Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Autoverzicht: Unterschied zwischen Stadt und Land
Studie der DHBW Ravensburg zeigt, dass das Auto auf dem Land weiterhin als unverzichtbar gilt
KREIS RAVENSBURG (sz) - Mehr als ein Drittel der Bevölkerung sieht aktuell keine Notwendigkeit, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern trotz Klimakrise. Das geht aus einer Studie des Zentrums für empirische Kommunikationsforschung (ZEK) an der DHBW Ravensburg hervor. Der Wert bleibt im Vergleich zur gleichlautenden Befragung 2019 unverändert. Die mittlerweile neunte Ausgabe der Studie zu Mobilitätstrends zeigt allerdings besonders starke Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung bei diesem Thema.
2019 war der Besitz eines Autos demnach für 40 Prozent der Befragten aus den Städten über 100 000 Einwohnern noch wichtig. Dieser Wert ist jetzt auf 33 Prozent gesunken. „Ich kann gut auf ein Auto verzichten“gaben in der aktuellen Studie außerdem 41 Prozent der befragten Bürger aus Städten an – in ländlicheren Gegenden liegt dieser Wert dagegen bei sehr geringen zwölf Prozent. Dass Autofahren Freude macht, gaben 43 Prozent der Befragten aus ländlichen Gebieten an – und lediglich 32 Prozent der Stadtbewohner.
„Auf dem Land ist das Autofahren nach wie vor wichtig, in der Stadt dagegen verliert das Auto an Bedeutung – und das trotz Corona-Problematik“, sagt Franziska Baar. Sie war maßgeblich an der Studienkonzeption beteiligt. In der Studie wurden außerdem die Gründe abgefragt, die die Befragten von einer Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs abhalten. Auf Rang eins rangieren hier das hohe Preisniveau sowie die Unpünktlichkeit und die mangelnde Zuverlässigkeit bei fast 60 Prozent der Befragten, direkt gefolgt von zeitlich unpassenden Fahrplänen.
Hygiene-Bedenken äußerten trotz Corona-Pandemie lediglich 39 Prozent. Im Stadt-Land-Vergleich
fällt auf, dass 64 Prozent der Befragten aus ländlichen Gebieten einen zeitlich unpassenden Fahrplan als größtes Hindernis sehen, den Nahverkehr zu nutzen. Bei den Befragten aus städtischen Gebieten liegt dieser Wert nur bei 46 Prozent. Bei knapp der Hälfte der Stadtbewohner wird die hohe Auslastung der Verkehrsmittel als problematisch bewertet – auf dem
Land ist das mit 34 Prozent weniger relevant. „Weitere Studien zum Image und zur Akzeptanz des öffentlichen Personennahverkehrs wären eine gute Grundlage für eine Kampagne, die die Menschen zum Umstieg bewegt“, schlussfolgert Simon Ottler, Dekan Wirtschaft und Leiter des ZEK. Zum inzwischen neunten Mal hat das ZEK an der DHBW Ravensburg eine Untersuchung
zu den Mobilitätstrends vorgelegt. Bei der aktuellen Studie lag ein Fokus auf den unterschiedlichen Bewertungen von Menschen, die in der Stadt (mehr als 100 000 Einwohner) oder in ländlichen Gebieten wohnen. 500 Erwachsene wurden dazu im November 2020 online befragt, zwei Drittel aus ländlichen Gebieten, ein Drittel aus der Stadt.