Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schulsozialarbeiter möchten „Mutmacher“sein
Monika Hopstock, Hilde Purkart und Matthias Stöhr sind wichtige Gesprächspartner für Schüler und Eltern
- Lernschwierigkeiten durch Fernunterricht, Cybermobbing, fehlender Kontakt zu Gleichaltrigen, Sucht, Trauer oder selbstverletzendes Verhalten sind Probleme, mit denen sich Schüler und ihre Eltern derzeit herumschlagen. Das Team der Schulsozialarbeit im Bildungszentrum Döchtbühl steht Schülern und Eltern deshalb auch in Corona-zeiten als „Mutmacher“beratend zur Seite und ist wie gewohnt erreichbar. Die SZ hat bei den Schulsozialarbeitern Monika Hopstock, Hilde Purkart und Matthias Stöhr nachgefragt, wie sie Betroffene in der Pandemie erreichen und welche Möglichkeiten der Hilfestellung sie anbieten können.
Im Lockdown ist Mobbing im Internet unter Schülern ein Problem, weil der Fernunterricht digital abläuft und auch in der Freizeit das Smartphone Kommunikationsmittel Nummer eins ist. Da ist es ein Leichtes, Gleichaltrige bei Whatsapp zu beleidigen oder in Gruppen bloßzustellen.
Nicht von ungefähr beklagte Waldsees Realschulrektor Mitte Januar in einem Elternbrief, dass „in den letzten Wochen bei uns wieder verstärkt Fälle von Cybermobbing vorkamen. Wir bitten Sie daher, gerade in Zeiten, wo dieses Medium noch mehr genutzt wird, dieses Thema mit Ihrem Kind zu besprechen und es dafür zu sensibilisieren, dass Cybermobbing strafbar ist“, schrieb Volker Kläger dazu.
Neben den Eltern ist hier die Schulsozialarbeit als neutrale Einrichtung gefordert, um Schüler zu begleiten und ihnen – falls nötig – aus einem Schlamassel herauszuhelfen. „Auch in dieser schwierigen Zeit sind wir ganz normal telefonisch, digital und persönlich erreichbar, obwohl die Schulen noch geschlossen sind“, betonen Hopstock, Purkart und Stöhr. In Gesprächen ermutigen sie ihre Schüler und stärken sie, hören ihnen zu und vermitteln den Heranwachsenden eine „Verlässlichkeit in der Beziehung. Wir können ihnen aber auch, wenn es einmal ’ganz schlimm’ sein sollte, Kontakte vermitteln und fachliche Begleitung anbieten“, stellt das Team die Möglichkeit fundierter Hilfe in Aussicht. „Es ist für uns alle eine komplizierte, nie da gewesene Situation, und dennoch versuchen wir, unser Bestes für unsere Schüler zu geben und für sie da zu sein, so gut es eben geht.“
Die Anrufe am „Sorgentelefon“hätten seit Mitte Januar wieder zugenommen, weil die Schulsozialarbeiter auch während des Fernunterrichtes an den bekannten Bürozeiten festhalten. „Ein telefonischer Kontakt kann aber persönliche Gespräche nicht ersetzen. Die Hemmschwelle, am Telefon über Probleme zu reden, ist bei Kindern und Jugendlichen deutlich höher, Gesprächsinhalte gehen unter, Mimik und Gestik können nicht transportiert werden“, haben Hopstock, Purkart und Stöhr festgestellt. Auch mussten manche Hilfsangebote, die man vor Corona persönlich begleitet hätte, um Familien oder Schüler zu unterstützen, verschoben werden. „Angestoßene Hilfeprozesse verschleppen sich dadurch oder kommen zum Erliegen, und deshalb muss nach Wiederaufnahme des Präsenzunterrichtes vieles erst wieder mühsam reaktiviert werden“, stellt sich das Team auf arbeitsreiche Wochen nach Ende des Lockdowns ein.
Die drei Schulsozialarbeiter rechnen im Frühjahr mit vielen Problemen, weil auf Schüler im restlichen Schuljahr vielfältige Herausforderungen warten, die sie im häuslichen Umfeld zuletzt nicht meistern mussten. „Aber unsere wachsamen Lehrkräfte unterstützen die Betroffenen und scheuen sich nicht, bei uns Unterstützung zu holen, wenn Schüler erkennbar belastet erscheinen“, verspricht das Team. Nach dessen Einschätzung
sind auch in der Kurstadt besonders Familien in sozial schwierigen Lebensumständen von der Krise betroffen. „Wo es schon vorher schwierig war, wird die Situation durch Corona noch befeuert. Neben ihren Ängsten, sich selbst und die Familie anzustecken, kommen enge Wohnverhältnisse, Arbeitslosigkeit, finanzielle Not, Homeschooling, Resignation durch entstehende Wissenslücken, technische Probleme mit Moodle, Datenvolumen oder Bedienung der Endgeräte, familiäre Konflikte, psychische Belastungen, Vereinsamung durch Kontaktbeschränkungen, fehlende Freizeitangebote und der gesteigerte Medienkonsum hinzu“, wissen die Schulsozialarbeiter aus Gesprächen mit Betroffenen.
Dabei könne ein positives Umfeld im Elternhaus durchaus dabei behilflich sein, die negativen Folgen der Pandemie abzumildern und die Zuversicht nicht zu verlieren.