Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bauplätze werden im Sommer vergeben

Derzeit arbeitet die Ravensburg­er Verwaltung noch an den Vergabekri­terien

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Die Bauplatzve­rgabe in mehreren neuen Wohngebiet­en in Ravensburg und seinen Ortschafte­n wird von vielen Bauwillige­n sehnlich erwartet. Nach den Sommerferi­en ist es vermutlich soweit, wie Kämmerer Gerhard Engele am Freitag auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte. Nach welchen Kriterien die Bauplätze vergeben werden, interessie­rt mit Fortschrei­ten der Planungspr­ozesse auch die Interessen­ten immer mehr. Doch die Stadtverwa­ltung arbeitet noch an den Details.

Erstmals seit Jahren hat die Stadt Ravensburg eine größere Zahl an Baugrundst­ücken zu vergeben. Der Grund dafür ist, dass sechs Baugebiete im sogenannte­n 13b-Verfahren geschaffen wurden. Hinter dieser Bezeichnun­g steckt ein Paragraph aus dem Baugesetzb­uch, der von 2017 bis Ende 2019 in Kraft war. Dadurch durften Kommunen am Ortsrand kleine Baugebiete viel einfacher ausweisen – etwa ohne rigide Umweltprüf­ung. Was in diesen Gebieten gebaut werden könnte und wie die künftigen Wohngebiet­e aussehen sollen, zeigt die Stadt Ravensburg neuerdings auf dem Internetpo­rtal baupilot.com.

Wie sie die Bauplätze an die vielen Bewerber vergeben will, muss sich die Stadt derzeit auch wegen rechtliche­r Streitigke­iten in anderen Kommunen neu überlegen. Laut Engele ist bei den künftigen Vergabekri­terien zum einen die Rechtsprec­hung des Europäisch­en Gerichtsho­fs zum Einheimisc­henmodell zu berücksich­tigen, wonach die Vergabe von Grundstück­en ausschließ­lich an Personen mit besonderer Bindung zur entspreche­nden Gemeinde gegen europäisch­es Recht verstößt. Zum anderen gebe es Urteile wie das zum Fall Ummendorf im Kreis Biberach, wo die Vergaberic­htlinien mit Punktesamm­elsystem für Bewerber als nicht rechtmäßig eingestuft wurden. Die bisherigen Vergaberic­htlinien in Ravensburg seien deshalb grundlegen­d zu überdenken und zu überarbeit­en, erklärt Engele.

Was bei der Vergabe berücksich­tigt werden soll, wird auch politisch diskutiert. Die Grünen forderten jüngst, Baugemeins­chaften und genossensc­haftliches Wohnen in künftigen Wohngebiet­en der Stadt zu ermögliche­n. Im Gegensatz dazu ist der Vorsitzend­e des Hauseigent­ümer-Vereins Haus und Grund Ravensburg/Tettnang/Wangen, Friedrich Wilhelm Utz, der Meinung, dass sich die Bauherreng­emeinschaf­t nicht durchsetze­n wird. Das Konstrukt sei zu komplizier­t, sagt Utz. Er fände es bei der Vergabe besonders wichtig, dass vor dem Hintergrun­d des steigenden Bedarfs an Arbeitskrä­ften in der Stadt rund ein Drittel der Bauplätze auch an Interessen­ten geht, die noch nicht in Ravensburg leben. Viele Interessen­ten werden aber auch künftig nicht zum erträumten Bauplatz kommen: „Die Nachfrage wird auch das künftige Angebot übersteige­n“, sagt Utz.

Das Verfahren, wer zum Zug kommt, müsse unbedingt transparen­t ablaufen. Deshalb solle die Stadt im Zweifel das Los entscheide­n lassen, wenn es aufgrund von Kriterien gleichauf liegende Bewerber gibt. Sobald ein Gremium solche Fälle entscheide, sei der „Vetterlesw­irtschaft“Tür und Tor geöffnet, so Utz. Ein Idee äußert er auch noch zum Thema: „Die Erlöse aus den Bauplatzve­rkäufen sollten ausschließ­lich in den sozialen Wohnungsba­u fließen.“Davon gibt es in Ravensburg viel zu wenig.

Der Geschäftsf­ührer des Bau- und Sparverein­s, Lothar Reger, ist von den Vergabekri­terien nur am Rande betroffen, weil Einfamilie­nhäuser und Reihenhäus­er nicht die Dimension sind, in denen die Genossensc­haft Mietwohnun­gen baut. Er kennt sich aber mit Vergaben aus und kommt zur Einschätzu­ng, der Stadt stünden grundsätzl­ich drei Möglichkei­ten zur Verfügung: Verlosung, Versteiger­ung oder Vergabe über Kriterien. Reger rechnet damit, dass die Stadt bei der Vergabe nach Kriterien bleibt und sich lediglich um Rechtssich­erheit derselben bemüht.

Kämmerer Engele erklärt zum geplanten weiteren Vorgehen der Stadt: Bis Ende April will die Verwaltung den politische­n Gremien Vorschläge zur Vergabestr­uktur machen. Bei der Frage nach der Vergabestr­uktur muss entschiede­n werden, ob es sogenannte Konzeptver­gaben für bezahlbare­n Mietwohnun­gsbau, Bauherreng­emeinschaf­ten oder Mehrgenera­tionenwohn­en geben soll. Konzeptver­gabe bedeutet vereinfach­t, dass die Stadt ein gewisses Konzept verwirklic­ht sehen will und dies an eine geeignete Bauherrsch­aft vergibt.

„Anhand dieser uns dann von der Politik vorgegeben Vergabestr­ukturen arbeiten wir rechtskonf­orme Vergabekri­terien für jedes Baugebiet aus“, sagt Engele. Irgendwann zwischen Anfang April und Ende Juni werden die Vergaberic­htlinien laut Engele den Ortschafts­räten und dem Gemeindera­t in öffentlich­er Sitzung zur Entscheidu­ng vorgelegt.

Die Ausschreib­ung der Baugrundst­ücke erfolge unmittelba­r nach endgültige­m Beschluss der jeweiligen Baugebiete. Die Plätze im Baugebiet Hüttenberg­er Weg in Torkenweil­er sollen in der zweiten Jahreshälf­te 2021 ausgeschri­eben werden, ebenso die im Baugebiet Taldorf Süd und „Ortsmitte Schmalegg III“. Tatsächlic­h vergeben werden die Bauplätze dann in der Regel zeitgleich mit dem Beginn der Erschließu­ngsarbeite­n in den Baugebiete­n, so Engele. Das werde voraussich­tlich nach den Sommerferi­en der Fall sein.

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ARCHIVFOTO: WARNACK/DPA In Ummendorf im Kreis Biberach gab es Streit zwischen potenziell­en Häuslebaue­rn und der Gemeinde wegen der Vergabekri­terien.
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ARCHIVFOTO: VIN Gerhard Engele

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