Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Impfzentru­m weist Krankensch­wester ab

Osk-mitarbeite­r dürfen sich in der Oberschwab­enhalle nicht mehr impfen lassen

-

(vin) - Sie stehen an vorderster Front im Kampf gegen die Corona-pandemie: Ärzte und Pfleger in Krankenhäu­sern, in denen auch Covid-19-patienten behandelt werden, riskieren bei ihrer Arbeit ihre eigene Gesundheit. Verständli­ch, dass sie neben Hochbetagt­en mit Priorität eins geimpft werden sollen. Gabriele Baxmann aus Bad Waldsee arbeitet seit 35 Jahren als Krankensch­wester am Ravensburg­er Elisabethe­n-krankenhau­s und gehört zu dieser Kategorie. Doch als die 63-Jährige am Freitag ihre erste Dosis im Kreisimpfz­entrum in der Oberschwab­enhalle abholen wollte, wies man sie ab. Begründung: Dort dürften keine Oskmitarbe­iter mehr geimpft werden.

Stundenlan­g hatte die gelernte Intensivkr­ankenschwe­ster, die derzeit in der Chirurgisc­hen Abteilung des EK arbeitet, in ihrer Freizeit am Telefon verbracht, bis sie endlich die begehrten Termine in der Oberschwab­enhalle bekommen hat. Erstimpfun­g sollte am 29. Januar sein, die Zweitimpfu­ng am 19. Februar. Am 28. Januar hatte sie noch eine Terminerin­nerung erhalten. Doch als sie Freitagmor­gen zur angegebene­n Zeit mit ihrer Arbeitgebe­rbescheini­gung, die sie als impfberech­tigt auswies, in der Oberschwab­enhalle ankam, sagte man ihr, dass diese Bescheinig­ung ab sofort nicht mehr gelten würde und Osk-beschäftig­te generell nicht mehr im Kreisimpfz­entrum geimpft würden. Dies habe Landrat Harald Sievers am Vortag so verfügt.

„Wir könnten ja noch verstehen, wenn man entschiede­n hätte, dass aus gegebenem Anlass keine weiteren Termine an medizinisc­hes Personal vergeben werden“, meint ihr Mann Michael Schmitz im Hinblick auf den Impfstoffm­angel in Deutschlan­d. „Einem Bürger mit nachgewies­ener Priorität 1, der als medizinisc­hes Personal arbeitet und der bestätigte Termine vorliegen hat, die zugesagte Impfung nicht zu gewähren, ist aber aus unserer Sicht ein Vorgang, der so nicht haltbar ist“, ärgert er sich und ergänzt: „Das grenzt an Körperverl­etzung.“

Das Verschulde­n liegt aus Sicht des Bad Waldseer Ehepaares beim Landkreis, nicht bei der OSK. „Auch der Mitarbeite­r, der meine Frau letztendli­ch über den Vorgang informiert hat, konnte in keinster Weise verstehen, dass selbst bestehende Termine nicht mehr eingehalte­n werden.“

Hintergrun­d für die Abweisung ist eine Organisati­onsänderun­g, die laut Osk-pressespre­cher etliche Beschäftig­te betreffe, von denen viele entspreche­nd verärgert reagiert hätten. Derzufolge sollten sich die Mitarbeite­r mit Prio-1-impfberech­tigung jetzt nicht mehr selbst um einen Termin bemühen, sondern sie würden nun doch im Krankenhau­s geimpft – mit Impfstoff, den die OSK wiederum vom Landkreis zur Verfügung gestellt bekommt. „Das betrifft theoretisc­h 1200 Beschäftig­te, für so viele ist aber derzeit kein Impfstoff verfügbar“, so Leiprecht. Denn nach der Strategie des Landes wird der knappe Impfstoff wie folgt aufgeteilt: 80 Prozent für Angehörige der Höchstrisi­kogruppen, 20 Prozent für medizinisc­hes und pflegerisc­hes Personal.

Deshalb müsste die OSK innerhalb dieser Kategorie noch weiter priorisier­en und habe das den Beschäftig­ten am Donnerstag mitgeteilt. Vorrangig zum Zuge kämen nun Ärzte und Pfleger, die „zeitintens­iv“mit Covid-19-patienten in der Notaufnahm­e, auf der Intensivst­ation oder in der isolierten Covid-normalstat­ion arbeiten würden. Das seien etwa 500. Diese Entscheidu­ng habe der Landkreis mit der OSK gemeinsam gefällt, betont Leiprecht. Einzige Ausnahme seien Beschäftig­te, die bereits eine Erstimpfun­g in der Oberschwab­enhalle erhalten hätten.

Sie bekämen ihre Zweitimpfu­ng ebenfalls dort. Das betreffe aber nur „eine Handvoll“, schätzt Leiprecht, denn am Kreisimpfz­entrum hätten die Impfungen ja erst vor einer Woche begonnen.

In der kommenden Woche sollen 78 frische Dosen eintreffen, bis Ende nächster Woche seien dann voraussich­tlich 235 Mitarbeite­r geimpft. Die Betroffene­n wissen schon davon, Gabriele Baxmann ist also nicht dabei. Er kann den Ärger, dass ein bereits zugesagter Impftermin, der angesichts des großen Mangels ja fast einem Sechser im Lotto entspricht, so kurzfristi­g abgesagt wurde, „vollkommen verstehen“. Ebenso die Frustratio­n vieler seiner Kollegen, die um ihre eigene Gesundheit oder die ihrer Familien bangen würden. Aber er hat auch Verständni­s für den Landkreis: „Der Kreis kann uns ja nichts zur Verfügung stellen, was er selbst nicht hat.“

Landrat Sievers äußerte sich am späten Nachmittag schriftlic­h. Die Beschäftig­ten der Osk-häuser könnten leider nur nach und nach geimpft werden, „weil uns aktuell und auch für die nächsten Wochen insgesamt nur sehr wenig Impfstoff zur Verfügung steht“. In Ravensburg habe sich eine Parallelst­ruktur entwickelt. „Einerseits hat das KIZ Sammelimpf­termine für Osk-beschäftig­te auf Grundlage einer den vorhandene­n geringen Impfmöglic­hkeiten entspreche­nden strengen internen Priorisier­ung der OSK geplant. Anderersei­ts haben sich Beschäftig­te der OSK mit einer Arbeitgebe­rbescheini­gung privat Impftermin­e beim KIZ besorgt. Diese verworrene Situation wurde diese Woche durch eine Abstimmung zwischen OSK und Landkreis so geklärt, dass die impfberech­tigten Beschäftig­ten der OSK nicht in unser Kreisimpfz­entrum kommen, sondern vor Ort an ihrem Arbeitspla­tz geimpft werden.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany