Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Druck auf Landesregierung im Streit um Kita-Öffnung
Gewerkschaften und Verbände fordern klare Kriterien – Skepsis mit Blick auf möglichen Start am 1. Februar
STUTTGART (lsw) - Vor einer Entscheidung der Landesregierung über eine Öffnung der Kindertagesstätten erhöhen die Erzieher- und Elternverbände den Druck auf die grünschwarze Koalition. Es müsse deutlich werden, unter welchen Umständen und bei welchen Corona-Infektionswerten Kitas voll geöffnet oder gänzlich geschlossen würden, forderte der Landesbezirksleiter der Gewerkschaft Verdi, Martin Gross. „Wir wollen, dass Eltern, Kinder und Beschäftigte nicht mehr ohnmächtig abwarten müssen, wie das Land entscheidet“, sagte er bei der Vorlage eines Programms für eine möglichst sichere Öffnung der Kitas und Grundschulbetreuung am Montag.
Es müsse feste und landesweite Kriterien wie Schutzmasken oder eine Homeoffice-Lösung geben, nach denen vor Ort entschieden werden könne, ob und wie weitgehend eine Einrichtung geöffnet werden kann, sagte Hanna Binder, die stellvertretende Landesbezirksleiterin der Gewerkschaft. „Die Regierung sollte keinen Termin fixieren, sondern Kriterien.“Dies könne zwar zur Folge haben, dass nicht alle Kitas gleichzeitig öffneten. „Aber so können wir wenigstens sicher sein, warum sie das tun und dass der Gesundheitsschutz an erster Stelle steht.“
Bund und Länder hatten sich am vergangenen Dienstag zwar auf eine generelle Verlängerung des Lockdowns und zahlreicher Einschränkungen bis zum 14. Februar verständigt. Bei der Bildung will das Land aber ebenso wie einige andere Bundesländer abweichen. Grundschulen und Kitas könnten im Südwesten bereits ab dem 1. Februar wieder schrittweise öffnen, wenn das die Infektionszahlen zulassen. Entschieden ist hierzu aber noch nichts.
Das Kultusministerium nannte am Montag keine konkreten Bedingungen für eine komplette Öffnung: „Die Politik muss immer das Ganze in den Blick nehmen“, sagte ein Sprecher. „Dazu gehört die Entwicklung des Inzidenzwerts ebenso wie die negativen Folgen der Kita- und Schulschließungen für Kinder mit
Blick auf soziale, physische und psychologische Aspekte.“
Nach dem Verdi-Katalog müssten unter anderem medizinische Masken wie OP- und FFP2-Masken sowie Mund-Nasen-Bedeckungen der Normen KN95/N95 von der Regierung gestellt und in Kitas verpflichtend getragen werden. Außerdem müsse die Homeoffice-Pflicht auch in Kitas und der Grundschulbetreuung gelten. „Alles, was daheim erledigt werden kann, muss auch daheim erledigt werden dürfen“, heißt es bei Verdi. Kurzarbeit dürfe es in Kitas nicht geben. „Wir brauchen mehr und nicht weniger Beschäftigte für die Umsetzung des Gesundheitsschutzes.“
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist zumindest derzeit noch dagegen, alle Kinder von Montag an wieder in die Kitas zu schicken. „Wir sehen eine weitere Öffnung der Kitas ab 1. Februar kritisch“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein in Freiburg. „Eine Öffnung wäre nur zu verantworten, wenn alles für die Sicherheit der Kinder und pädagogischen Profis getan wurde. Das ist bisher nicht der Fall.“
Der Deutsche Kitaverband würde den Trägern gerne mehr Handlungsspielraum einräumen. Das Land könne entlasten, indem es den Trägern und Eltern den Finanzierungsdruck bei den Elternbeiträgen nimmt. Hier setzt auch die Kritik der Landeselternvertretung der Kitas an: Ähnlich wie zuletzt der Städtetag fordert auch sie das Land auf, die Kita-Gebühren zurückzuerstatten, wenn Kinder wegen des Corona-Lockdowns nicht in die Einrichtung geschickt werden konnten. „Noch immer bezahlen Familien Beiträge für Leistungen, die sie nicht in Anspruch nehmen dürfen oder nicht wollen“, kritisierte die Elternvertretung.
Die Kitas sind bereits seit Mitte Dezember wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Bisher verfahren die Kommunen beim Gebührenerlass noch unterschiedlich. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte angekündigt, dass sie über die Erstattung innerhalb der Landesregierung beraten wolle. Dabei geht es um Millionen-Summen.