Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Lockdown bringt mehr Kunden in Hofläden
Drei Landwirte aus der Region Biberach ziehen Bilanz – Backen ein Trend in Corona-zeiten?
- Im ersten Lockdown erlebten Hofläden geradezu einen Kundenansturm. Aber blieb die neue Kundschaft auch treu? Und bringt der zweiten Lockdown wieder einen solchen Zuwachs? Fabian Steigmiller vom Ummendorfer Hofladen Steigmiller, Paula Weber, Inhaberin des Mettenberger Hofladens Weber, und der Mittelbiberacher Landwirt David Depfenhart, der seine Milch im Automaten verkauft, ziehen Bilanz.
„Im ersten Lockdown hatten wir ein bisschen eine Ausnahmesituation“, ordnet Fabian Steigmiller den Kundenandrang vom Frühjahr ein. Versorgungsängste hätten da teilweise eine Rolle gespielt. „Im Sommer hat es sich dann normalisiert.“Von den neuen Kunden seien jedoch durchaus einige geblieben, hat er beobachtet. Der zweite Lockdown, verbunden mit der erwartungsgemäß größeren Nachfrage vor Weihnachten, habe für einen erneuten Schub gesorgt. Eine Rolle gespielt habe wohl nicht nur der Shutdown, sondern auch der Schlachthofskandal in Biberach, glaubt er. „Die Kunden legten vielfach das Augenmerk auf die Herkunft der Produkte.“Beim Fleisch hätten viele explizit nachgefragt.
Dass mehr auf die Herkunft der Produkte geachtet wird, beobachtet er seit Längerem, auch bei viele Jüngeren. Fridays for Future verstärke diese Entwicklung, vermutet er. Die hofeigenen Bioprodukte laufen bei Steigmillers auch im zweiten Lockdown besonders gut. „Beim Verkauf von Fleisch, Mehl, Eiern, Getreide und Kartoffeln verzeichnen wir ein starkes Wachstum. Beim Mehl hatten wir im Frühjahr einen großen Sprung nach oben“, so Steigmiller. Die Mehlnachfrage sei seither auf einem hohem Niveau geblieben. „Wir haben zu vielen Spezialfragen beraten, zum Beispiel zu glutenfreiem Backen oder der Herstellung von Sauerteig.“Brotbacken war ein Thema und nicht nur bei jungen Leuten. „Das geht durch die Generationen“, sagt Steigmiller.
Corona sei für den Lebensmitteleinzelhandel ein Schub gewesen, fasst Steigmiller zusammen. Anders sah es hingegen beim jüngsten Geschäftsbereich des Familienbetriebs aus. Das neue Bistro ist geschlossen. Der Pizzatruck sei ein wenig eine Rettung, doch aktuell beeinflusse die Winterwitterung das Geschäft.
„Im November und Dezember zieht das Geschäft immer an, aber dieses Mal war es noch deutlicher“, berichtet Paula Weber, die Inhaberin des Mettenberger Bio-hofladens Weber, über den zweiten Lockdown. Die Erfahrung, dass die Kunden verstärkt regional einkaufen, hatte sie schon im vergangenen Frühjahr gemacht. So stark wie damals habe die Nachfrage zwar nicht mehr angezogen, aber sie sei doch spürbar gestiegen, ergänzt sie. Zu Obst und Gemüse greifen ihre Kunden zurzeit besonders häufig.
Eine vitaminreiche Ernährung laute der Wunsch in der Pandemiezeit, stellt Paula Weber fest. „Beliebt sind auch heimische Vitaminträger wie Sauerkraut, Gelbe Rüben, Rote Bete, Rosenkohl und andere.“Aber auch beim Mehl steigt die Nachfrage. Den Trend habe es schon im Frühjahr 2020 gegeben. „Die Leute sind mehr daheim, dann wird gebacken“, vermutet Paula Weber. „Manche fangen auch wieder an, Brot selbst zu machen.“
Der eine oder andere holt sich bei der Mettenbergerin, die seit 15 Jahren im Holzofen Brot backt, gleich noch einen Tipp dazu.
Auch das Fleisch aus der Weberschen Landwirtschaft geht verstärkt über die Theke. „Insbesondere nach dem Biberacher Schlachthofskandal haben wir eine höhere Nachfrage festgestellt“, berichtet Paula Weber. Die Mettenbergerin rechnet damit, dass auch über die Zeit der Pandemie hinaus die Nachfrage nach Bio- und regionalen Produkten höher bleiben wird. Von den neuen Kunden, die sie während der Lockdowns gewonnen hat, würden wohl nicht alle, aber doch ein Teil bleiben, glaubt sie.
So mancher, der im vergangenen Frühjahr erstmals bei ihr einkaufte, hat dem Hofladen jedenfalls die Treue gehalten. „Bis Pfingsten hatten wir einen ordentlichen Schub, dann ging es zurück auf Vor-coronaniveau“, sagt David Depfenhart, Inhaber der gleichnamigen Hofmolkerei. Der Mittelbiberacher verkauft an elf Automaten seine Milch sowie Eier, Kartoffeln und Butter, die er von anderen Landwirten bezieht. Zwar nicht so extrem und schnell wie im beim ersten, aber auch beim zweiten Lockdown sei die Nachfrage wieder angestiegen, sagt er, insbesondere in der Weihnachtszeit. „Aktuell haben wir immer noch ein gutes Niveau. Das Hauptgeschäft macht Depfenhart mit seiner Milch in Glasflaschen, aber auch die Eier erwiesen sich als ein Renner. „Im November ging es los“, berichtet er. „Zweimal täglich mussten die Automaten mit Eiern befüllen.“Anfangs habe er gedacht, es liege an Plätzchenbacken, aber der Trend habe sich bis Januar durchgezogen und auch jetzt sei die Nachfrage noch hoch.
Depfenhart hofft, dass ihm die neuen Kunden dieses Mal stärker erhalten bleiben. „Mein Gefühl sagt mir, dass es so sein wird“, so der Landwirt. Dass das Geschäft an den Automaten und mit den Supermärkten gut läuft, hilft ihm, darüber hinweg, dass die Bereiche Schulmilch und Gastronomiebelieferung wegbrachen. „Insgesamt würde ich sagen, stehen wir ungefähr gleich da wie vor Corona.“
Seit 15 Jahren backt Paula Weber, Chefin des Mettenberger Hofladens Weber, Brot. In der Familie hat das Tradition. Das Brotbacken habe sie einst von ihrer Schwiegermutter übernommen, erzählt sie. Viel Erfahrung hat sie seither gesammelt. „Brotbacken ist Erfahrungssache“, hebt die Mettenbergerin hervor. „Jeder Ofen ist anders, jeder Sauerteig ist anders.“Deshalb heiße es: ausprobieren.