Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Macht des Mondes
Zwei neue Studien belegen seinen Einfluss auf den Menschen
(dpa) Nachtruhe, Haarwachstum, Geburten oder Gewicht: Viele Menschen sind überzeugt, dass der Mond Einfluss auf Körper und Gesundheit nimmt. Ob das reiner Aberglaube ist, konnte die Wissenschaft bislang noch nicht eindeutig beantworten. Nun scheinen zwei Studien den Mondgläubigen zumindest teilweise recht zu geben: Wie Forscher im Fachblatt „Science Advances“berichten, könnten Mondphasen sowohl auf Schlafmuster wie auch auf Menstruationszyklen von Frauen wirken.
Für die erste Studie statteten Usamerikanische und argentinische Wissenschaftler 98 Probanden mit Schlafsensoren am Handgelenk aus. Dabei handelte es sich um indigene Einwohner dreier argentinischer
Dörfer mit je gar keinem, wenig oder durchgängigem Zugang zu Elektrizität. Deren Schlafdaten wurden mit denen von 464 Us-studenten aus Seattle ergänzt. In allen Gruppen gingen die Menschen in den drei bis fünf Tagen vor Vollmond später ins Bett und schliefen kürzer. Der beobachtete Effekt war indes an Orten mit Elektrizität weniger stark ausgeprägt. So schliefen Menschen ohne Strom in dunklen Nächten 25 Minuten länger als in Vollmondnächten. Bei Menschen mit eingeschränktem Zugang zu elektrischem Licht dauerte der Schlaf 19 Minuten länger, jene mit vollem Zugang ruhten elf Minuten mehr.
Die Forscher mutmaßen, dass das sich mit den Mondphasen verändernde Schlafverhalten ein Erbe aus vorindustrieller Zeit ist. „Zu bestimmten
Zeiten des Monats ist der Mond eine signifikante abendliche Lichtquelle, und das ist unseren Vorfahren schon vor Tausenden von Jahren deutlich aufgefallen“, sagt Biologe Leandro Casiraghi von der Universität von Washington.
Ob auch der weibliche Zyklus vom Mond beeinflusst werden kann, prüften die Autoren der zweiten Studie. In der internationalen Untersuchung wurden die Menstruationszyklen von 22 Frauen aus einem Zeitraum von durchschnittlich 15 Jahren ausgewertet und dann mit dem entsprechenden Mondzyklus abgeglichen. Wobei „Mondzyklus“eigentlich eine Vereinfachung sei, so Studienleiterin und Chronobiologin Charlotte Förster von der Universität Würzburg: „Wissenschaftlich gesehen weist der
Mond drei verschiedene Zyklen auf, die seine Leuchtkraft und die Schwerkraft, mit der er auf die Erde wirkt, periodisch verändern.“
Jene drei Zyklen beeinflussten die Intensität des Mondlichts, die Gravitationskräfte – und oftmals das Einsetzen der Menstruation bei Frauen, so das Ergebnis der Studie. Das nächtliche Mondlicht scheine dabei der stärkste Taktgeber zu sein, aber auch die Gravitationskräfte des Mondes würden dazu beitragen. Dabei folgten nicht alle Frauen den Mondzyklen und wenn doch, dann vor allem Frauen unter 35 Jahren. Die Synchronität nehme außerdem nicht nur mit zunehmendem Alter ab: Sie scheine auch in dem Maße zu sinken, in dem Frauen nachts künstlichem Licht ausgesetzt seien.