Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Verdächtiger nun doch in Haft
Toter in Weingartener Studentenwohnheim: Richter heben Beschluss von Amtsgericht auf
- Der 17 Jahre alte Jugendliche, der unter dringendem Tatverdacht steht, einen 37-Jährigen in einem Weingartener Studentenwohnheim getötet zu haben, ist nun doch in Haft. So wurde er bereits am vergangenen Donnerstag festgenommen. Das haben die Ravensburger Polizei und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärt. Damit erhält der ohnehin schon spektakuläre Fall eine weitere Wendung.
Schließlich hatte der Haftrichter vom Ravensburger Amtsgericht den 17-Jährigen nach der Haftvorführung wieder auf freien Fuß gesetzt. Und das, obwohl ein Zeuge ihn als Täter zweifelsfrei identifiziert hatte. Allerdings hatte der Haftrichter nicht ausschließen wollen, dass es sich bei der Tat um Notwehr gehandelt hatte, weswegen er keine Haft anordnete. Allerdings bewertete Oberstaatsanwalt Wolfgang Angster die Gemengelage etwas anders – wie nun auch die 2. Strafkammer des Ravensburger Landgerichts.
„Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts geht das Landgericht nach vorläufiger Gesamtwürdigung des bisherigen Ermittlungsergebnisses nicht davon aus, dass der 17-Jährige in Notwehr gehandelt hat“, heißt es in der Pressemitteilung. Und Matthias Mages, Pressesprecher des Landgerichts, ergänzt auf Sz-anfrage: „Daneben bejahte die Kammer die Haftgründe der Flucht- und Verdunklungsgefahr.“
Damit wurde der Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und bereits am 3. Februar ein Haftbefehl ausgestellt, der dann am 4. Februar vollstreckt wurde. Dabei sehen die Richter nicht ausschließlich die Tötung als Grund für die Haft an. Auch der Vorwurf des Drogenhandels kommt erschwerend hinzu. So wird dem 17-Jährigen nun einerseits „Totschlag in Tateinheit mit bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen eines verbotenen Gegenstandes“vorgeworfen, wie Mages sagt. Hinzu komme das „bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen eines verbotenen Gegenstandes“. Um welche Drogen und welche Mengen es sich dabei handelt, möchte Oberstaatsanwalt Wolfgang Angster auf Sz-nachfrage aus „ermittlungstaktischen Gründen“nicht sagen. Klar ist ohnehin, dass das deutlich schwerere Vergehen das Tötungsdelikt ist.
Da der Jugendliche mit seinen 17 Jahren aber noch nicht volljährig ist, dürfte bei ihm – im Falle eines Prozesses und einer Verurteilung – das Jugendstrafrecht angewendet werden. Das sieht selbst bei einem Tötungsdelikt maximal vor.
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Am 27. Januar wird ein 37 Jahre alter Mann, der aus dem Landkreis Ravensburg, aber nicht aus Weingarten stammt, von der Polizei in einer Wohngemeinschaft des Wohnheimes tot aufgefunden. Die Beamten hatten
zehn Jahre Freiheitsentzug einen richterlichen Beschluss und wollten die Wohnung wegen eines Drogendelikts durchsuchen.
Fast zeitgleich bekamen die Ermittler einen Hinweis, dass es wohl einen Zeugen der Tat gegeben haben soll. Dieser hatte sich einem Arbeitskollegen anvertraut, der sich dann bei der Polizei meldete. Daraufhin wurde der Zeuge von den Beamten verhört. Er schilderte, dass er am Abend des 26. Januar gemeinsam mit einem 17 Jahre alten Jugendlichen bei dem späteren Opfer gewesen ist. Im Laufe des Abends soll es zu einem Streit zwischen dem 17-Jährigen und dem 37Jährigen gekommen sein. Dabei soll es um Drogengeschäfte und erhebliche offene Schulden gegangen sein. Im weiteren Verlauf soll das spätere Opfer den 17-Jährigen immer stärker unter Druck gesetzt
Aus dem Presseschreiben des Landgerichts und mehrfach mit den Fäusten auf diesen eingeschlagen und ihn auch gewürgt haben.
Der Jugendliche wehrte sich, indem er mit einem Springmesser auf sein Gegenüber einstach. In diesem Moment, so schildert es der Zeuge, soll der 37-Jährige gesagt haben, dass er nun auch ein Messer hole. Daher soll der 17-Jährige nicht von seinem Opfer abgelassen und weiter auf es eingestochen haben. Der Obduktion zufolge waren diese weiteren Stiche – auch in den Hals – letztlich tödlich.
Die Ravensburger Kriminalpolizei wird nun weiter ermitteln und die Ergebnisse nach Abschluss der Staatsanwaltschaft vorlegen. Diese muss dann wiederum entscheiden, ob sie Anklage erhebt, was nicht zuletzt wegen der angeordneten Haft sehr wahrscheinlich scheint.
Der Beschuldigte selbst wird bis dahin und bis zu einem etwaigen Prozess auf jeden Fall in Untersuchungshaft bleiben.
Die Haftsache ist auch der Grund, warum der Fall beschleunigt behandelt werden wird. Oberstaatsanwalt Angster spricht hierbei vom sogenannten „Beschleunigungsgebot“.
„Das Landgericht geht nach vorläufiger Gesamtwürdigung des bisherigen Ermittlungsergebnisses nicht davon aus, dass der 17-Jährige in Notwehr gehandelt hat.“