Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Eindrucksvolle Bestätigung für hohes Niveau
Der VFB Friedrichshafen imponiert beim 3:1 gegen die BR Volleys – dabei überrascht Zuspieler Joe Worsley
- Michael Warm steigt in sein Auto. Schnell weg aus Berlin, so lautet sein Motto am Mittwochabend. Der Grund ist nicht, dass er gerade Zeit für sich braucht oder gar die Flucht ergreift. Es ist ganz simpel: Warm, der Trainer des Volleyball-bundesligisten VFB Friedrichshafen, erwartet Nachwuchs. Und um die Geburt nicht zu verpassen, machte sich der 52-Jährige noch in der Nacht sofort auf den langen Weg an den Bodensee. Mit einem sehr befriedigenden Gefühl, schließlich hatte seine Mannschaft gerade das Topspiel bei den Berlin Recycling Volleys mit 3:1 gewonnen. Deshalb benötigte er auch keinen Wachhalter. Er war noch voller Adrenalin von diesem Duell gegen den größten Meisterschaftskonkurrenten.
Der VFB, das wusste Warm unmittelbar nach der Begegnung, absolvierte ein sehr gutes Volleyballspiel. „Es ist ein großes Ding, in Berlin zu gewinnen. Das ist nicht irgendeine Mannschaft – wahrscheinlich sogar die beste Mannschaft, die Berlin jemals hatte – und das wollen viele machen. Man kann sich das schon merken, unser Sieg ist ein Ausrufezeichen“, betont Warm. Vor allem die Art und Weise steigerte den Wert dieses Erfolgs. Schon zum zweiten Mal in der Saison hatten die Häfler Volleyballer die hochkarätige Truppe aus der deutschen Hauptstadt ziemlich schwach aussehen lassen. Sie bewiesen eindrucksvoll: Der 3:0Sieg im ersten Heimspiel in der Messehalle
war keine Eintagsfliege. „Ein Ausrutscher nach oben kann immer passieren. Aber nun haben wir schon ein paar Spiele gegen Topteams gewonnen, in der Bundesliga sowie auch in der Champions League. Das zeigt, dass da ganz viel Entwicklung da ist und wir uns ein gutes Niveau erarbeitet haben.“
Dazu gehört sicherlich harte Arbeit. In der Spitze braucht es aber mehr, in erster Linie ein ausgeklügelter taktischer Plan – und der ist beim VFB klar erkennbar. Die Stärken des Gegners werden minimiert und schon im Vorfeld bereitet Friedrichshafen den Sieg genau vor. Ohne sich selbst zu schwächen, denn trotzdem schafft es Friedrichshafen seit geraumer Zeit ziemlich konstant ein sehr variantenreiches und flüssiges Spiel aufzuziehen. Das ist das Verdienst des gesamten Trainerteams und insbesondere von Warm, der als Chefcoach die Hauptverantwortung trägt. Für das Spiel am Mittwoch hatten sie jedenfalls wieder einen fantastischen Job gemacht. Der VFB besaß gute Antworten auf die druckvollen Aufschläge der Berliner und positionierte sich am Netz in den richtigen Räumen, um effektive Blockarbeit leisten zu können. Im Angriff agierten sie intelligent und entschlossen – die Berliner kamen damit nur sehr selten zurecht.
Ein Plan funktioniert letztlich aber auch nur, wenn die Protagonisten ihn umsetzen können. In Friedrichshafen ist das kein Problem und das sogar in der Breite. Der VFB kann auf seine zweite Reihe zählen, dafür gab es am Mittwoch den perfekten sowie endgültigen Beweis. Beim großartigen Sieg in der Hauptstadt gelang es den Häflern nämlich den Ausfall ihrer beiden Topspieler Dejan Vincic und Marcus Böhme zu kompensieren. Das lag allen voran an den beiden Mittelblockern David Fiel und Nehemiah Mote, die eine hervorragende Leistung zeigten. Darüber hinaus überraschte Zuspieler Joe Worsley positiv. Der 23-jährige Us-amerikaner wählte sehr geschickte Zuspiele und vereinfachte die Aufgabe für seine angreifenden Teamkollegen – insbesondere Linus Weber – damit enorm. „Joe ist ein Wettkampftyp. Wenn es darauf ankommt, dann ist er da“, lobte Warm, der weiß, was er an seinem Zuspieler hat: „Dejan ist die Nummer eins, da gibt es keine Diskussionen. Aber jetzt haben wir die Bestätigung und wissen, dass wir auch mit Joe auf hohem Niveau spielen können.“Aufgrund seiner starken Vorstellung verzieh er ihm auch einen Fehler, der dem VFB laut Warm auch den dritten Satz kostete. Ein Schönheitsfehler am Mittwochabend – nicht mehr und nicht weniger.
Mit dem Sieg hat der VFB den Vorsprung auf den Zweiten aus Berlin auf acht Punkte ausgebaut und den ersten Platz in der normalen Bundesligasaison damit nun schon so gut wie sicher. Zudem stärkt der 13. Sieg in Serie ihr Selbstvertrauen, das sind gute Voraussetzungen um am Freitag beim VC Olympia Berlin (15 Uhr, live auf sporttotal.tv) den nächsten Erfolg in der Hauptstadt zu feiern. Auch ohne Warm, der aus guten Gründen fehlt und seinem Co-trainer Thomas „Bob“Ranner damit sein Debüt als Chefcoach beschert.