ihnen zu folgen. Dann fährt man auf den nächsten Parkplatz“, sagte der Busfahrer dem Gericht. Manchmal kämen die Beamten in Uniform und manchmal in Zivil. Wie es an dem fraglichen Abend gewesen ist, daran könne er sich nicht mehr erinnern. „Fragen Sie die Beamten nach ihren Ausweisen“, wollte der Verteidiger wissen. Diese Frage verneinte der Zeuge.
Die Lebenspartnerin des Angeklagten saß ebenfalls im Bus, als sich der Vorfall ereignete. Im Zeugenstand beschrieb auch sie die aggressive Reaktion des Beamten. Als letzterer den Pass schließlich ihrem Freund zurückbrachte, habe sich noch ein zweiter Polizist eingemischt. Es sei zu einem Gerangel gekommen. „Daraufhin wollten die Beamten den Pass erneut von meinem Lebenspartner haben und fotografierten ihn ab“, erzählte die Zeugin.
Ein junger Mann, der bei dem Ereignis in der gegenüberliegenden Reihe des Angeklagten saß, erklärte sich ebenfalls bereit, den Tathergang im Zeugenstand zu beschreiben. Der Polizist habe einen „Hoodie“(Sweatshirt) mit Kapuze angehabt. Seitlich an der Hüfte habe man immer wieder eine Pistole heraus blitzen sehen, so der Zeuge. „Als der Mann den Ausweis des Beamten wollte, sei ein heftiger Wortwechsel entstanden und die Emotionen waren sehr hoch“, beschrieb der Zeuge die Situation.
Das wäre nicht passiert, wenn der Polizist einfach seinen Ausweis gleich geholt hätte, um alle Zweifel aus den Weg zu räumen“, sagte der junge Mann.
So wie schon die Zeugin zuvor bestätigte auch dieser Mann, dass der Angeklagte zwar etwas gezögert habe, den Pass an den Beamten auszuhändigen, aber sich auch nicht geweigert habe.
„Hier liegt nicht ein nicht rechtzeitiges Geben vor, aber mein Mandant wusste ja gar nicht, wer vor ihm steht“, sagte der Anwalt zum Richter. Es gehe hier nicht um die 70 Euro, sondern um das Prinzip, so der Verteidiger. Man müsse hier nicht zwischen Wegelagerern und Beamten differenzieren, sondern zwischen bekannt und nicht bekannt, erklärte der Rechtsanwalt dem Richter.
Letzterer war noch nicht bereit, das Verfahren einzustellen. Man müsse in einem Fortsetzungstermin noch den Beamten die Gelegenheit geben, den Tathergang zu schildern.