Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Behörden kassieren Rüffel in Sachen Datenschutz
Bewerberliste für Impfzentren landete bei privater Firma – Landesbeauftragter für Datenschutz kritisiert Vorgehen
- Nach dem Ärger wegen weitergegebener Kontaktdaten von Bewerbern für Kreisimpfzentren im gesamten Regierungsbezirk Tübingen hat es nun einen Rüffel aus Stuttgart gegeben: Die Stelle des Landesbeauftragten für Datenschutz kritisiert das Vorgehen der Behörden. Für weitere Bewerbungsverfahren dieser Art bietet sie Landratsamt und Regierungspräsidium ihre Beratung an.
Noch bevor der Impfbetrieb gestartet war, hatten sich mehrere Bewerber für die Mitarbeit im Ravensburger Kreisimpfzentrum geärgert: Ihre Daten waren offenbar an eine private Firma weitergegeben worden, die Impfzentren in Ehingen (Alb-donau-kreis) und zwei bayerischen Kommunen betreibt und per E-mail mit Bewerbern aus dem Kreis Ravensburg Kontakt aufnahm. Das Landratsamt Alb-donau-kreis hat infolge einer Sz-recherche eingeräumt, die Daten aller Bewerber aus dem Regierungsbezirk an die Firma weitergereicht zu haben, die als Generalunternehmer für den Betrieb des Impfzentrums Ehingen beauftragt ist, und meldete den Fall an den Landesbeauftragten für Datenschutz, Stefan Brink.
Dessen Haus kommt nach Untersuchung des Falls zu dem Ergebnis, dass die Bewerber von den Behörden nicht ausreichend über die geplante Weitergabe und Verarbeitung ihrer Daten informiert worden sind. „Wir sehen auch, dass die Einrichtung des Bewerbungsverfahrens seinerzeit unter hohem Zeitdruck stand, um rasch die Betriebsbereitschaft der Impfzentren herzustellen“, schreibt Pressesprecher Cagdas Karakurt. Die Beteiligten seien durch den Fall dafür sensibilisiert worden, dass sie künftig klarer im Interesse der Bürger kommunizieren sollten. Für weitere Bewerbungsverfahren bietet er den Behörden die datenschutzrechtliche Beratung an.
Im Detail sehen die Datenschutzexperten ein Problem mit der Aufklärung bei Bewerbungen, die an das Regierungspräsidium Tübingen gerichtet wurden. „In der Datenschutzerklärung heißt es, das Regierungspräsidium werde ,die Daten (...) an die Verantwortlichen der zentralen Impfzentren und an die Kreisimpfzentren’
weiterleiten. Hier ist eine Unklarheit: Wenn die sich bewerbende Person die Möglichkeit erhielt, ihr Interesse auf bis zu drei Kreise zu spezifizieren, hätte die Erklärung aus Sicht der Bewerberinnen und Bewerber möglicherweise auch so verstanden werden können, dass ihre Daten nur an die drei angegebenen Landkreisämter (und ggf. das Sozialministerium als Betreiber von zentralen Impfzentren in diesen Kreisen) übermittelt würden. Für die Beurteilung entscheidend ist, ob der Betroffene abschätzen konnte, wer seine Daten erhält. Mit Blick auf den Grundsatz der Transparenz der Datenverarbeitung und auf das Erfordernis einer konkreten und hinreichend informierten Einwilligung wäre eine präzisere Formulierung geboten gewesen.“
Den Bewerbern war also im Zweifel nicht genau klar, welche Behörden die Daten erhalten. Nun hatte aber sogar eine private Firma Zugriff darauf. Dazu schreibt der Pressesprecher des Landesdatenschutzbeauftragten: „Eine Datenübermittlung seitens der Landratsämter an (private) Dienstleister kann nur mittels einer weiteren informierten Einwilligung oder auf Basis einer Auftragsverarbeitungsvereinbarung erfolgen. In jedem Fall hätte außerdem eine Information der Betroffenen nach Artikel 13 bzw. 14 Datenschutzgrundverordnung über eine derartige Weitergabe der Daten erfolgen müssen.“Der Sprecher des Regierungspräsidiums, Dirk Abel, gesteht zu, dass man sich darüber streiten könne, ob die Aufklärung vor der Bewerbung so zu lesen war, dass die Daten an alle Impfzentren weitergegeben werden oder nicht. Für die Hinweisen des Landesbeauftragten für Datenschutz sei das Regierungspräsidium dankbar. „Sollten wir wieder so ein Formular brauchen, sind wir bereit, Beratung in Anspruch zu nehmen“, so Abel.
Im Landratsamt des Alb-donaukreises ist durch den Fall die Sensibilisierung für Datenschutz gestiegen, wie Pressesprecher Bernd Weltin am Mittwochnachmittag sagte. „Die Dinge sind nicht gelaufen, wie sie laufen sollten. Wir würden das jetzt anders machen, wenn wir die Uhr zurückdrehen könnten.“Auch er sagt, sein Haus werde die Anregungen aus Stuttgart aufnehmen.