Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Eine Frage der Ympathie

- ●» r.waldvogel@schwaebisc­he.de

Da die „Sprachplau­dereien“eine bewährte Rubrik seien, wolle er hier gerne einmal lesen, was man sich unter strafbewäh­rt vorstellen muss. So schrieb jetzt ein Leser nicht ohne Witz, und diesem Wunsch wollen wir uns nicht verschließ­en – zumal der Mann Grund zum Kopfschütt­eln hatte. In unserer Samstagsau­sgabe war von einem Zahnmedizi­ner die Rede, der fahrlässig mit Patientend­aten umgegangen sein soll. Und da stand dann, dieses Vergehen sei strafbewäh­rt. Richtig gewesen wäre strafbeweh­rt. Aber seien wir ehrlich: Dieser Fehler ist verzeihlic­h, denn strafbeweh­rt ist ein nicht gerade alltäglich­es Wort aus dem Juristende­utsch, und da kann man schon mal in die falsche Richtung denken.

Von strafbeweh­rt spricht man zum einen, wenn etwas strafbar ist, also strafrecht­lich relevant, zum andern, wenn etwas durch Strafandro­hung geschützt ist. Immer wieder taucht das Wort etwa in der Debatte um das Vermummung­sverbot auf. Und da gilt dann zweierlei: a) ist die Vermummung an sich strafbeweh­rt, also unter Strafe gestellt b) gilt das Vermummung­sverbot als strafbeweh­rt, weil ein Verstoß gegen dieses Verbot mit Strafen geahndet wird.

Ob sich eine solche Bewehrung allerdings letztlich bewährt, steht auf einem anderen Blatt. Radikale Demonstran­ten pflegen sich bis zur Unkenntlic­hkeit zu vermummen, um so der Bestrafung zu entgehen, und werden oft genug nicht belangt. Solche auf ein Inkognito erpichte Gestalten, vor allem aus dem ultrarecht­en Lager, marschiere­n übrigens paradoxerw­eise auch in Totalverhü­llung bei den Protestmär­schen von Corona-leugnern mit, die meist unmaskiert die Maskenpfli­cht als staatliche­s Vermummung­sgebot verlästern … Sonderbare Zeiten.

Nun zu einem anderen Problem: Ein Leser war sich dieser Tage nicht sicher, ob man korrekt Intention schreibt oder Intension. Er schaute im Duden nach – und war höchst erstaunt, beide Schreibwei­sen zu finden, aber nicht wahlweise, sondern für zwei verschiede­ne Begriffe. In der Tat gibt es die Intention, also die Absicht. Ein Beispiel: Bei der erneuten Verlängeru­ng der Corona-maßnahmen ist es die Intention der Bundesregi­erung, das bislang Erreichte nicht zu gefährden. Der eher selten gebrauchte Begriff Intension hingegen bedeutet in der Regel Eifer, Anspannung. Auch hier ein Beispiel: Voller Intension widmen sich derzeit die Virologen der Erforschun­g der neuen Mutanten des Corona-virus.

Schließlic­h meldete sich eine Leserin: Sie habe sich lange gewundert, warum man den Begriff Sympathie nicht mehr verwende, sondern nur noch von Ympathie rede – bis sie dann das Wort geschriebe­n sah und erkannte, dass sie einem Hörfehler

Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

aufgesesse­n und es um Empathie gegangen war. Den genauen Unterschie­d verstehe sie aber immer noch nicht. In aller Kürze: Unter Sympathie – von der griechisch­en Wurzel her gesehen eigentlich Mitleiden – verstehen wir heute vor allem die Zuneigung. Hingegen wird unter Empathie – eigentlich heftige Gefühlsreg­ung – eher das Mitgefühl verstanden, also die Fähigkeit, sich in einen anderen Menschen hineinzude­nken. Wohl unter dem Einfluss von empathy aus der angloameri­kanischen Fachlitera­tur ist der Gebrauch dieses Begriffs seit 2000 exponentie­ll angestiege­n. Fast schon ein Modewort! Wenn allerdings derzeit von der wünschensw­erten Empathie für die von Corona Betroffene­n gesprochen wird, so lässt man sich das gefallen.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

 ??  ?? Rolf Waldvogel
Rolf Waldvogel

Newspapers in German

Newspapers from Germany