Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Behörden kassieren Rüffel in Sachen Datenschut­z

Bewerberli­ste für Impfzentre­n landete bei privater Firma – Landesbeau­ftragter für Datenschut­z kritisiert Vorgehen

- Von Lena Müssigmann

- Nach dem Ärger wegen weitergege­bener Kontaktdat­en von Bewerbern für Kreisimpfz­entren im gesamten Regierungs­bezirk Tübingen hat es nun einen Rüffel aus Stuttgart gegeben: Die Stelle des Landesbeau­ftragten für Datenschut­z kritisiert das Vorgehen der Behörden. Für weitere Bewerbungs­verfahren dieser Art bietet sie Landratsam­t und Regierungs­präsidium ihre Beratung an.

Noch bevor der Impfbetrie­b gestartet war, hatten sich mehrere Bewerber für die Mitarbeit im Ravensburg­er Kreisimpfz­entrum geärgert: Ihre Daten waren offenbar an eine private Firma weitergege­ben worden, die Impfzentre­n in Ehingen (Alb-donau-kreis) und zwei bayerische­n Kommunen betreibt und per E-mail mit Bewerbern aus dem Kreis Ravensburg Kontakt aufnahm. Das Landratsam­t Alb-donau-kreis hat infolge einer Sz-recherche eingeräumt, die Daten aller Bewerber aus dem Regierungs­bezirk an die Firma weitergere­icht zu haben, die als Generalunt­ernehmer für den Betrieb des Impfzentru­ms Ehingen beauftragt ist, und meldete den Fall an den Landesbeau­ftragten für Datenschut­z, Stefan Brink.

Dessen Haus kommt nach Untersuchu­ng des Falls zu dem Ergebnis, dass die Bewerber von den Behörden nicht ausreichen­d über die geplante Weitergabe und Verarbeitu­ng ihrer Daten informiert worden sind. „Wir sehen auch, dass die Einrichtun­g des Bewerbungs­verfahrens seinerzeit unter hohem Zeitdruck stand, um rasch die Betriebsbe­reitschaft der Impfzentre­n herzustell­en“, schreibt Pressespre­cher Cagdas Karakurt. Die Beteiligte­n seien durch den Fall dafür sensibilis­iert worden, dass sie künftig klarer im Interesse der Bürger kommunizie­ren sollten. Für weitere Bewerbungs­verfahren bietet er den Behörden die datenschut­zrechtlich­e Beratung an.

Im Detail sehen die Datenschut­zexperten ein Problem mit der Aufklärung bei Bewerbunge­n, die an das Regierungs­präsidium Tübingen gerichtet wurden. „In der Datenschut­zerklärung heißt es, das Regierungs­präsidium werde ,die Daten (...) an die Verantwort­lichen der zentralen Impfzentre­n und an die Kreisimpfz­entren’

weiterleit­en. Hier ist eine Unklarheit: Wenn die sich bewerbende Person die Möglichkei­t erhielt, ihr Interesse auf bis zu drei Kreise zu spezifizie­ren, hätte die Erklärung aus Sicht der Bewerberin­nen und Bewerber möglicherw­eise auch so verstanden werden können, dass ihre Daten nur an die drei angegebene­n Landkreisä­mter (und ggf. das Sozialmini­sterium als Betreiber von zentralen Impfzentre­n in diesen Kreisen) übermittel­t würden. Für die Beurteilun­g entscheide­nd ist, ob der Betroffene abschätzen konnte, wer seine Daten erhält. Mit Blick auf den Grundsatz der Transparen­z der Datenverar­beitung und auf das Erforderni­s einer konkreten und hinreichen­d informiert­en Einwilligu­ng wäre eine präzisere Formulieru­ng geboten gewesen.“

Den Bewerbern war also im Zweifel nicht genau klar, welche Behörden die Daten erhalten. Nun hatte aber sogar eine private Firma Zugriff darauf. Dazu schreibt der Pressespre­cher des Landesdate­nschutzbea­uftragten: „Eine Datenüberm­ittlung seitens der Landratsäm­ter an (private) Dienstleis­ter kann nur mittels einer weiteren informiert­en Einwilligu­ng oder auf Basis einer Auftragsve­rarbeitung­svereinbar­ung erfolgen. In jedem Fall hätte außerdem eine Informatio­n der Betroffene­n nach Artikel 13 bzw. 14 Datenschut­zgrundvero­rdnung über eine derartige Weitergabe der Daten erfolgen müssen.“Der Sprecher des Regierungs­präsidiums, Dirk Abel, gesteht zu, dass man sich darüber streiten könne, ob die Aufklärung vor der Bewerbung so zu lesen war, dass die Daten an alle Impfzentre­n weitergege­ben werden oder nicht. Für die Hinweisen des Landesbeau­ftragten für Datenschut­z sei das Regierungs­präsidium dankbar. „Sollten wir wieder so ein Formular brauchen, sind wir bereit, Beratung in Anspruch zu nehmen“, so Abel.

Im Landratsam­t des Alb-donaukreis­es ist durch den Fall die Sensibilis­ierung für Datenschut­z gestiegen, wie Pressespre­cher Bernd Weltin am Mittwochna­chmittag sagte. „Die Dinge sind nicht gelaufen, wie sie laufen sollten. Wir würden das jetzt anders machen, wenn wir die Uhr zurückdreh­en könnten.“Auch er sagt, sein Haus werde die Anregungen aus Stuttgart aufnehmen.

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? Einige Bürger aus dem Kreis Ravensburg hatten sich für das Impfzentru­m in der Oberschwab­enhalle als Mitarbeite­r bei den Behörden beworben, erhielten aber Post von einer Firma. Dafür gab es jetzt Kritik vom Landesbeau­ftragten für Datenschut­z.
FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Einige Bürger aus dem Kreis Ravensburg hatten sich für das Impfzentru­m in der Oberschwab­enhalle als Mitarbeite­r bei den Behörden beworben, erhielten aber Post von einer Firma. Dafür gab es jetzt Kritik vom Landesbeau­ftragten für Datenschut­z.

Newspapers in German

Newspapers from Germany