Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Friseure zwischen Hoffen und Bangen
Salonbesitzer machen Ärger Luft – Friseurin: „Schwarzarbeit ist weit gefährlicher“
- Kurz vor Weihnachten mussten die Friseurbetriebe in Deutschland erneut schließen. Die Regierung versprach den Inhabern der zum zweiten Mal von Schließungen betroffenen Geschäfte schnelle, unbürokratische Hilfen. Wie es darum bestellt ist und wie es Aulendorfer Friseuren im Moment geht, hat die „Schwäbische Zeitung“bei einigen Betrieben nachgefragt.
Ulrike Wirbel, Präsidentin der Vereinigung Intercoiffure Deutschland, sagt, dass die Ungewissheit einen schon mürbe machen würde. Dies bestätigten auch ihre Mitarbeiterinnen, mit denen sie regelmäßig in Kontakt stehe. „Unsere größte Leidenschaft ist unser Beruf. Und wir wollen alle so schnell wie möglich wieder arbeiten“, bekräftigt sie.
Wenn es so weit wäre, müsse dies aber unbedingt kontrolliert ablaufen. Dass dies möglich ist, hätten die Friseure ja im vergangenen Frühjahr bewiesen. Das Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiterinnen sei eingegangen. Und sie sei in der glücklichen Lage, dieses aufstocken zu können.
Dagegen seien die Anträge für die staatlichen Hilfen für die Betriebe in Form der Überbrückungshilfe III noch nicht einmal ausgegeben worden. Zudem müssten diese seit Neuestem
von einem Steuerberater gestellt werden, was wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden sei. Wirbel ist überzeugt davon, dass ohne ausreichende Rücklagen oder einen Partner, der finanziell unterstützend eingreift, viele Betriebe nicht überleben könnten, zumal sie befürchtet, dass die Situation noch länger andauert.
Friseurmeisterin Renate Kästle steht sowohl mit ihren Mitarbeitern als auch mit Kollegen in Verbindung und weiß, dass die momentane Situation eine ganz enge Kiste ist. „Wir sind jetzt seit sieben Wochen zu Hause. Und Kurzarbeit ist Kurzarbeit, das darf man nicht verharmlosen“, betont sie. Besonders schlimm treffe es die 450 Euro-kräfte, die vom Gesetz her völlig durchs Raster fallen und auf die freiwillige Unterstützung des Arbeitgebers angewiesen seien.
Sie kann nicht nachvollziehen, dass Friseursalons schließen mussten, obwohl sie trotz strenger Einhaltung aller Hygieneregeln überwiegend hinter dem Kunden arbeiten.
Dagegen würden andere Berufsgruppen, wie etwa Physiotherapeuten, genau so nahe, wenn nicht näher, weil unmittelbar über oder vor dem Patienten, arbeiten.
Mit dem Thema Schwarzarbeit wird sie öfter durch Kundenanfragen konfrontiert und sieht auch beim Einkaufen, an welchen Köpfen professionell Hand angelegt worden ist. Die Friseurin ist überzeugt: „Schwarzarbeit ist weit gefährlicher, als wenn die Salons mit strengem Hygienekonzept öffnen dürften.“Sie hofft, dass die Bundesregierung dem Beispiel Österreichs folgt und die Friseurbetriebe bald wieder öffnen dürfen. Dieser Schritt, so Kästle, würde viele Betriebe, die unmittelbar am Existenzminimum sind, vielleicht retten.
Birgit Jakobs hatte im Januar ihr 20-jähriges Jubiläum als selbstständige, mobile Friseurin und betreibt zusätzlich einen stationären Friseursalon in Steinenbach. Sie beschreibt ihre Situation folgendermaßen: „Diese Warterei, wann wieder geöffnet werden darf, ist total nervig. Man sitzt ein
Ulrike Wirbel wenig wie auf heißen Kohlen. Es ist ja auch so, dass die Einnahmen fehlen und die Unkosten nach wie vor da sind.“
Von schneller Hilfe könne keine Rede sein, und selbst wenn es weitergehe, könne niemand wissen, wann der nächste Lockdown komme. Die Friseurmeisterin befürchtet, dass die Auflagen noch strenger werden, obwohl die Hygiene in ihrer Branche immer schon an erster Stelle gestanden habe. Auch sie sieht eine Zunahme der Schwarzarbeit, wenn sie in der Stadt unterwegs ist.
Für Jakobs hakt es seitens der Regierung an der Relation der Verbote. „Wir Friseure haben uns strikt an die Hygienemaßnahmen gehalten. Wenn ich dagegen sehe, wie es beim Einkaufen teilweise zugeht, ob in Bezug auf falsches Maskentragen oder Gedränge, da stimmt einfach das Verhältnis nicht.“
Leider würden zu viele Menschen die Maßnahmen nicht einhalten. Und die Selbstständigen seien die Leidtragenden, fügt die Friseurin hinzu. Sie selbst hat die behördlich verordnete Zwangspause genutzt, um nach dem Lockdown mit einem neuen Konzept durchzustarten, und freut sich deshalb doppelt darauf, bald wieder arbeiten zu dürfen. Momentan überwiegt jedoch die Skepsis, dass dies in naher Zukunft möglich sein wird.
„Unsere größte Leidenschaft ist unser Beruf. Und wir wollen alle so schnell wie möglich wieder arbeiten.“