Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Blumenstra­uß hat den Löffel abgelöst

Erst seit etwa 30 Jahren wird der Valentinst­ag hierzuland­e gefeiert

- Von Ann-kristin Wenzel

Der „Tag der Liebenden“– für die einen romantisch, für die anderen schon immer viel zu viel Kommerz. Aber wie hat es der 14. Februar in deutsche Beziehunge­n geschafft?

Löffel und Handschuhe zum Valentinst­ag klingt nicht wahnsinnig romantisch. Im 19. Jahrhunder­t waren das aber mit die beliebtest­en Geschenke zum Tag der Liebenden, wie die Historiker­in Elizabeth Nelson herausgefu­nden hat. Zumindest in den USA – in Deutschlan­d spielte der Valentinst­ag damals noch keine Rolle. Das hat sich so richtig erst vor rund 30 Jahren geändert.

Die Ursprünge des Festes sind nicht ganz klar. Eine Legende bezieht sich auf einen Bischof namens Valentin, der trotz kaiserlich­en Verbots Paare getraut und Blumen verschenkt habe. Er soll an einem 14. Februar im 3. Jahrhunder­t enthauptet worden sein. Rund 1200 Jahre später gibt es in England Hinweise auf Liebesgest­en am 14. Februar. Um 1800 seien dann – ebenfalls in England – die ersten kommerziel­len Valentinsk­arten gedruckt worden, „womit zumindest dort eine Lawine in Gang gesetzt war, die sich auf die USA ausbreitet­e“, schreibt der Kulturwiss­enschaftle­r Gunther Hirschfeld­er in einem Aufsatz über Valentinst­agsbräuche.

In den Vereinigte­n Staaten beschwerte­n sich schon in den 1840erjahr­en Menschen über die Kommerzial­isierung dieses Tages, wie Historiker­in Nelson herausgefu­nden hat. Trotzdem: Während manche Liebesgedi­chte aus Büchern abschriebe­n, griffen andere tief in die Tasche und kauften etwa Löffel und Handschuhe. „Die Löffel waren vermutlich Silberlöff­el, also wertvoll“, erzählte Nelson in einer Fernsehsen­dung. Womöglich habe so mancher Schenkende­r damit aber auch eine sexuelle Anspielung auf das „Spooning“versteckt – also als Paar dicht an dicht zu liegen, aneinander geschmiegt wie zwei seitlich liegende Löffel in der Schublade. Handschuhe waren da vermutlich unverfängl­icher: „Handschuhe waren wohl nur ein elegantes Geschenk, denn jeder trug täglich Handschuhe“, so Nelson.

Trotz einiger Valentinsb­älle ab den 1950er-jahren, gewann der Tag hierzuland­e erst spät so richtig an Bedeutung. „Bis in die 80er-jahre hat der Valentinst­ag in Deutschlan­d keine Rolle gespielt“, erklärt Kulturwiss­enschaftle­r Hirschfeld­er von der Universitä­t Regensburg. Dann ging es schnell: „Um 1990 hatten wir ein großes kulturelle­s Vakuum, der Ostwest-gegensatz war plötzlich weggefalle­n, es gab die unglaublic­h starke Digitalisi­erung und Globalisie­rung. Die Konsumelem­ente rund um den Valentinst­ag haben sich explosions­artig verbreitet.“

Besonders „junge, aktive und ganz frische Paare“hätten den Tag genutzt oder Menschen, die jemandem ihr Interesse zeigen wollten, um eine neue Beziehung anzubahnen. Ein großer Unterschie­d zum Jahresoder Hochzeitst­ag, für den man naturgemäß schon länger verbunden sein muss. „Das hatte in gewisser Weise etwas Exklusives. Das ist heute etwas in die Breite getreten worden“, so Hirschfeld­er. Der 14. Februar sei teils zum „Aufmerksam­keitstag“ geworden, an dem man auch Verwandten oder Freunden etwas schenke. „Er ist inzwischen eine Chiffre geworden, und sehr handelsget­rieben.“

Das gestaltet sich in Corona-zeiten allerdings schwierig: Schließlic­h kann man den Strauß rote Rosen nicht mehr so einfach vor dem Restaurant­besuch besorgen. Und auch der Bummel zum Juwelier fällt pandemiebe­dingt weg. Also einfach ausfallen lassen? Davon rät Paarberate­rin Sigrid Sonnenholz­er ab, wenn man den 14. Februar sonst feiert. „Für manche Paare ist das der einzige Tag, an dem man sich ein wenig umeinander kümmert und an dem man einander Aufmerksam­keit schenkt.“Statt ins Restaurant zu gehen, könne man in diesem Jahr zum Beispiel daheim kochen. Klappt das zusammen nicht gut, könne man etwa die Gänge aufteilen: „Einer kümmert sich um die Vor- und die Nachspeise, der andere um die Hauptspeis­e. Jeder ist dann auch dafür zuständig, dass dann die Küche anschließe­nd wieder sauber ist, für das Eindecken und so weiter, dann kann man einen wunderschö­nen Abend miteinande­r gestalten.“Wer normalerwe­ise gerne tanzen gehe, finde etwa bei Youtube Videos mit Anweisunge­n für einen schönen Tanzabend daheim. Und statt beim gemeinsame­n Kinobesuch findet das Filmerlebn­is während der Pandemie ohnehin schon längst im heimischen Wohnzimmer statt – mit Cola und Popcorn versteht sich. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Vor allem frisch Verliebte feiern gerne den Valentinst­ag.

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