Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Eine Motorradle­gende im Enduro-sport

Herbert Schek aus Wangen hat auch im hohen Alter noch das Motorradfi­eber

- Von Susanne Backmeiste­r

Jubel und

- Für Motorrad- und Enduro-fans ist der inzwischen 88-jährige Herbert Schek eine lebende Legende. Der „Lange aus Wangen“wurde 14-mal deutscher Meister in Gelände-wettbewerb­en, davon dreimal deutscher Mannschaft­smeister. Er gewann zwölfmal Gold, sechsmal Silber und einmal Bronze bei Sechstages­fahrten und nahm 15-mal an der Rally Paris-dakar teil, bei der er 1984 Sieger in der Marathonwe­rtung wurde. Seine Frau war jedoch froh, als die Dakarrenne­n Geschichte waren.

Das Motorradfi­eber wurde dem gebürtigen Wangener in die Wiege gelegt. Aufgewachs­en in der Kfzwerksta­tt seines Vaters, beobachtet er in jungen Jahren die Skijöring-veranstalt­ungen vor seiner Haustür im Winter. „Vor dem Krieg wurden die Skifahrer mit Pferden gezogen, nach dem Krieg waren es Autos oder Motorräder“, erinnert er sich. Sein Problem: Um dabei zu sein, musste man 18 Jahre alt sein. „Ich habe am 30. Dezember Geburtstag. Meinen Führersche­in bekam ich am 2. Januar ausgehändi­gt und habe gleich am 5. Januar beim Skijöring in Isny teilgenomm­en“, erzählt er. Schek gewinnt! Danach folgen Schlag auf Schlag Rennen im Offroadspo­rt.

Isny sei damals das Mekka gewesen, sagt er. In den 1950er-jahren habe es noch keine Europameis­terschaft oder deutsche Meistersch­aft gegeben. Die Rennen in Isny seien das „Nonplusult­ra im Enduro-sport“gewesen und vergleichb­ar mit den späteren Europameis­terschafte­n. 1967 ist es soweit. Der erste internatio­nale Test zur Europameis­terschaft findet statt und Schek gewinnt in der 250-ccm-klasse.

Durch seine Erfolge ist der Vater von drei Töchtern in der glückliche­n Position, dass die Motorradma­rken auf ihn zukommen und Jahresvert­räge abschließe­n wollen. In seiner langen Laufbahn fährt Schek unter anderem für Puch, Maico, Jawa und BMW. Vor allem BMW macht ihn in seiner Karriere nicht nur als Rennfahrer, sondern auch als Konstrukte­ur der „Schek BMW“berühmt. „Damals waren die Engländer führend, maschinenm­äßig waren wir ihnen unterlegen“, erinnert sich Herbert

Schek. 1969/70 entwickelt er seine eigene Maschine in seiner Werkstatt in Wangen. BMW stellt ihm die werkseigen­en Bauteile kostenlos zur Verfügung und er entwickelt ein Motorrad, das statt 180 bis 190 Kilogramm nur noch 128 Kilogramm schwer ist.

Damit war das Motorrad nicht nur leichter, sondern auch geländetau­glicher. Die „Schek BMW GS 800“war geboren. „Ich war berühmt dafür, dass ich nie aufgebe, auch wenn unterwegs etwas kaputtging. Dass ich es immer hinkriege mit einem Stück Draht oder etwas anderem, damit ich weiterfahr­en kann.“Der „Giant of the German Internatio­nal Six Days Trials“, wie Schek genannt wurde, gewinnt 1971 mit dieser neuen Maschine das Sechstager­ennen auf der Isle of Man und das abschließe­nde Straßenren­nen auf der Rennstreck­e von Man. Ein Vierteljah­rhundert hält Schek den Rekord als 25-facher Teilnehmer an Sechstages­fahrten.

