Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Verdächtig­er nun doch in Haft

Toter in Weingarten­er Studentenw­ohnheim: Richter heben Beschluss von Amtsgerich­t auf

- Von Oliver Linsenmaie­r

- Der 17 Jahre alte Jugendlich­e, der unter dringendem Tatverdach­t steht, einen 37-Jährigen in einem Weingarten­er Studentenw­ohnheim getötet zu haben, ist nun doch in Haft. So wurde er bereits am vergangene­n Donnerstag festgenomm­en. Das haben die Ravensburg­er Polizei und Staatsanwa­ltschaft in einer gemeinsame­n Pressemitt­eilung erklärt. Damit erhält der ohnehin schon spektakulä­re Fall eine weitere Wendung.

Schließlic­h hatte der Haftrichte­r vom Ravensburg­er Amtsgerich­t den 17-Jährigen nach der Haftvorfüh­rung wieder auf freien Fuß gesetzt. Und das, obwohl ein Zeuge ihn als Täter zweifelsfr­ei identifizi­ert hatte. Allerdings hatte der Haftrichte­r nicht ausschließ­en wollen, dass es sich bei der Tat um Notwehr gehandelt hatte, weswegen er keine Haft anordnete. Allerdings bewertete Oberstaats­anwalt Wolfgang Angster die Gemengelag­e etwas anders – wie nun auch die 2. Strafkamme­r des Ravensburg­er Landgerich­ts.

„Entgegen der Auffassung des Amtsgerich­ts geht das Landgerich­t nach vorläufige­r Gesamtwürd­igung des bisherigen Ermittlung­sergebniss­es nicht davon aus, dass der 17-Jährige in Notwehr gehandelt hat“, heißt es in der Pressemitt­eilung. Und Matthias Mages, Pressespre­cher des Landgerich­ts, ergänzt auf Sz-anfrage: „Daneben bejahte die Kammer die Haftgründe der Flucht- und Verdunklun­gsgefahr.“

Damit wurde der Beschluss des Amtsgerich­ts aufgehoben und bereits am 3. Februar ein Haftbefehl ausgestell­t, der dann am 4. Februar vollstreck­t wurde. Dabei sehen die Richter nicht ausschließ­lich die Tötung als Grund für die Haft an. Auch der Vorwurf des Drogenhand­els kommt erschweren­d hinzu. So wird dem 17-Jährigen nun einerseits „Totschlag in Tateinheit mit bewaffnete­m Handeltrei­ben mit Betäubungs­mittel in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlic­hem Führen eines verbotenen Gegenstand­es“vorgeworfe­n, wie Mages sagt. Hinzu komme das „bewaffnete Handeltrei­ben mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlic­hem Führen eines verbotenen Gegenstand­es“. Um welche Drogen und welche Mengen es sich dabei handelt, möchte Oberstaats­anwalt Wolfgang Angster auf Sz-nachfrage aus „ermittlung­staktische­n Gründen“nicht sagen. Klar ist ohnehin, dass das deutlich schwerere Vergehen das Tötungsdel­ikt ist.

Da der Jugendlich­e mit seinen 17 Jahren aber noch nicht volljährig ist, dürfte bei ihm – im Falle eines Prozesses und einer Verurteilu­ng – das Jugendstra­frecht angewendet werden. Das sieht selbst bei einem Tötungsdel­ikt maximal vor.

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Am 27. Januar wird ein 37 Jahre alter Mann, der aus dem Landkreis Ravensburg, aber nicht aus Weingarten stammt, von der Polizei in einer Wohngemein­schaft des Wohnheimes tot aufgefunde­n. Die Beamten hatten

zehn Jahre Freiheitse­ntzug einen richterlic­hen Beschluss und wollten die Wohnung wegen eines Drogendeli­kts durchsuche­n.

Fast zeitgleich bekamen die Ermittler einen Hinweis, dass es wohl einen Zeugen der Tat gegeben haben soll. Dieser hatte sich einem Arbeitskol­legen anvertraut, der sich dann bei der Polizei meldete. Daraufhin wurde der Zeuge von den Beamten verhört. Er schilderte, dass er am Abend des 26. Januar gemeinsam mit einem 17 Jahre alten Jugendlich­en bei dem späteren Opfer gewesen ist. Im Laufe des Abends soll es zu einem Streit zwischen dem 17-Jährigen und dem 37Jährigen gekommen sein. Dabei soll es um Drogengesc­häfte und erhebliche offene Schulden gegangen sein. Im weiteren Verlauf soll das spätere Opfer den 17-Jährigen immer stärker unter Druck gesetzt

Aus dem Presseschr­eiben des Landgerich­ts und mehrfach mit den Fäusten auf diesen eingeschla­gen und ihn auch gewürgt haben.

Der Jugendlich­e wehrte sich, indem er mit einem Springmess­er auf sein Gegenüber einstach. In diesem Moment, so schildert es der Zeuge, soll der 37-Jährige gesagt haben, dass er nun auch ein Messer hole. Daher soll der 17-Jährige nicht von seinem Opfer abgelassen und weiter auf es eingestoch­en haben. Der Obduktion zufolge waren diese weiteren Stiche – auch in den Hals – letztlich tödlich.

Die Ravensburg­er Kriminalpo­lizei wird nun weiter ermitteln und die Ergebnisse nach Abschluss der Staatsanwa­ltschaft vorlegen. Diese muss dann wiederum entscheide­n, ob sie Anklage erhebt, was nicht zuletzt wegen der angeordnet­en Haft sehr wahrschein­lich scheint.

Der Beschuldig­te selbst wird bis dahin und bis zu einem etwaigen Prozess auf jeden Fall in Untersuchu­ngshaft bleiben.

Die Haftsache ist auch der Grund, warum der Fall beschleuni­gt behandelt werden wird. Oberstaats­anwalt Angster spricht hierbei vom sogenannte­n „Beschleuni­gungsgebot“.

„Das Landgerich­t geht nach vorläufige­r Gesamtwürd­igung des bisherigen Ermittlung­sergebniss­es nicht davon aus, dass der 17-Jährige in Notwehr gehandelt hat.“

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