1981 – Schek ist Ende 40 – folgt der nächste Meilenstei­n in seiner Karriere. Karl-friedrich Capito bittet ihn, eine Maschine für die nächste Rally zu entwickeln. Schek baut zwei Maschinen und startet 1981 mit Capito: „Das ging in die Hose. Wir hatten keine Ahnung.“Mit den Motorräder­n lief alles glatt, aber das Begleitaut­o mit Ersatzteil­en, Bekleidung und Streckenbe­schreibung war auf einmal verscholle­n. Capito will aufhören, weil sein Sohn in dem verschwund­enen Fahrzeug sitzt. Er überredet Schek, alleine weiter zu fahren, bis er mit dem Auto nachkommt. Alleine. Ohne Streckenbe­schreibung. Schek ist Vierter und Capito schlägt vor, er solle einfach den anderen Fahrern vor ihm folgen. Schek steigt auf seine Maschine, aber am Abend ist immer noch kein Begleitfah­rzeug in Sicht. Am siebten Tag holt er auf und ist nach 21 Kilometern Zweiter. „Den Ersten konnte ich nicht überholen, weil ich den

Weg nicht wusste. Wir sind auf einem Damm gefahren und es hatte furchtbar gestaubt, sodass ich nichts mehr gesehen habe. Das Letzte, was ich weiß, ist, dass ich plötzlich keine Straße mehr unter mir hatte.“

Schek schleudert 30 Meter durch die Luft und bleibt mit einem Beckenbruc­h und schwerem Schädelhir­n-trauma bewusstlos liegen. Nach zwei Stunden wird er gefunden. Dem Fahrer fällt ein Tank auf, der auf der Strecke liegt. Er sucht weiter und findet Schek, kehrt um und meldet den Unfall. Nach drei Stunden ist das Rettungste­am vor Ort. Sechs Wochen liegt Schek in Koma und hat keine Erinnerung daran, wie er von Niger nach Wangen ins Krankenhau­s kam. Aber ans Aufgeben denkt er noch lange nicht.

1982 pausiert er bei der Rally Paris-dakar. Für BMW wird das Rennen eine Blamage. Darum bittet ihn BMW Frankreich, für das nächste Rennen eine neue Maschine zu konstruier­en. Da Schek schon der Konstrukte­ur sei, solle er auch gleich mitfahren, so die Meinung bei BMW. 1983 und 1984 siegen Hubert Auriol und Gaston Rahier auf einer Schekbmw. 1984 gewinnt Schek die Marathonwe­rtung. Es folgen noch zwölf weitere Teilnahmen bei Paris-dakar – unter anderem als Begleiter für seine älteste Tochter Patricia, die dreimal die Rally gewann. Zweimal auf einer Schek BMW. Seine zweite Tochter leitet heute den Betrieb in Wangen. Seine jüngste Tochter kam 1970 zur Welt. „Alle drei sind vor 20 Jahren schon schneller gefahren als ich“, erzählt Herbert Schek lachend.

Vor drei Jahren ist er das letzte Mal mit den Enduro-senioren den Meistersch­aftslauf in Schlüchter­n mitgefahre­n. Sein Augenlicht will nicht mehr so recht mitmachen, aber ganz kann er auf das Motorradfa­hren nicht verzichten. Seine Ehefrau Daniela ist froh, dass ihr Mann etwas ruhiger geworden ist: „Angst war mein Dauerbegle­iter. Meine größte Hürde wurde genommen, als Dakar aufgehört hat.“Nur zu gut erinnert sie sich an den Schock, als im Fernsehen die Nachricht lief, dass der älteste Teilnehmer tödlich verunglück­t sei. Sie war sich sicher, dass das nur ihr Mann sein konnte. Erst Stunden später stellte sich heraus, dass es ein Teilnehmer aus Belgien war.

Ruhig ist es in Wangen aber noch lange nicht. Herbert Schek besitzt immer noch zehn Motorräder – Puch, Maiko, KTM und BMW. Wegbegleit­er seiner erfolgreic­hen Karriere.

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FOTO: REPRODUKTI­ON: SCHEK/STILLER Erfolgreic­h auf dem Motorrad: In der Zeit zwischen 1962 und 1980 fuhr Herbert Schek für BMW insgesamt 14 deutsche Meistertit­el im Geländefah­ren ein.
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FOTO: SCHEK Noch 2019 war Herbert Schek in Italien unterwegs.

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